Sensationssieg am Dümmer: Hajo Bade schlägt GM Ulf Andersson

„Amateur gegen Meister“ – Wer kennt nicht die von EX-WM Dr. Max Euwe und Walter Meiden publizierten Theoriebücher? Sie waren lehrreich, aber den Kürzeren zog in der Regel der Amateur. Anders geschah es in der letzten Runde des vom TUS Lemförde ausgerichteten 2. Lemförder Schnell-Schach-Open, das 48 Teilnehmer anzog. Einem Helleraner gelang es in Runde 9, den an 1 gesetzten GM Ulf Andersson zu besiegen.  Den schwedischen Großmeister kostete es den fast sicheren Turniersieg. Update.

Ausgerechnet gegen Skandinavisch!

Hajo Bade gelang ein großer Coup

Ulf Anderssen gehörte zu den Besten der Welt. In den 1980er-Jahren erreichte er sechsmal die  Top Ten der FIDE-Weltrangliste. Der 73-jährige Schwede war ein staubtrockener Positionsspieler, der besonders das Turmendspiel liebte. 1975 quälte er GM Padevsky über 120 Züge lang. Natürlich in einem Turmendspiel. Andersson gewann.
Gegen Hajo Bade gelang ihm das nicht. Das lag auch an Hajos Matchplan: Zügig spielen, der eigenen Intuition vertrauen und bloß nicht die Zeit vergrübeln. Die Rechnung ging auf. Ein Flow stellte sich ein und auch in beiderseitiger Zeitnot ließ sich unser total fokussierter Mitstreiter im Turmendspiel  nicht über den Tisch ziehen. Die Zeitüberschreitung seines Gegners bekam er nicht mit – das musste der Schiedsrichter erledigen.

Ein Remis hätte Andersson gereicht. Aber gegen einen Amateur? Wie auch immer: Andersson (ELO 2518) wurde geteilter Erster, gewonnen hat das Lemförder Schachfestival aber IM Jakob Leon Pajeken (ELO 2417) dank einer mit +1 äußerst knappen Feinwertung. Hajo erreichte den geteilten 3. Platz (Platz 5 nach Feinwertung) und war damit bester Helleraner in einem ausgezeichnet ausgerichteten Turnier. Sein Credo „Ein Leben ohne Schach ist möglich, aber sinnlos“ konnte er sinnhaftig verwirklichen. Metaphysik lohnt sich halt. Irgendwann.

Punktlos ging niemand nach Hause

v.l.n.r.: FM Steffens, Marc Selker, IM Pajeken, Hajo Bade und GM Andersson. Quelle: TUS Lemförde.

Ausrichter des Schnellschach-Spektakels war der TUS Lemförde (1. Kreisklasse Osnabrück),  ein sehr reger Verein, der u.a. auch Veranstaltungen der Jugendserie in Lembruch am Dümmer ausrichtet. Unsere Delegation aus Hellern fühlte sich pudelwohl im Marissa Resort am Dümmer. Immerhin verspricht der Ferienpark-Anbieter „Urlaub mit Hygge-Feeling in skandinavisch eingerichteten Häusern und Appartements (..) – hier fühlt sich jeder wohl.“ Offenbar gilt das auch für Schachspieler und vielleicht hat dies auch Ulf Andersson an den Dümmer gelockt.

Das Turnier selbst war ein guter Mix aus Titelträgern, starken Amateuren und weniger starken. Punktlos ging niemand nach Hause und selbst die Spieler im letzten Drittel der Tabelle hatten die Chance, in dem 9-rundigen Turnier auf 50% zu kommen. Das gefällt Schachspielern.

Ratingspreis für Andre Böhme

Rein sportlich konnte auch Hellern zufrieden sein. Martin „Locke“ Hart durfte in Runde 4 gegen Ulf Andersson ran, leider ohne Erfolg. Die Niederlage gegen IM Pajeken (Runde 7) und ein Remis gegen Marc Selker verhinderten indes den Sprung in die Top Five. Locke wurde mit 6 P Sechster.
Andre Böhme schlug in Runde den starken Yunong Elias Lu (ELO 2115), kassierte aber drei Niederlagen. Das reichte aber unterm Strich zu 5½ P und Platz 10. Ein toller Erfolg für den an 21 gesetzten Helleraner!
Peter Kovermann verlor in Runde 3 gegen Ulf Andersson und hatte ansonsten recht starke Gegner. 5 P Punkte (beste Feinwertung bei den punktgleichen Spielern!) und Platz 14 sind aber mehr als zufriedenstellend.
Auch Michael Benning musst gegen Ulf Andersson antreten, ohne Erfolg. Damit hatte der Schwede vier Helleraner mit 3 P (4) erfolgreich, aber nicht perfekt bearbeitet. Michael landete auf Platz 15, spielte ziemlich kompromisslos (+5 =0 -4) und glänzte mit einer Zwischenbilanz von 5 P v. 7. Leider verlor er die letzten beiden Partien. Insgesamt entsprach die Turnier-Perfomance seiner ELO-Zahl. Damit kann man zufrieden sein.

Hajo toppte alle.

Score Hans-Jürgen Bade

Nach einem Start mit 3½ (4) folgte in der 5. Runde eine Niederlage. „Schuld“ war das gute Catering des Ausrichters, so der Betroffene. Na ja, zwei Teller Linensuppe hätten Hajos Gehirn auch in den Ruhemodus versetzt 🙂
Mit 3½ (4) machte Hajo das Malheur wieder gut. Dazu gehörte auch ein Remis gegen den Bremer FM Olaf Steffens, der jüngst Jörg Stock in der Oberliga überfahren hatte. Hajo stand auf Gewinn, wollte den Bremer aber nicht „über die Zeit heben“.  „Ritterlich“ kann man das nennen.

Preise gab’s am Ende auch. Andre Böhme erhielt einen Ratingspreis für den 2. Platz in der Kategorie DWZ/ELO. Für Hajo gab es einen Preis für den 5. Platz. Dank Feinwertung. Alles in allem die erfreuliche Bilanz eines Turniers, das die Gäste aus Hellern garantiert nicht zum letzten Mal gesehen hat.

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