Lingen ist verdienter Pokalsieger

Belagerungszustand: das Zeitnotduell zwischen Carsten Lingnau und Danilo Milanovic

Unbarmherzig zählte die Uhr die Sekunden runter. „Zeit“, rief jemand. Das war die Entscheidung: GM Danilo Milanovic baute die Lingener Führung auf 2-0 aus. Die restlichen Partien waren Muster ohne Wert – Lingen gewann verdient gegen Hellern mit 3½-½ und ist Niedersächsischer Pokalmannschafts-Meister. Update 2 (mit allen lesbaren Partien)

 

Tag 2: Lingen schlägt Hellern deutlich

Das 3½-½ gegen unser Team sprach am Ende eine deutliche Sprache. Natürlich stellt sich die Frage, ob es womöglich doch eine Chance gab.
Nein, eher nicht. Selbst ein Sieg von Carsten Lingnau hätte das Ergebnis nur kosmetisch aufgepeppt, da Hannes Ewert an Brett 2 zwar stark spielte, aber gegen GM Lev Gutman nie in die Nähe einer Gewinnchance kam. Und ein zweiter Kraftakt rückte auch deshalb in weite Ferne, weil Jörg Stock und Thorben Weist an beiden Tagen ihre Partien verloren – im Finale vermutlich noch klarer als einen Tag zuvor.

Team Lingen
Vorne v.l.: Lev Gutman, MF Heiko Schlierf, Milan Gandic; hinten v.l.: Nenad Jelisovac (Betreuer), Zyon Kollen, Josip Gazic, Danilo Milanovic

Schlimm ist das nicht. Das Erreichen des Finales wurde bereits als Erfolg gefeiert, sodass nicht ein Hauch Ärger entstand. Denn eins war klar: Lingen und Tostedt waren mit Spielern unterwegs, die bequem in Liga 2 mitspielen könnten. Die Nordhorner bekamen dies beim Kampf um Platz 3 deutlich zu spüren, obwohl Simon Elgersma womöglich die schönste Partie an diesem Sonntagmorgen spielte. Und auch wir bekamen Grenzen aufgezeigt, die allerdings sehr lehrreich waren. Anders formuliert: Es war ein sportliches Erlebnis.

Team Hellern
V.l.: Hannes Ewert, Martin Hart (MF), Jörg Stock, Carsten Lingnau, Thorben Weist

SV Lingen- SV Hellern = 3½ – ½

Hier entkorkte der GM 29…Te1

Gegen GM Danilo Milanovic (Foto: rechts) reichte es nicht zu einem Erfolg, obwohl der Lingener es war, der in einer teuflischen Zeitnotfalle steckte. Aber er zog Carsten in diese Misere hinein, und Carsten ließ sich ziehen. Im dritten Anlauf konnte ich die Partie doch rekonstruieren – es hat sich gelohnt. Hier ist der Nachspiellink.

 

 

 

Hannes hatte gegen den Lingener Großmeister einige positionelle Probleme zu bewältigen (Feld c4), kam dann aber zum bequemen Ausgleich. Diese interessante Partie habe ich ausführlicher kommentiert: Hier ist der Nachspiellink.

 

Zyon Kollen war in blendender Form, er gewann bereits gestern und auch heute übte er ausreichend Druck auf Jörgs Caro-Kann-Stellung aus. Es kam zu einem Turmendspiel, das der Lingener sicher verwertete.

Nuancen führten zur Niederlage: Thorben (r.) konnte den e-Bauern von FM Josip Gazic nicht stoppen

Thorben hatte gegen FM Gazic handfeste Möglichkeiten. Immerhin hatte der Lingener einen d-Isolani zu verwalten. Doch Thorben löste diesen markanten Angriffspunkt auf und Josip Gazic benötigte nur zwei Kraftzüge, um die Partie unter seine Kontrolle zu bringen.

