Ems-Vechte-Cup: der Abschlussbericht

In vier Tagen beginnt das Lüneburger Schachfestival. Also nur kurze Zeit für Hannes, um sich nach dem Warm-up in Lingen auf die GM-Gruppe vorzubereiten. Trotzdem nahm er sich die Zeit, um seine Eindrücke vom Ems-Vechte-Cup in einem Gastbeitrag auf den Punkt zu bringen. Fazit: tolles Turnier.

 

Zum wiederholten Male nahmen mein Vater und ich am Ems-Vechte-Cup teil, dieses Mal hatten wir uns aber ein kleines Appartement besorgt, da es einfach entspannter ist, wenn man vor Ort ist. Gegen 15:30 Uhr fuhren wir dann aus Osnabrück los und kamen dann auch schon gegen 16:30 in Lingen an. Die obligatorische Anmeldung, das Abholen des Schlüssels für das Appartement und das Einkaufen füllten dann die restlichen Minuten bis zur 1.Runde, die um 18:00 Uhr anfing.

Stefan mit Lospech

In Runde 1 spielte ich mit Weiß gegen den sehr jungen Andreas Gregor Poschadel, der meines Wissens nach in der U10 einer der Stärksten in Deutschland ist. Jedoch hatte er schnell eine schlechte Stellung, die ich aber nicht gut verwerten konnte. So quälte ich mich circa 4 Stunden, bis ich den ersten Punkt auf meinem Konto zu verzeichne hatte.

Mein Vater hingegen hatte echtes „Lospech“. Er war elomäßig noch in der ersten Hälfte gesetzt, sollte also eigentlich einen deutlich Schwächeren in Runde 1 bekommen. Er bekam jedoch Ludger Kewe, der – vermute ich mal – in irgendeiner Form mit Stefan Kewe verwandt ist. Er hatte keine ELO, wurde deswegen nach ganz unten in die Teilnehmerliste gesetzt, hat aber eine DWZ von circa 1900. Leider verlor mein Vater die Partie und konnte damit keinen guten Start hinlegen.

Am Samstagmorgen musste ich in Runde 2 gegen die Niederländerin Timardi Verhoeff spielen, die eine ELO von 1905 aufweist. Sie spielte aber nicht gut und so konnte ich nach der Eröffnungsphase mit Schwarz eine bessere Stellung erreichen. Es dauerte nicht mehr lange und ich konnte den zweiten Punkt einfahren.

Stefan kam gegen Jessica Wallat nicht über ein Remis hinaus. Er erzählte anschließend, dass er zwar einen Bauern mehr hatte, aber die Königsaktivität von Weiß einfach zu stark war und er deswegen eine dreifache Stellungswiederholung mitspielte.
Am Mittag bekam ich dann die weibliche FIDE-Meisterin Lara Schulze, die schon etliche Erfolge, sei es national (Deutsche Meisterin U16 usw.) oder internationale, erreichen konnte. Wir kamen in eine Benoni- Stellung, in der sie in der kritischen Stellung eine Qualität opferte. Ich hatte das aber falsch eingeschätzt und so stand es mindestens Ausgleich. Trotzdem ist es als Mensch schwer zu spielen und ich „rettete“ mich in ein Remis.

Stefan konnte dann in Runde 3 gegen Georg Nortmann schnell einen Bauern gewinnen, brauchte dann aber noch ein bisschen Zeit, bis er den ganzen Punkt einfahren konnte. So hatten wir nach Tag 2 insgesamt 4 von 6 möglichen Punkten nach Hellern geholt.

Den Bericht über die Runden 1-3 gibt es hier.

Das große Rechnen

Für mich war klar, dass ich um den Turniersieg spiele, falls ich am Sonntagmorgen in Runde 4 gegen den U16 Spieler von Post SV Uelzen gewinnen sollte. So kam es dann auch!

