„Nach dem erfolgreichen Jahresabschluss im Stadtduell gegen die SG Osnabrück stand für die Helleraner die 4. Runde der Oberliga Nord West an. Zum Jahresauftakt ging es zum Auswärtsspiel nach Hannover gegen die 2. Mannschaft des HSK Lister Turm – der stärksten Nicht-Profimannschaft der Liga.“ Ein Gastbeitrag von Dr. Christian Böttcher.
Durch Aufgeben hat noch keiner gewonnen!
Auf Helleraner Seite fielen leider Alexander Hoffmann und Holger Lehmann aus, sodass Dominik Suendorf sein Saisondebüt feiern konnte. Auf der Gegenseite trat der Gegner weitestgehend mit der erwarteten Besetzung an. Im Schnitt hieß das, dass wir rund 100 Elo-Punkte schlechter dastanden. Die Chancen, aus Hannover etwas mehr als den Gyros im Restaurant unter dem Spiellokal mitzunehmen, standen also nicht gut. Aber durch Aufgeben hat noch keiner gewonnen, also machten wir uns daran, für eine Überraschung zu sorgen.
Als erste Partie endete relativ ereignislos an Brett 6 Reinholds Partie gegen SF Virag. Reinhold spielte mit den schwarzen Steinen, was bei einem Elo-Unterschied von knapp 200 Punkten für uns durchaus als Erfolg zu werten war. 0,5:0,5
Dann passierte einige Zeit nichts, ehe an Brett 2 Hannes und sein Gegner SF Gentemann sich ebenfalls auf ein Remis einigten. Das Ende hatte ich nicht verfolgt, aber nach dem Eindruck zwischendurch schien das ein gerechtes Ergebnis gewesen zu sein. 1-1.
Wer trifft, hat recht
Es folgte die erste Überraschung des Tages, als Dominik uns mit Schwarz an Brett 8 in Führung brachte. Ich war zwischendurch etwas skeptisch wegen seines hohen Zeitverbrauchs, aber wie sagt man beim Fußball: „Wer trifft, hat recht“. Das Partieende konnte ich leider nicht sehen, aber es war dann am Ende zwingender Materialverlust, der seinen Gegner zur Aufgabe zwang. 2:1 für Hellern.
Die Führung ausbauen konnte dann Dr. Ingo Gronde an Brett 1 gegen SF von Mettenheim (von ihm Nachwuchstalent zu schreiben, würde ihm nicht gerecht werden, da er bereits eine höhere ELO als DWZ-Rating aufweist). Ich muss zugeben: Ich hätte am Anfang die schwarze Stellung bevorzugt. Beide waren sich wohl nicht ganz sicher in der Behandlung der Theorie, sodass Ingo erst einen Bauern und später im Damenendspiel die Partie gewinnen konnte. 3-1. Nachspiellink
Soweit so gut. Wir waren auf dem Weg zu einer Überraschung. An Brett 4 musste sich Jörg Stock des Angriffs des frisch gebackenen Niedersachsenmeisters FM Christian Polster erwehren. Nach der Eröffnungsphase erinnerte ich mich an meine Pleite gegen den gleichen Gegner bei der Landesblitzmeisterschaft, aber Jörg schaffte es irgendwie sich rauszukämpfen und die Bauern am Damenflügel zu beseitigen. Als ich nach meiner Zeitnotphase nachschaute, war dafür leider der Königsflügel auseinandergefallen und der HSK konnte auf 3-2 verkürzen.
FM Polster – Stock
Es fehlte am Ende ein halber Punkt
In der Folge wurde die Partie von Martin „Locke“ Hart (Archivfoto) beendet. Tim Sauer, sein Gegner an Brett 7, hatte im Oktober noch bei der U16-Weltmeisterschaft in Brasilien mitgespielt und ein gutes Ergebnis erzielt. Aber Locke setzte seine beiden gewichtigsten Argumente ein – Erfahrung und Kreativität – und verwickelte seinen Gegner nach einem Bauernopfer in eine spannende Partie. Leider konnte ich das Ende nicht mehr verfolgen, aber der Kampf endete mit einem Remis und somit stand es 3,5-2,5 für uns. Laut Engine war hier wohl in der Zeitnotphase mehr drin gewesen, aber die Computer haben das mit dem Finden von richtigen Züge leider leichter.
An Brett 5 war Jens Güting in einer taktischen Partie mittlerweile ins Hintertreffen geraten und hatte im Dame-Turm-Endspiel zwei Bauern weniger. Er wehrte sich noch lange und sehr zäh, aber sein Gegner verwandelte den Ball sehr sicher und glich zum 3,5-3,5 aus.
Des Königs reitender Bote kam nicht
Damit lag der Ball bei mir. Was soll ich zu der Partie sagen? Nach einem etwas holprigen Start schaffte ich es, die Schwerfiguren meines Gegners in die Ecke zu drängen. Als die Dame bedroht wurde, entschied mein Gegner sich, seine Springer für Turm und Bauer zu geben.
Die Engine freute sich, die Zeit bei beiden Spielern war aber schon sehr stark geschrumpft und ich wählte beim Versuch, meinen Springer zu decken, das falsche Feld. Auf einmal zeigte Stockfish nur noch 0,00 an und mein Gegner spielte einen natürlich anmutenden Bauernzug, mit dem er meinen Läufer angriff. Ich hätte jetzt meinen Läufer opfern können, meinen Springer hinterher und ein Partieende für die Ewigkeit gehabt (s. Diagramm). Aber ehrlicherweise würde ich das Opfer auch jetzt noch nicht sehen.
Nach einem wilden Hin und Her mit teilweise beiderseits unter 10 Sekunden gab ich die zwei Springer zurück und landete in einem Endspiel mit einem Minusbauern. Trotz gegenseitig angetäuschter Tricks verwertete SF Hörstmann das Endspiel dann souverän und wir gingen leider mit 3,5-4,5 baden.
Sammellink für alle vorgestellten Partien
Paarungen und Tabelle
Vor dem Wettkampf hätten wir das Ergebnis sicherlich als ordentlich angesehen, danach war es nur ärgerlich, denn es war mehr drin. Jetzt heißt es beim Kellerduell gegen den SK Lehrte wieder anzugreifen und wichtige Punkte für den Klassenerhalt zu sammeln.
Dr. Christian Böttcher
Fotos: © Hellern-Archiv 2025