Staufer Open 2019 – Runde 9

Kurz vor Turnierschluss langten einige Helleraner richtig zu. Niels Dettmer sprang mit dem dritten Sieg in Folge auf Platz 25 und kann mit 5½ P entspannt in die letzte Runde der B-Gruppe gehen. In der A-Gruppe stieß Jörg Stock mit nun 4½ in die Top 100 vor.

Turniertag 4

Runde 7 und 8

Gruppe B Runde 7

Das Motto für heute war Turnierhärte beweisen. Nach einem geselligen Abend im Wirtshaus Paulaner, nach dem dritten Turniertag und der dazugehörigen passenden Dosis Himbeer(w)geist als Dienstvorbereitung konnten wir entsprechend gestärkt in den vierten Turniertag gehen.

Mein Gegner war der sympathische Vaclav Vojir junior, der in diesem Jahr die 60 Lenze vollmacht. Bemerkenswert ist, dass sein Vater mit 90 Jahren auch an diesem Turnier teilnimmt. Da ziehe ich meinen Hut und habe den allergrößten Respekt vor dem Vater, der sich in dem hohen Alter noch die Strapazen eines neunrundiges Turnier antut, vor dem Sohn, der sich wirklich rührend um seinen Vater kümmerte und auch vor dem Veranstalter, der es ermöglicht, dass Vater und Sohn nebeneinander spielen dürfen und der dazu toleriert, dass der 90-Jährige nicht mehr mitschreiben braucht. So stelle ich mir Schach vor.

Genug der Rührseligkeiten. Mein Gegner eröffnete mit d4, Lf4 gegen mich. GEGEN MICH!
Da ich mich, durchaus als vertraut, mit den Motiven dieser Eröffnung betrachten darf, konnte ich diese auch relativ schnell entschärfen. Dann entstand ein interessantes Mittelspiel. Ich konnte überhaupt nicht abschätzen ob ich besser oder ausgeglichen stand, schlechter stand ich jedenfalls nicht. Dann machte mein Gegner mit seinem 21. Zug einen vermeintlichen Fortschritt auf dem Damenflügel und gab damit die Initiative ab. Mit geschickten Zügen konnte ich dann meinen Gegenüber in die Defensive drängen und einen Bauern gewinnen. Das sorgte dafür, dass mein Gegner in schlechterer Stellung eine Figur gegen insgesamt drei Bauern opfern konnte. Wer mitgezählt hat, weiß, dass es eine Figur gegen zwei Bauern sind. Ich versuchte die Dame zu tauschen. Das wollte mein Gegner natürlich nicht zulassen. Ich zentralisierte meine Figuren und plötzlich gingen taktische Motive, die ich zum Partiegewinn nutzen konnte.

Andre hatte gegen SF Norbert Bengsch (TWZ 1750, SG Donautal Tuttlingen)  eine denkwürdige Partie. Nach völlig misshandelter Eröffnung konnte sich Andre durch Hilfe von „oben“ befreien. Sein Gegner fand nicht immer den besten Zug und plötzlich hatte Andre Ausgleich. Ein paar Züge später stand Andre sogar besser, das erkannte auch sein Gegner und bot Remis an. Andre wollte den Schachgott nicht weiter herausfordern und nahm an.

Schlötti spielte gegen meinen Gegner aus der ersten Runde. Dass dieser Schach spielen kann, musste auch Schlötti an erkennen und man einigte sich auf die Punkteteilung.
Auch Stefan bekam nur eine unspektakuläre Partie aufs Brett und vereinbarte ein Remis

Gruppe A Runde 7

Im A-Open kam es zur denkwürdigen Paarung Hart-Stock. Nach einem intensiven Fight, der weniger als 10 Züge in Anspruch genommen hat, wurde eine Punkteteilung beschlossen.