[Event „Ems Vechte Cup“]
[Site „Lingen“]
[Date „2018.07.01“]
[Round „4“]
[White „Knuedel“]
[Black „Ewert“]
[Result „0-1“]
[ECO „C88“]
[WhiteElo „2126“]
[BlackElo „2312“]
[Annotator „Thal“]
[SetUp „1“]
[FEN „r2qrbk1/1b3pp1/p1np1n1p/1pp1pN2/P3P2N/3P4/BPPB1PPP/R2QR1K1 b – – 0 16“]
[PlyCount „35“]
[EventDate „2018.??.??“]
[EventType „swiss“]
[EventRounds „5“]
[EventCountry „GER“]
[SourceVersionDate „2015.09.05“]

{In einer spanischen Keilerei hatte sich Hannes theoretisch etwas in
Bedrängnis gebracht. Dabei hatte der Zoff noch nicht einmal begonnen!} 16…
Ne7 $146 (16… Nd4 $1 17. Nxd4 cxd4 18. Qf3 d5 $13 {1-0 (49) Sasikiran,K
(2680)-Sumit,K (2176) Stockholm 2017}) 17. Nxh6+ {[%mdl 704] Sehr mutig. Man
konnte auch die Dame in eine bessere Position bringen.} (17. Qf3 Nxf5 18. Nxf5
Bc8 19. axb5 Bxf5 {Falls Schwarz auf b5 nimmt, kracht es auf f7!} 20. Qxf5 $13)
17… gxh6 18. Qf3 Bg7 19. Bxh6 Ng6 $2 (19… d5 $11) 20. Bxg7 (20. Nf5 Bxh6
21. Nxh6+ Kg7 22. Nf5+ Kg8 23. axb5 d5 $1 {Erneut darf Hannes nicht auf b5
nehmen, weil nach De3 der Angriff auf den schwarzen Feldern tödlich ist.} 24.
Qe3 Re6 $1 $132) 20… Kxg7 21. Nf5+ Kg8 22. Qh3 Bc8 $1 23. Qh6 Bxf5 24. exf5
Nf4 $11 25. Re3 $2 {Das ist schon interessant: der logische Zug verliert!} (25.
h3 $1 {[%csl Gg4] verhindert den schwarzen Gewinnzug.} Nh7 26. axb5 axb5 27.
Bxf7+ Kxf7 28. Qxh7+ Kf6 29. Rxa8 Qxa8 30. Qh6+ Kf7 31. Qh7+ Kf6 {und
Schauerdach…}) 25… Ng4 $1 $19 26. Bxf7+ Kxf7 27. Qh7+ Kf6 28. h3 Nxe3 29.
Qh6+ Kxf5 30. fxe3 Qf6 31. Qh7+ Ke6 32. exf4 Re7 33. Qe4 d5 {Hut ab! SF
Knüdel hat mutig angegriffen, wollte aber mehr als ein Remis. Das gab es dann
nicht.} 0-1

Ich gewann etwas glücklich, da er nach einem Opfer ins Dauerschach hätte gehen können, was er aber nicht sah. So hatte ich 3,5 P/4 und alle Chancen auf den Turniersieg.

In Runde 4 spielte Stefan dann mit Schwarz gegen Nina Rothenberg, eine weitere Spielerin von Post SV Uelzen, die sich auch den Mannschaftspreis sichern konnten. (Hinweis: Nächstes Jahr bitte mindestens mit vier Helleranern dabei sein, damit man den Mannschaftspreis einsacken kann ;). Er bekam mit Schwarz nach der Eröffnung eine gute Stellung, die nach 23 Zügen in eimem Remis endete.

Unmittelbar nach der vierten Runde beginnt schon das Rechnen… wer von den 6 Spielern mit 3,5 P/4 spielt gegeneinander? Meine Vermutung war, dass ich mit Weiß gegen Zelbel oder Gutman spielen würde, jedoch musste ich zu meiner Verwunderung mit Schwarz gegen den sehr starken Großmeister Vladimir Epishin (Foto links) antreten, der vor einigen Jahrzehnten, zu den Besten der Welt gehörte.

[Event „Ems Vechte Cup“]
[Site „Lingen“]
[Date „2018.07.01“]
[Round „5“]
[White „Epishin“]
[Black „Ewert“]
[Result „1/2-1/2“]
[ECO „E12“]
[WhiteElo „2539“]
[BlackElo „2312“]
[Annotator „Thal“]
[SetUp „1“]
[FEN „r1q1rbk1/pbpn1ppp/1p1ppn2/8/2PP1B2/2N1PN1P/PPQ1BPP1/R2R2K1 w – – 0 12“]
[PlyCount „60“]
[EventDate „2018.??.??“]
[EventType „swiss“]
[EventRounds „5“]
[EventCountry „GER“]
[SourceVersionDate „2015.09.05“]

