Morgen gibt es noch die 6. Offene internationale NSV-Rapidmeisterschaft, dann ist das Lüneburger Schachfestival Geschichte – aber eine gute, und hoffentlich auch eine mit einer Fortsetzung. Und Hannes? Der tritt mit zwei guten Schlusspartien die Heimreise an. Es war spannend. Wie immer.
Runde 9
Die Probleme, die sich nach Beendigung der Partie Karpatchev-Ewert ergaben, konnten teilweise erklärt werden. Nach der Partie analysierten beide Spieler, einige der Züge wurden live übertragen und landeten auch in der Partienotation. Dies führte zu einem Partieende mit absurden Fehlzügen, die allerdings in der regulären Partie nie ausgeführt wurden. Bleibt nur zu hoffen, dass dies auch mit dem Veranstalter geklärt werden kann, denn es wäre ärgerlich, wenn die falsche Notation in einer großen Datenbank wie der MEGABASE landet.
In der abschließenden Runde konnte Hannes mit Weiß eine vielversprechende Stellung aufs Brett bringen. GM Vorobiov, der aus eigener Kraft nicht mehr Erster werden konnte, hatte offenbar keine Lust, dies weiterzuspielen.
- Die vollständige Partie gibt es hier.
Der Veranstaltung meldete heute Vormittag einen Stromausfall, der die Live-Übertragung in Mitleidenschaft zog. Die restlichen Partien aus Runde 9 entfallen daher.
Fazit
Um es gleich vorwegzunehmen: Hannes hat gut gespielt. Nur Optimisten haben einen Kampf um die erste IM-Norm erwartet. Vermutlich wird er noch häufiger gegen Titelträger spielen müssen. Um in die Nähe einer Norm zu kommen, muss er sie auch irgendwann schlagen. Das gelang in diesem Turnier nicht. Noch nicht.
Die Bewertung seiner Leistung steht zuallererst ihm und seinem Trainer zu. Aus der Distanz ist dies nur eingeschränkt möglich, denn es reicht nicht aus, die Partien zu analysieren. Man muss auch Faktoren wie die physische Kondition, die mentale Verarbeitung von unglücklichen Niederlagen und die Bewertung des Zeitmanagements kennen.
Zu einer erfolgreichen Weiterentwicklung gehört auch die kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Repertoire. Das ist ein Prozess, der keineswegs abgeschlossen ist, denn Hannes hat seine Entwicklung noch nicht beendet. Sein oft erkennbar großes Talent lässt aber große Hoffnung zu.
Dennoch lassen sich einige Aspekte erkennen. So konnte Hannes in der ersten Turnierhälfte nur 1 Punkt in fünf Partien holen. Die zweite Turnierhälfte lief mit 1¼ (4) deutlich besser. Hannes hatte sich offenbar an die harte Gangart gewöhnt und wurde mit zwei Unentschieden gegen starke Großmeister belohnt.
Das Ergebnis (+0 =5 -4) ist insgesamt befriedigend. Diese Einschätzung ergibt sich aus den überwiegend guten theoretischen Leistungen und dem weitgehend soliden Mittelspiel. Im Gegensatz zu den beiden titellosen Spieler Lukas Wachinger und Jari Reuker riskierte Hannes deutlich weniger. Er spielte überwiegend positionelle Partien. Scharfes Wild-West-Schach führt ja nicht automatisch zu besseren Ergebnissen. Dass seine Konkurrenten damit Erfolg hatten, ist kein Beweis. Es hätte durchaus anders kommen können.
Ziel wird es also sein, sich gegen starke Meister häufiger Gewinnstellungen zu erarbeiten. Die haben in Lüneburg aber gezeigt, dass sie cleverer und erfahrener sind, wenn es um Nuancen geht. Wer hat etwas anderes erwartet?
Persönlich bin ich ziemlich zufrieden. Stark war zum Beispiel Hannes‘ Partie gegen IM Lubbe, die er sehr druckvoll spielte, auch wenn das Ergebnis diese Leistung nicht widerspiegelt. Mit etwas Glück waren 3½ Punkte – und das wäre ein Platz im Mittelfeld gewesen.
Das Wichtigste ist aber, dass Hannes nicht den Spaß an diesen Herausforderungen verliert. Denn er besitzt etwas, was andere unwiderruflich verloren haben: den Elan der Jugend!
Ergebnisse und Tabellen
Links
- Homepage des Veranstalters
- Ergebnisse und Tabellen auf chess-results.com