Franz hingegen zeigte etwas mehr Ehrgeiz. Zwischendurch fand ich seine Stellung als verdächtig. Sein Gegner Pascal Neuber (TWZ 1718, USV Halle) fand wohl nicht die genauesten Züge und konnte seinen optischen Vorteil nicht verwerten. Im Laufe der Partie eröffneten sich für Franz einige taktische Motive, diese führten zu einem Qualitätsgewinn. Dieser Vorteil und eine gute Endspieltechnik verhalf Franz dann zum vollen Punkt.

Joachim hingegen schien die Umstellung seines Frühstücks vom Leberkäs-Briegel zum „was-auch-immer“ gut zu tun. „Stonewall-Joachim“ wich von seiner Eröffnung ab und konnte trotz zäher Verteidigung von Helene Flach (TWZ 1809, SK Langen) den vollen Punkt einfahren. Als die Partie für sie in die Zeitnotphase kam und sich Joachim eigentlich schon des Sieges sicher war, stellte sie noch eine fiese Mattkombi auf, die Joachim grade noch entschärfen konnte.

Auch dieses Mal nutzte ich die Gunst der Stunde, es war grad kurz vor 14 Uhr, um einen Power-Nap zu nehmen. Das hatte mir gestern schon geholfen und ich hatte die Hoffnung das es auch heute hilft.
Eine kleine Anekdote am Rande. Nach der vierten Runde hatte ich abends mit meiner Frau telefoniert. Im Gespräch kam heraus, das auch meine älteste Tochter (11 Jahre), die bei einer Freundin übernachtete, nach dem Erfolg ihres Vaters fragte. Auf die Frage, wie er gespielt hätte, kam die Antwort: „ Remis“ , meine Tochter: „Schon wieder!“ Wenn das nicht Motivation genug ist, dann weiß ich es auch nicht.

Gruppe B Runde 8

Andre und Schlötti waren wohl in etwa zeitgleich mit Ihren Partien fertig. Andre bekam mal wieder eine französische Verteidigung aufs Brett. Dieses Mal wählte Andre gegen Anatoli Vinogradov (TWZ 1712, DJK Ambach) allerdings die Abtausch-Variante statt der Vorstoß-Variante. Es kam eine interessante Stellung, mit Vorteilen für Andre aufs Brett. Es erfolgte in einer vorteilhaften Stellung für Andre, die ich durchaus weitergespielt hätte, die Punkteteilung.

Anmerkung der Red.: Hier hatte Andres Gegner rochiert. Nun hätte folgen können, was in jedem Taktikbuch am Anfang steht: 13. Lxh7+ Kxh7 14. Sg5+ Kg8 (nach g6 kann der Monarch nicht wegen g2-g4) 15. Dxh5+- So etwas verkürzt immens die Zeit am Brett. Stattdessen folgt 13. Sxd5, was gut genug war, um weiter auf Gewinn zu spielen. Das gelang aber nicht mehr.
Schlötti hingegen schoß mal wieder den Vogel ab. Ironie an: „ Schlötti hat die Wiederlegung für das London-System erfunden“, Ironie aus. Anders kann ich Schlöttis zwölfzügige Miniatur nicht bezeichnen. Natürlich war hier auch einige Hilfe vom Gegner nötig. Aber solche Gelegenheiten darf man Schlötti nicht bieten, die nutzt er gnadenlos. Stefan hatte hingegen etwas schwerere Kost zu verwalten. Sein jugendlicher Gegner Lloyd Shang Burkart (TWZ 1303, TUS Makkabi) war natürlich topvorbereitet, aber Stefan konnte sich zumindest optische Vorteile erspielen. Die Partie verflachte zusehends und man einigte sich auf Remis.

Ich hatte das Vergnügen gegen Nikolai Nitsche (DWZ 1845, SV Empor Berlin), einem Schachtalent aus Berlin, das mit 10 Jahren schon eine höhere DWZ hat als ich wohl jemals erreichen werde (Anm. d. Red.: in drei Jahren von DWZ 746 auf 1845 ist vielversprechend). Natürlich weiß ich, dass diese Schachtalente exzellent vorbereitet werden. Trotzdem spielte ich meinen alten Stiefel. Die entstehenden Stellungsbilder sind mir hinlänglich bekannt. Dieses wich allerdings etwas ab. Im 13. / 14. Zug konnte ich mir einen kleinen Vorteil herausspielen, den ich im 15. Zug schon wieder hergab. Die Stellung war auch wirklich schwierig zu spielen. Ich tankte viel Bedenkzeit. Nach 17. Tc8-c7 meines 10-jährigen Gegners erkannte ich seine Motive. Wirklich verhindern konnte ich diese an dieser Stelle schon nicht mehr.

