Hannes in Hamburg Teil 2

Im zweiten Teil unserer Berichterstattung über das Niedersächsische DLM Triumph-Turnier fasst Hannes seine Eindrücke zusammen und berichtet von den wichtigsten Partien. Darunter auch von seinem ersten GM-Skalp.

 

Still und heimlich noch den Deutschen Ländermeistertitel-Titel am bejubeln, und schon geht’s direkt weiter. Schon vor einiger Zeit bekam ich eine Einladung zu einem IM-Turnier in Hamburg (26.01.-01.02.2019). Dieses Turnier trug den Titel „Niedersächsisches DLM-Triumph-Turnier“. Es wurde quasi als Belohnung für den doch unerwarteten Triumph in Würzburg, über den ich berichtet hatte, organisiert, damit sich einige ausgewählte Spitzenspieler eine IM-Norm erspielen können.

White-Day für die Kaderspieler

Die Niedersächsische Seite und damit die „Kaderspieler“ vertraten Sebastian Müer (SK Union Oldenburg), Tobias Vöge (HSK Lister Turm) und meine Wenigkeit. Hinzu kamen der Bremer Nikolas Wachinger und der Hamburger FM Jakob Leon Pajeken.
Auf der anderen Seite stand das „Team Old School“. Angeführt wurde das Team von GM Zigurds Lanka und IM Mikhail Zaitsev. Hinzu kamen die IM´s Aljoscha Feuerstack und Jens Ove Fries-Nielsen. Der Hamburger FM Derek Gaede war auch Teil des Teams.
Wer das Turnier verfolgt hat, wird gemerkt haben, dass Aljoscha Feuerstack nur die ersten fünf Runden mitgespielt hat und dann ersetzt wurde. IM Alexander Bodnar hat sich dann für die letzten fünf Runden ans Brett gesetzt, damit die IM-Norm-Bedingungen noch vorhanden sind. Ich zitiere Wolfgang Pajeken, den Turnierdirektor des Turniers: „Das Turnier steht unter keinem guten Stern. Oleg Krivonosov hat kurzfristig abgesagt, dafür springt Aljoscha Feuerstack ein, der beruflich bedingt nur die ersten fünf Runden mitspielen kann. Er wird dann von Alexander Bodnar ersetzt.“
Für uns Kaderspieler ging damit zwar die heimische Vorbereitung auf die Gegner verloren, man muss aber trotzdem gegen jeden bestehen, damit man eine IM-Norm holt. Nun zum Turnier.

Die Runden 1-5 wurden im SLIFE gespielt

In der ersten Runde hatten die Kaderspieler „White-Day“. Logischerweise tauschten sie dann immer die Farben, in einer Runde hatten die Kaderspieler Weiß, in der nächsten das Team „Old School“.  Ich spielte gegen Derek Gaede und war komischerweise schon im 3. Zug raus. Zwar meinte er nach der Partie, dass er die Variante in letzter Zeit wieder gespielt hat, ich habe davon aber nichts in der Datenbank gefunden. Das sollte mich aber nicht davon abbringen, eine gute Leistung zu erzielen, gerade mit den weißen Steinen. Ich kämpfte lange um Ausgleich, hatte ihn dann auch und es kam zu einem Turmendspiel mit einem Bauern weniger, was aber zunächst Remis war.


Der offensichtliche Zug 52. Txf7 verlor an dieser Stelle allerdings, ich hätte stattdessen den schwarzen König abdrängen und mich näher zum gegnerischen Freibauern bewegen sollen. Somit verlor ich die erste Runde ziemlich naiv und hatte damit einen denkbar schlechten Start. Egal, es gibt ja noch neun Runden.
In der zweiten Runde spielte ich gegen IM Mikhail Zaitsev, der eine Elo von 2460 aufweist. Ich würde jetzt behaupten, dass ich nie Probleme in der Eröffnung oder im Mittelspiel hatte, weswegen ich mit dem Remis einverstanden war. In der Remisstellung habe ich zwar einen Bauern mehr, der Weiße hat aber Angriff und das mit 26 Sekunden durchzurechnen, war mir zu riskant. Die Engine sagt auch, das da wohl ein Remis draus geworden wäre. Ich stand also nun mit einem halben Punkt aus zwei Partien dar.
In der dritten Runde traf ich dann auf IM Aljoscha Feuerstack, der für den FC St. Pauli in der 2. Bundesliga Nord am 3. Brett aktiv ist. Ich kam sehr schlecht aus der Eröffnung und hatte einen Bauern weniger.
Aljoscha wollte mich dann direkt ausknocken, hat dann aber etwas übersehen und zwei Bauern eingestellt. Damit war ich wieder mit einem Bauern im Plus. Die Partie endete in einem Endspiel mit D+T+L+4 Bauern gegen D+T+L+3 Bauern. Er bot mir Remis, indem er auf a2 einen Bauern schlug. Diagramm: Wie gewinnt hier Weiß?
Nachspiellink der Runden 1-3.