[Event „Pokal-MM 2017/18 – Finale“]
[Site „Hellern“]
[Date „2018.05.06“]
[Round „6.4“]
[White „Weist“]
[Black „Gazic“]
[Result „0-1“]
[ECO „C08“]
[WhiteElo „2075“]
[BlackElo „2210“]
[Annotator „Thal“]
[SetUp „1“]
[FEN „3qr1k1/1pr2p1p/p4np1/3p4/3Nn3/2P3N1/PP3PPP/R2QR1K1 w – – 0 19“]
[PlyCount „28“]
[EventDate „2018.??.??“]
[EventType „team-k.o.“]
[EventCountry „GER“]
[SourceVersionDate „2015.09.05“]
[WhiteTeam „SV Hellern“]
[BlackTeam „SV Lingen“]
[WhiteTeamCountry „GER“]
[BlackTeamCountry „GER“]

19. Nxe4 $6 {Das spielt eher dem Nachziehenden in die Karten.} (19. f3 Nxg3 20.
hxg3 Rxe1+ 21. Qxe1 Qd6 $11) 19… dxe4 20. f3 $5 {Womöglich erkannte Thorben,
dass der Be4 auf Dauer lästig wird. Schlecht ist der Zug nicht, man muss nur
sehr genau weiterspielen.} (20. Qb3 Qd6 21. h3 (21. Rad1 Ng4 $1 $15) 21… Nd7
22. Rad1 Nc5 $132 {[%csl Rd3]}) 20… e3 21. Qd3 Nd5 {Sollte der schwarze
Bauer tatsächlich überleben?} 22. Nc2 $2 (22. g3 $11) 22… Rd7 $1 $17 23.
Rad1 Qb6 {Mit zwei Kraftzügen hat Schwarz die Initiative an sich gerissen.}
24. Qd4 $2 (24. Qc4 $142 e2+ 25. Rd4 Nf4 $17 26. g3 Ne6 27. Rxe2 Kg7 $1 {
Auf d4 konnte er wegen Txe8 nicht nehmen.} 28. Kg2 Nxd4 29. Rxe8 Ne6 30. Qe2 {
sonst folgt Td7-d2+} Qxb2 $17) 24… Qxb2 $19 25. Nb4 Red8 26. Rb1 Qf2+ 27. Kh1
Nxb4 28. Qxb4 Rd3 (28… Rd2 {gewann auch:} 29. Rg1 e2 30. Qe7 Rd1 $19 31.
Qxd8+ Rxd8 32. h3 Qxg1+ 33. Rxg1 Rd1 $19) 29. Rg1 e2 30. Qa4 b5 31. Qb3 Qxg1+
$1 32. Rxg1 Rd1 {Ein kraftvoller Vortrag des Lingeners.} 0-1


SK Nordhorn-Blanke – MTV Tostedt = 1-3

Rundeneröffnung durch Schiri Dirk Rütemann

Nordhorn hatte CM Ten Vergert durch Ludger Höllmann ersetzt, aber die nominell schwächeren Nordhorner scheiterten auch daran, dass ihr Spitzenspieler IM Frank Kroeze einfach nicht in Form war und auch im Kampf um Platz 3 erneut verlor. Die Tostedter sicherten sich damit als Dritter den Einzug in die 1. Runde der Deutschen Pokalmeisterschaft.

Nur scheinbar gedankenverloren: GM Zoltan Varga (r.) ließ nichts anbrennen

Am Spitzenbrett kam IM Frank Kroeze unter die Räder. Ein Fehler im 14. Zug war bereits die Vorentscheidung. GM Zoltan Varga hatte in der Folge allerdings einige Klippen zu umschiffen. Doch dann fing er elegant den Turm des Nordhorners ein: Nachspiellink.

Simon Elgersma (l.) gewann mit brachialer Taktik

An dieser Stelle ein großes Dankeschön an Schiedsrichter Dirk Rütemann, der an beiden Wettkampftagen ein entspannter und humorvoller Wettkampfleiter war. Von ihm stammt der Tipp, sich die folgende Partie etwas genauer anzuschauen. Guter Tipp.