18…Tc7-f7 war nicht der beste Zug.

Meine einzige Chance war, die möglichen Taktiken mindestens einen Zug tiefer zu berechnen als mein Gegner. Mit meinem 20 Zug bot ich, wohl auch aus psychologischen Gründen, Remis an. Mein junger Gegner lehnte, wie die Postanalyse ergab, zu Recht ab. Der folgende Schlagabtausch war sehenswert, ich konnte definitiv nicht alle Möglichkeiten durchrechnen. Aber die offensichtlichsten hatte ich erkannt. Als der Rauch sich lichtete, stellte sich heraus, das die Kombi ein Loch hatte, durch das ich schlüpfen konnte. Realistisch betrachtet hätte ich die Partie verlieren müssen. Hier zahlte sich mal wieder mein tägliches Taktiktraining aus.
Nachspiellink

Gruppe A Runde 8

In der A-Gruppe hatte es Jörg mit Prof. Frank-Martin Belz (TWZ 2039, SK Freising) zu tun. Sein sympathtischer Gegner wählte die Caro-Kann-Verteidigung. Das hätte er sich besser überlegen sollen, denn Jörg ist mit den Motiven dieser Verteidigung durchaus vertraut. Der Spielverlauf spiegelte dies dementsprechend wider und Jörg konnte nach einer zähen Verteidigung nach fast vier Stunden gewinnen. Nachspiellink

Locke bekam es mal wieder mit einem gut vorbereitetem Gegner zu tun. Nach anfänglichen Schwierigkeiten konnte sich Locke gegen Ioannis Papadopoulos (TWZ 1917, SV Oberursel) sogar leichte Stellungsvorteile erarbeiten. Als er bei einem Rundgang feststellte, dass Schlötti, Andre und ich schon am Bier trinken waren, kehrte er sofort um und war keine 10 Minuten später mit einer Remisvereinbarung an unserem Tisch zurück.

Franz und Joachim hatten es nicht so einfach. Insbesondere Franz hatte mit einem motivierten und extrem gut vorbereitetem Gegner zu kämpfen: Alex Browning (TWZ 2080, SVG Plettenberg). Nachdem Franz mehrere Tempi verschenkt hatte, musste er nach einer wirklich tollen Kombi seines Gegners die Segel streichen.
Joachim hatte mal wieder einen jugendlichen Gegner. Die U14-Auswahl die er zugelost bekam, machte ihm wirklich zu schaffen. Die U16, war hingegen kein Problem, zumindest heute. Gegen Simon Burian (TWZ 2140, SK König Plauen) konnte er sich nach zäher Eröffnung befreien und Vorteile erlangen. Ob diese zum Gewinn gereicht hätten, bleibt bis zu einer tieferen Analyse fraglich. Nach objektiver Betrachtung hätte Joachim hier mehr als ein Remis erlangen können.

A-Gruppe (251 Teilnehmer)

  • 98. Stock 4½ P
  • 147. Hart 4 P
  • 177. Ernst 3½ P
  • 187. Rein 3½ P

B-Gruppe (239 Teilnehmer)

  • 25. Dettmer 5½ P
  • 41. Böhme 5 P
  • 91. Grasser 4½ P

Für mich persönlich war es heute ein Erfolgstag. Zwei Siege, insgesamt drei in Folge, hatte ich schon lange nicht mehr. Mit dem heutigen Turnierverlauf können wir insgesamt zufrieden sein. Mit 19,5 Punkten nach vier Turniertagen dürften wir uns in der Mannschaftswertung in die Top 5 vorgearbeitet haben.

Aus Schwäbisch Gmünd
Euer Niels