{In einem Dameninder spielte der Großmeister im 12. Zug folgende Neuerung:}
12. d5 $146 (12. Bh2 e5 13. Rac1 g6 14. b4 Bg7 15. Qb3 h6 16. a3 Ne4 17. Nd5
exd4 18. Nxd4 Ndf6 $2 19. Nb5 $18 {1-0 (26) Grischuk,A (2795)-Kosteniuk,A
(2541) Sochi 2014}) 12… e5 13. Bh2 (13. Bg3 {[%cal Rg3h4] hält sich mehr
Optionen offen.}) 13… c6 $1 14. dxc6 $6 (14. Rac1 $142 cxd5 15. cxd5 Ba6 $11)
14… Bxc6 15. Rac1 (15. b4 a5 16. b5 {kam auch in Betracht.}) 15… Nc5 16.
Nd5 (16. Nd2 a5 17. Bf3 e4 $132) 16… Nxd5 17. cxd5 Bd7 $1 {Sehr genau
gespielt.} (17… Bb7 $2 18. Bb5 $1 $16) 18. b4 Na4 {Springer am Rand?
Scheinbar kein Problem.} 19. Qd2 Qb7 20. e4 Rac8 21. Bd3 {Die Stellung ist
völlig ausgeglichen.} Rxc1 22. Rxc1 Rc8 {Die Schwerfiguren werden sich
abtauschen und der Lh2 kann danach nur mit f2-f4 ins Spiel zurückkehren.} 23.
Rc2 Be7 24. Ne1 b5 25. f4 f6 ({Selbst} 25… exf4 {scheint zu gehen:} 26. Rxc8+
Qxc8 27. Bxf4 a6 $11 {Keiner kommt weiter. Weiß darf auch nicht viel
unternehmen, sonst dringt der Sa4 via b6 auf c4 ein.}) 26. Bg3 Bd8 27. Nf3 Rxc2
28. Qxc2 Qc7 29. Qxc7 Bxc7 30. f5 Kf7 31. Be1 g6 32. g4 gxf5 33. gxf5 Ke7 34.
Kf1 Be8 $1 {Die letzte Figur, die etwas schwächelte, kommt wieder ans
Tageslicht.} 35. Nh2 a6 36. Ng4 Kf7 37. Be2 Bd8 38. a3 Kg7 39. Bd2 Bb6 40. Nf2
Bd4 41. Bc1 Bb2 (41… Bb2 42. Bxb2 Nxb2 43. Kg2 Na4 44. Kg3 Nc3 {[%cal Rc3b1,
Rb1a3]} 45. Bd3 $11 {[%cal Gd3b1]}) 1/2-1/2

Ich stand zu keinem Zeitpunkt der Partie schlechter und so willigte er nach 42 Zügen ins Remis ein, da die Stellung auch einfach Remis war.

Hier noch einmal alle Partien zum Nachspielen.

Stefan spielte dann in Runde 5 wieder gegen einen Jugendlichen, Luca Uhlendorff aus Göttingen. Nach kurzer Zeit einigten sie sich auf Remis und somit konnte mein Vater die Hälfte der Punkte aufweisen.


Da das Turnier als Vorbereitung auf Lüneburg diente, war ich auch schachlich zufrieden mit dem Ergebnis. Turniersieger wurde völlig verdient FM Bernd Laubsch, der in der letzten Runde mit Weiß überzeugend gegen GM Lev Gutman gewann. Die beiden anderen Apieler mit 3,5 P/4  (IM Jugelt und IM Zelbel) einigten sich nach drei Zügen auf Remis.

Die Macher und die Sieger

Hinten: IM Zelbel, Dr. Wagner (B-Preisträger), NSV-Präsident Langer, Organisator und Chef-Schiri Christian Möller, Hannes, unbekannt. Vorne: CM Stotyn, Andrea Roncea (Siegerin B), Lukas Schulze (Preisträger B) und A-Sieger FM Bernd Laubsch.


Wie immer ein hervorragend organisiertes Turnier, das für alle Spielstärken geeignet ist, da es zwei Gruppen gibt. Die Analysemöglichkeiten, das Catering und die Spielbedingungen waren fantastisch – gerne wieder!

Bis dahin, Hannes.

Fotos: © Stefan Ewert 2018