Somit gewann ich etwas glücklich gegen Aljoscha Feuerstack und hatte damit 1.5/3 Punkte. In der vierten Runde spielte ich dann gegen IM Jens Ove Fries Nielsen mit Schwarz. Wann hört man mal, dass ein FM gegen einen IM in weniger als 10 Zügen verliert? Jetzt. Ich habe meine Dame weggestellt, die im 10. Zug einkassiert wurde. Sehr bittere Niederlage, weil man nicht nach 10 Zügen aufgeben will…

Mein erster GM-Skalp

In der 5. Runde traf ich dann auf GM Zigurds Lanka. Diese Partie werde ich wohl nie vergessen. Mein erster GM-Skalp und dann auch noch gegen Zigurds Lanka. Zigurds war langjähriger Trainer von GM Alexei Shirov und GM Falko Bindrich, dazu Mitglied des lettischen Teams, das bei der Olympiade teilgenommen hat. Ich gewann gegen ihn, die Partie ist hier zum Nachspielen.
Ich zitiere Zigurds Lanka Fazit während der Analyse: „Das ist Schach, spiel so weiter und es dauert nicht lang, bis du GM wirst.“ Ich glaube, das ist die größtmögliche Motivation, die man bekommen kann. Ich hatte nun 2.5 aus 5, ich brauchte noch 3.5 aus 5 für die Norm. Durch das Lob eines solchen Mannes war ich natürlich besonders heiß darauf.

Ortswechsel…

Da wir nun bei der Hälfte der Rundenanzahl angekommen sind, gab es einen Ortswechsel. Wir wechselten vom „Slife“ in das 16 km entfernte „YES“ (Youth – Education – Sport). Damit auch andere Spieler der DLM-Truppe die Chance haben, gegen starke Gegner spielen zu können (da das IM-Turnier eventuell noch zu früh ist), wurde ein 5-rundiges B-Turnier veranstaltet. Da ich nicht zu sehr auf das B-Turnier eingehen möchte, verweise ich auf die Homepage vom Post SV Uelzen. Torben Knüdel, ein Spieler des Teams „Kaderspieler“ im B-Turnier, ist ein toller Bericht gelungen: Link

FM Derek Gaede – FM Hannes Ewert (r.)

Die Runden 6-10 spielte ich also im YES. Der Ortswechsel ist mir wohl nicht gut bekommen, da ich nur 2/5 erzielte und damit die Norm nicht erreichen konnte. Zwar war die Norm natürlich das Ziel, wenn man aber realistisch ist und sich auf Aussagen anderer Spitzenspieler bezieht, die schon öfter IM-Turniere mitgespielt haben, braucht man ein paar Anläufe, da das Niveau einfach nochmal anders ist. Natürlich sage ich noch etwas zu den Partien. Mit Schwarz spielte ich in Runde 6 gegen Derek Gaede (Foto). Es kam eine königsindische Stellung aufs Brett, die ich zu verpflichtend gespielt habe. Weiß öffnet die Stellung und ich stand auf dem Acker. Die Niederlage ist gerechtfertigt. Nachspiellink.

In Runde 7 spielte ich gegen IM Mikail Zaitsev. Die Partie wurde interessant, nachdem ich einen stillen Zug von ihm übersehen hatte, der dafür sorgte, dass ich einen Königsbauern verliere, dafür aber einen Zentrumsbauern bekomme. Mein König war natürlich schwach, ich lenkte die Partie aber ins Remis. Objektiv betrachtet war da auch nie mehr als ein Remis drin.

In Runde 8 habe ich dann eine ziemlich bittere Niederlage gegen IM Bodnar einstecken müssen. Er hat demonstriert, wie man in einer damenindischen Stellung mit dem weißfeldrigen Läufer spielt, wenn Schwarz ihn nicht mehr hat. Die Niederlage war verdient, dadurch weiß ich jetzt, wie man als Weißer so eine Stellung spielen muss.

In Runde 9 spielte ich gegen IM Fries Nielsen. Ich hatte noch eine Rechnung offen und deshalb setzte ich ihn von Anfang an unter Druck. Ich öffnete die Stellung und konnte eine bequeme aktive Stellung erreichen: Nachspiellink. Der Mann ist aber nicht ohne Grund IM, er fand alle richtigen Züge und so wurde es Remis.
In Runde 10 spielte ich wieder gegen GM Lanka. Dieses Mal hatte er noch eine Rechnung offen, ehrlich gesagt wurde ich ziemlich verprügelt von ihm. Die Theorie war wieder die Ursache.

Fazit

Insgesamt konnte ich ein paar Fehler bzw. Mängel feststellen. Die Theorie ist überlebenswichtig, ich hatte in zwei Partien die Theorie nicht mehr im Kopf und musste deshalb früh aufgeben.  Da ich besonders positiv von Zigurds Lanka überzeugt bin, möchte ich hiermit auf seine unzähligen Artikel in der Rochade Europa verweisen. Die Artikel sind immer super erklärt und man lernt wirklich viel.

Besonderer Dank geht natürlich an den Turnierdirektor Wolfgang Pajeken, der das Turnier leitete. Ich bedanke mich bei den Schiedsrichtern Jens Wolter und Hugo Schulze. Ohne die Lotto-Sport-Stiftung wäre dieses Turnier nicht möglich gewesen, danke! Natürlich auch ein besonderer Dank an alle, die im Hintergrund gearbeitet haben – ohne euch wäre das nicht möglich.

Anm. d. Red.: Sehr ausführlich hat auch Jens Kahlenberg auf der Seite des NSV berichtet. Großen Dank auch an ChessBase: das Hamburger Softwareunternehmen spendierte dem Turnier eine Cloud-Datenbank, die alle Partien zeitnah zur Verfügung stellte. Hier nun alle Partien des Turniers in kommentierter Fassung.

Fotos: © Hannes Ewert 2019