Nach den beiden unerwarteten und daher umso erfreulicheren Punkteteilungen gegen Nordhorn-Blanke und Kirchweye 2 mussten wir am 3.Spieltag der Oberliga Nord-West zum Schachklassiker in Oldenburg antreten. Seit unserem Wiederaufstieg 2014 kommt es, außer in den beiden Gastspieljahren der Oldenburger in der 2.Bundesliga, regelmäßig zu diesem prestigeträchtigen Duell. Hierüber berichtet Jörg Stock in seinem Gastbeitrag.
Wie immer war ein ausgeglichenes und hart umkämpftes Gefecht zu erwarten, wofür auch der mit 2159 exakt gleiche ELO-Schnitt sprach. Für den erneut verhinderten Reinhold Happe kam wieder Peter Kovermann zum Einsatz.
Der Start verlief erfreulich. Tammo Lewin zeigte sich sehr gut gegen die unorthodoxe Eröffnungswahl seines Gegners gewappnet. Er übernahm sofort die Initiative und trieb seinen h-Bauern bis nach h6 vor, um wenig später mit starken taktischen Drohungen den noch störenden h7-Bauern des Gegners mit dem Springer abzugreifen. Der Rest war einwandfreie Technik. 1-0.
Ich bekam eine klassische Paulsen-Stellung aufs Brett mit dem üblichen Raumvorteil. Allerdings führte eine zwischenzeitliche Unsicherheit über den richtigen strategischen Plan (e5 durchsetzen oder f5 spielen oder ganz anders) dazu, dass mein Gegner nach Umgruppierung seiner Leichtfiguren plötzlich mit Ausgleich drohte. Ich opferte spekulativ (lt. Engine nicht korrekt) einen Bauern und erhielt Läuferpaar, offene Diagonalen und Linien. Die daraus resultierenden Angriffsoptionen wurden von meinem Gegner glücklicherweise unterschätzt. Nach zwei ungenauen und einem fehlerhaften Zug seinerseits konnte ich schließlich mit einem klassischen Läuferopfer auf h7 überraschend schnell mattsetzen. 2-0.
Von den weiteren 6 Partien stand Peter etwas bedenklich. In einer skandinavischen Partie verblieb nach Damentausch mit einem etwas unsicheren König in der Mitte und musste sich gegen aktive weiße Läufer und Türme zur Wehr setzen, was zunächst augenscheinlich auch ganz gut gelang. Alle anderen Partien waren noch völlig offen.
Holger Lehmann spielte mit Schwarz eine weitgehend ausgeglichene Partie, witterte aber angesichts der Zeitnot seines Gegners und seines Läuferpaares noch ein gewisses taktisches Potential, für das er sogar einen Bauern ins Geschäft steckte. Letztlich konnte der Gegner aber alle Drohungen parieren und sein Zeitproblem lösen, so dass die Partie mit einer Zugwiederholung im Remishafen endete. 2,5 zu 0,5 stand es nun.
Eine Bestandsaufnahme ließ angesichts der noch 5 laufenden Partien durchaus einen knappen Sieg möglich erscheinen. Zunächst aber musste Christian Böttcher leider die Segel streichen. Er hatte in völlig ausgeglichener Stelle einen Bauern weggestellt. Und da dieser ein entfernter Freibauer war und gleichfarbige Läufer auf dem Brett verblieben, war es nur noch eine Frage der Technik, was sein Gegner souverän demonstrierte.
Peter hatte dem Figurendruck letztlich nicht Stand halten können, büßte einen Läufer ein und trotz hartnäckigem Kampf musste auch er seinem Gegner die Hand reichen. 2,5-2,5.
Oldenburg hatte den Ausgleich geschafft. Nun war es dem Mannschaftsführer Martin „Locke“ Hart vorbehalten, unser Team wieder in Führung zu bringen. Aus der Eröffnung heraus ergab sich ein strategisch anspruchsvolles Mittelspiel, das schließlich in einem wilden Schlagwechsel gipfelte. Nachdem sich der Rauch verzogen hatte, war die Stellung materiell weiterhin im Gleichgewicht. Locke stand aber aktiver und hatte trotz vieler vereinzelter Bauern gute Stützpunkte für seine Leichtfiguren. Zudem hatte der Gegner zunehmende Zeitprobleme. Mit einem schönen Bauernhebel verschaffte sich Locke einen sehr gefährlichen Freibauern auf der h-Linie, was die gegnerischen Figuren an diesen banden.
So sammelte er Bauer für Bauer ein und brachte das Endspiel sicher nach Hause. 3,5-2,5.
Jetzt spielten nur noch die beiden Spitzenbretter. Hier sah es zunächst nach einem Sieg von Alexander Hoffmann und einer Niederlage von Ingo Gronde aus. Alexander hatte nach einer langen katalanischen Theorievariante nicht wirklich viel erreicht, erst beim Übergang ins Endspiel konnte er sich einen vielversprechenden Vorteil erspielen. Ingo dagegen verlor mit Schwarz nach guter Eröffnung in einem sehr komplexen und dynamischen Mittelspiel irgendwann einen Bauern und musste sich zusätzlich noch mit passiven eigenen Figuren arrangieren. Alexander agierte im Folgenden vermutlich etwas ungenau und plötzlich drohte der Gegner mit seinem aktiven König selbst noch Gewinnversuche zu unternehmen. Ein feines Turmmanöver rettete aber dann den halben Punkt, da dem Gegner schließlich nur ein Dauerschach blieb.
Jetzt hing alles an Ingo. Das Endspiel transformierte sich durch Läufertausch in eines, indem beide Parteien einen Freibauern erhielten. Dadurch konnte Ingo Gegenspiel aufbauen und durch sehr genaue Turmzüge gelang ihm schließlich die Abwicklung in ein Turmendspiel. Zwar verblieb der Gegner mit einem Mehrbauern, aber zwei gegen einen Bauern an einem Flügel sind im Turmendspiel meistens Remis, was sein Gegner auch sehr bald einsah.
Damit stand der erste Saisonsieg fest. Wie bereits in den Runden zuvor muss auch hier wieder die geschlossene Mannschaftsleistung hervorgehoben werden. Der Saisonstart ist auf jeden Fall sehr gelungen. 4 Punkte aus drei Spielen gegen 3 Top-Mannschaften lassen uns dem weiteren Saisonverlauf doch einigermaßen gelassen entgegensehen. Trotz des dieses Jahr verschärften Abstieges (3 bis 4 Mannschaften)
stehen die Chancen jetzt sehr gut. Das Liga-Orakel beziffert unsere Chancen darauf, dass wir auch nächstes Jahr drittklassig spielen auf solide 97%.
Im Januar erwarten wir die Schachfreunde aus Uelzen, endlich einmal wieder zu Hause. Und da wollen wir natürlich die 0,5-7,5-Schlappe aus dem Vorjahr vergessen machen.