Lüneburg 9: Gutes Ende mit Remis gegen GM Vorobiov


Die dritte Runde brachte keine Wende. Erneut musste Hannes stundenlang verteidigen, dann fand der polnische IM den Durchbruch. Positiv: Solche Turniere bringen einen weiter.

Runde 3

Kacper Drozdowski wurde 2012 u16-Europameister. Seine beste ELO-Zahl erreichte er im Januar 2017: 2511. Der 22-jährige polnische IM spielte daheim für den Club UKS „Rotmistrz“ Grudziadz. Mittlerweile lebt er in den USA, er ist offenbar nicht auf dem Weg zum Berufsspieler. Vielmehr studiert er seit 2014 an der „Graduate Student The University of Texas at Dallas“ Informatik und hat bereits seinen Bachelor in der Tasche.
Wie viele Auslandsstudenten spielt er natürlich für das Team seiner Universität: das UT Dallas Chess Team, dessen „Vice President“ er ist. Ende 2017 agierte er beim UT Dallas Fall Open mit einer Performance von ca. 2310 eher bescheiden und landete abgeschlagen im Mittelfeld.
Es wird für Hannes eine komplizierte Partie. Der polnische IM präsentierte sich in der ersten Runde denkbar schlecht und stand gegen Jari Reuker auf Verlust. Die spätere Punkteteilung ging eher auf das Konto seines Gegners. Dafür meldete sich Drozdowski in Runde 2 mit einer starken Leistung gegen GM Karpatchev zurück.
Was passiert heute? Nun, in der Eröffnung halbierte der IM nach wenigen Zügen sein Läuferpaar – im Tausch für eine kleine Strukturschwäche in Hannes‘ Bauernstruktur. Doch die sollte nicht entscheidend werden.
Schauen wir uns deshalb zunächst die kritische Stellung an:

Schwarz hatte zuletzt 43…Kg7 gespielt. Das bereitet zwar die folgenden Aktivitäten vor, dennoch war ein anderer Zug angesagt. Nun konnte Hannes dem Ganzen einen Riegel vorschieben. Stattdessen spielte er 44.Kg2?, wonach sein Gegner innerhalb von drei Zügen eine Gewinnstellung aufs Brett brachte. Was hätte Hannes spielen müssen und was spielte sein Gegner?

  • Hier kann man die gesamte Partie nachspielen.
  • Alle Partien der Runde 3 gibt es hier.

 

Zwischenbilanz nach dem ersten Turnierdrittel: Hannes stürzte deshalb nicht ans Tabellenende ab, weil IM Nikolas Lubbe seine dritte Null kassierte. Aber Hannes hat bereits eingeräumt, dass er sich an das hohe Niveau in dieser Gruppe gewöhnen muss. Und die hat nunmal gehobenes Zweitliganiveau.

Als Letzter der Setz-/Rangliste wird man ohnehin von allen gequält. Das hat gute Gründe, denn abgesehen von der Erstrundenpartie gegen Wachinger konnte Hannes bislang keine Initiative erarbeiten. Der Jungmeister musste sich aufs Verteidigen beschränken und verlor bislang kurz vor oder unmittelbar nach der Zeitkontrolle den Faden.
Gegen IM Drozdowski kam noch ein schlechtes Zeitmanagement hinzu, das ihn unter Druck setzte. Daran kann man arbeiten. Verblüffend war dagegen, das Hannes am Ende die kritische Bretthälfte nicht zubetonierte.
Es wird wohl weiterhin schwer werden, Punkte zu erzielen. Vermutlich wird es lehreich sein, wenn Hannes versuchen sollte, etwas schärfer zu spielen, um auch seine Gegner zu Fehlern zu verleiten. Dass dies riskant ist, das ist natürlich eine Binse.

Unbedingt anklicken – einiges bitte nicht!

Beim Stöbern auf der Website des Veranstalters gibt es viel zu entdecken. So haben die Macher ein informatives Teilnehmerheft online gestellt, das einige Rätsel beseitigt. Über die Normen im GM-Turnier erfährt man: „Die IM-Norm liegt für Hannes, Jari, Lukas, Nikolas W. und Barath bei 5 Punkten. Die GM-Norm liegt für alle (außer die GMs☺) bei 7 Punkten.“
Sehr launig kommentieren Nikolas & Melanie Lubbe auf ihre Website das Turnier mit Berichten, tollen Partien – und Videos off course..
Apropos Melanie Lubbe. Sehr lesenswert ist „Melanies Trainingsplan„.
Wer also mit seiner seit 40 Jahren unveränderten DWZ unzufrieden ist und wissen will, was man dagegen tun kann, sollte sich das mal durchlesen. Hier schreibt eine Meisterin, die voll im Berufsleben steht und eben kein Profi ist. Man kann es auch lesen, um herauszufinden, was man alles NICHT macht.
Wer diesen Belastungen nicht gewachsen ist, klickt erst recht nicht auf Melanies Positionstraining. Danach kann man wenigstens ruhig schlafen. Schließlich sind ja die Ungerechtigkeiten des Lebens dafür verantwortlich, dass man die 2000 nicht hat, die man nun wirklich verdient hat!
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