Lüneburg 9: Gutes Ende mit Remis gegen GM Vorobiov

Eigentlich sollte man sich über den Prachtzug freuen, mit dem Hannes ein Remis gegen GM Alexandr Karpatchev sicherte. Wäre da nicht die Live-Übertragung, die mehr Fragen als Antworten schuf. Hannes hat das aufgeklärt, trotzdem steht weiterhin eine falsche Version der Partie im Web.

Runde 8

Der 51-jährige russische Großmeister (beste ELO: 2570 im Jahre 1998) ist ein Vielspieler. Zusammen mit seinen Kollegen GM Malakhatko und GM Vorobiov spielt er auch im A-Open mit. Nach 7 Runden hat er aber einen Rückstand von 1,5 P auf den führenden Vadim Malakhatko.
In der zurückliegenden Saison spielte er 3x für SF Bad Mergentheim in der Oberliga Baden und half dem Verein beim Gewinn der Meisterschaft und dem Aufstieg in die 2. Bundesliga Süd.

Hannes während seiner Partie gegen Karpatchev (2017)

Vor einem Jahr überlistete der Großmeister (ebenfalls in Lüneburg) dank eines Mehrtempos Hannes, der es heuer etwas besser machen wollte. Es kam eine Schottische Partie aufs Brett, die einen erneut auf Augenhöhe agierenden Hannes sah. Theoretisch ist er gut aufgestellt. Im Mittelspiel ließ sich Hannes dann auf einen d-Isolani ein, den er nicht verteidigen konnte. Im Unterschied zu einigen vorangegangenen Partien hatte er diesmal aber Gegenspiel, das er auch geschickt nutzte. Es half aber nicht, denn Karpatchev erhielt nach einer Serie genauer Züge eine sichere Gewinnstellung.

Multiple Nervenzusammenbrüche

Möglicherweise ist der russische GM aber etwas überspielt. Im GM-Turnier musste der an 3 gesetzte GM bereits drei Niederlagen wegstecken, u.a. gegen Jari Reuker. Auch gegen Hannes ging ihm die Puste aus. Allerdings lag das an einem fabelhaften Opfer (Diagramm), das man schon mal übersehen kann.

50…Sc3!! und Schwarz droht mit Matt.

Das Ergebnis: Karpatchev musste Dauerschach geben, um das Matt zu verhindern. Das leitete er auch ein, doch dann folgte ein epochaler Aussetzer in Form eines Hilfsmatts. Matt in 2! Sackte Hannes den vollen Punkt ein? Nein. Statt des Zweizügers (den er gesehen haben musste, weil er sonst nicht geopfert hätte) stellte Hannes sinnfrei eine Figur ein. Nahm sie Karpatchev weg? Nein! Er antwortete erneut mit einem Hilfsmatt, das Hannes prompt mit einem Turmeinsteller beantwortete – um dann die Partie zu remisieren!

Alles auf Null

Was war da los? Die Live-Übertragung von Chess24 unterschied sich in der Zugfolge nicht von der auf dem Liveportal von ChessBase. Nur besserte Chess24 eine Viertelstunde später nach und präsentierte eine mildere Fassung der Partie, in der beide Spieler sich nicht beim Partieeinstellen übertreffen. Aber auch in dieser Version verzichtet Hannes am Ende darauf, den Großmeister simpel Matt zu setzen. Irgendwann kursierten drei Versionen des Partieendes. Wenn man das live erlebt, ist das recht starker Tobak, auch wenn man ahnt, dass die Technik streikte.
Fazit: Ich spekuliere nicht. Ich zeige das, was im Moment die offizielle Partieversion ist.

Nachtrag: Inzwischen hat Hannes alles aufgeklärt. Es gab am Ende nur das Dauerschach seines Gegners. Danach wurden einige Züge aus der Analyse gespeichert und auch live „gesendet“. Die absurdeste Variante des Partieendes kann man bei ChessBase abrufen. Denen kann man keinen Vorwurf machen, denn was in Lüneburg live rausging, muss wohl auch gespielt worden sein. Dies sollte schleunigst korrigiert werden.

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Aktuell führt IM Drozdowski mit 6 Punkten und einem halben Punkt Vorsprung vor GM Malakhatko und Jari Reuker. Hannes muss in der letzten Runde wohl gegen GM Vorobiov gewinnen, um den letzten Platz verlassen zu können. Aus eigener Kraft ist das allerdings nicht möglich.
Die Abschlusstabelle folgt nach Turnierende.

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