[Event „Pokal-MM 2017/18 – Spiel um Platz 3“]
[Site „Hellern“]
[Date „2018.05.06“]
[Round „6.2“]
[White „Elgersma“]
[Black „Nedic“]
[Result „1-0“]
[ECO „C77“]
[WhiteElo „2239“]
[BlackElo „2316“]
[Annotator „Thal“]
[PlyCount „84“]
[EventDate „2018.??.??“]
[EventType „team-k.o.“]
[EventCountry „GER“]
[SourceVersionDate „2015.09.05“]
[WhiteTeam „SK Nordhorn-Blanke“]
[BlackTeam „MTV Tostedt“]
[WhiteTeamCountry „GER“]
[BlackTeamCountry „GER“]

1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 a6 4. Ba4 Nf6 5. O-O Be7 6. d3 b5 7. Bb3 O-O 8. Nc3
{Etienne Bacrot und Fabiano Caruna gehören zu den Großmeistern, die diesen
seltenen Zug gelegentlich spielen. Am häufigsten spielen ihn jedoch Maxime
Vachier Lagrave und Ian Nepomniachtchi..} d6 9. a3 Na5 {Aronians Favorit.} 10.
Ba2 c5 11. b4 cxb4 $5 {Die Kritische Eröffnungsstellung.} 12. axb4 $14 Nc6 13.
Nd5 {Hiernach gelang noch keinem Schwarzspieler ein Sieg.} Be6 14. Nxf6+ Bxf6
15. Bxe6 fxe6 16. c3 {Der weiße Vorteil hält sich in Grenzen.} Kh8 (16… d5
$132) 17. Be3 Qd7 18. Qb3 Be7 $6 (18… d5 {Schwarz sollte nicht zögern.}) 19.
Ra2 $1 $16 d5 20. Rfa1 d4 21. cxd4 exd4 22. Bd2 Rac8 $2 (22… Qb7 23. Ng5 $1
$16) 23. Rxa6 $18 {Der Nordhorner kassiert die Rendite.} Bd6 24. Rc1 Bb8 25.
Ng5 (25. Rb6 {unterstreicht die Dominanz der weißen Figuren:} Ne5 26. Nxe5
Rxc1+ 27. Bxc1 Bxe5 28. Qxe6 $18) 25… Nd8 26. Rxc8 Qxc8 27. Ra1 h6 28. Rc1
Qd7 29. Nf3 Nc6 30. Qc2 Ne7 31. Qc5 Bd6 32. Ne5 $1 Bxe5 33. Qxe5 Ng6 34. Qg3
Kh7 35. Rc7 $1 Qd8 36. Rc5 Qa8 37. h4 e5 38. Bxh6 $3 {[%mdl 704] Ein schönes
Opfer.} Rf6 39. Rc7 Qd8 40. Bxg7 Nf4 41. Ra7 Qb6 (41… Ne2+ 42. Kh2 Nxg3 43.
Bxf6+ $18) 42. Bxf6+ Qxa7 {und Aufgabe. Den nächsten Zug hätte Schwarz aber
ruhig abwarten können.} (42… Qxa7 43. Kh2 ({aber nicht} 43. Qg5 Nh3+ $3 {
Überraschung!} 44. gxh3 Qa1+ 45. Kg2 Qg1+ $3 {Die Dame stürzt sich ins
Messer und wird dies auch weiterhin tun. Das Patt lässt sich nicht mehr
verhindern.} 46. Kf3 Qd1+ 47. Kg2 Qh1+ 48. Kxh1 {Patt}) 43… Qc7 44. Qg5 Qf7
45. Qxe5 $18) 1-0

 

Hinten dominierten die Tostedter klar: sie gewannen beide Partien. Sie sind noch nicht ausgewertet. Dies wird zeitnah nachgeholt, falls möglich. Leider waren und sind einige Notationen bedaulicherweise schwerer lesbar als altägyptische Hieroglyphenschriften. Auf jeden Fall soll alles, was verwertbar ist, in den nächsten Tagen an dieser Stelle veröffentlicht werden.

Ergebnisse Finale und Spiel um Platz 3


Nun noch einige Impressionen von der Siegerehrung, die von Dirk Rütemann und dem 1. Vors. der Schachabteilung SV Hellern, Hartmut Weist, vorgenommen wurde. An dieser Stelle auch ein Dankeschön an unseren Teamchef Martin Hart, der sein 4er-Team engagiert betreute.

Fotos: © 2018 Thal

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