Hellern 1: Es gibt Tage, an denen man über sich hinauswächst

Unser Gast Kirchweyhe 2 rauschte mit 4 Großmeistern und drei Fide-Meistern an und es war ein bisschen wie David gegen Goliath. Wir dagegen spielten in „unserer“ Topbesetzung, allerdings ohne Locke und Reinhold, die gegen Nordhorn immerhin 1,5 Punkte erzielten. Von dem Wettkampf berichtet Hajo Bade mit einem Gastbeitrag.

Es spuckte der Gedanke von einem Ehrenpunkt durch die Arena. Aber wie sollte der erzielt werden, wenn man spätestens ab dem dritten Brett mit durchgehend 200-300 Elo- oder DWZ Punkten unterlegen ist?!

Als ich nach der ersten Spielstunde bei unserem Vereinswirt Schmidti vorbeikam, um einen Kaffee abzuholen beobachteten mich schon mitleidige Augen und irgendwann kam der unvermeidliche Spruch: Na, noch nicht aufgegeben? Ich konterte selbstbewusst: Aufgeben gehört nicht zu meinen Stärken! Das dieser Spruch so wunderbar zur Gesamtsituation passen sollte, könnte zu diesem Zeitpunkt nun wirklich keiner ahnen.

Nach knapp 1,5 Spielstunden kam das erste Ergebnis. Remis an Brett 1: Alexander hatte am ersten Brett dem GM Mladen Palac Paroli geboten. Vielleicht hätte er gegen einen schwächeren Gegner sogar weitergespielt, aber gegen den GM war das Unentschieden aller Ehren Wert.

„Anmerkung der Redaktion: Als Zuschauer hatte ich nach der Partie Zeit mit Alexander über die Partie zu sprechen. Alexander war top vorbereitet und kannte vermutlich alle dreitausend Partien von Palac aus der Megabaden. Zumindest entschied Alexander sich für seine „alte Liebe“ – den Spanier -. Zwar holt er diesen nur noch sehr selten raus, aber die Vorbereitung und die Partie selbst haben ihm viel Spaß bereitet.“

Eine halbe Stunde später remisierte Peter. Peter hatte gegen Kevin Silber (ELO 2230) souverän einen Gambitbauern zurückgegeben, um nach einem Generalabtausch die Stellung vollkommen zu verflachen.

Dann zog eine weitere Spielstunde durch das Land und Hellern hielt stand.

Natürlich hatten sich alle Stellungen entscheidend weiterentwickelt und es zeichnete sich somit im Groben ab, was später auch in der Ergebnisliste stehen sollte.

Brett 2: Ingo Gronde fand gegen Tobias Kügel kein Durchbruchmanöver und musste sich mit Remis begnügen. Kurz vor dem Ende der dritten Spielstunde steht es damit 1,5:1,5.

An Brett 3 und 4 zeichneten sich dagegen Niederlagen ab und ich hatte wenig Zweifel, dass die GM ihre Hausaufgaben machen würden. Christian hatte in der Eröffnung Material gewonnen, aber sich dafür einen “ Wanderkönig“ zugelegt. Dem geordneten Aufmarsch der gegnerischen Leichtfiguren vom GM Ivan Zaja war dann irgendwann nichts mehr entgegenzustellen. Danke Christian, dass du trotz gesundheitlicher Angeschlagenheit gefightet hast. Es war ein interessante Partie und der Mannschaft hat es Stabilität verliehen! Holger an Brett 4 hatte in Blazimir Kovacevic den „stärksten GM “ vor der Brust. Leider verlor Holger, so dass es 1,5:3,5 stand. Das Unvermeidliche schien sich anzubahnen – trat aber nicht ein.

Vielleicht hätten nur wenige mit den Brettern 5-7 gerechnet. Aber auch hier wurden genau jene Ergebnisse eingefahren, die die Stellungen aus meiner Perspektive hergaben. Das tatsächlich Famose ist, daß unsere Spieler ihre Möglichkeiten kompromisslos nutzten.

Im Einzelnen: Tammo hatte sich am fünften Brett zwei Mehrbauern gegen GM Petar Genov erarbeitet. Dafür hatte er aber eine paralysierte Stellung erhalten. Da keiner von beiden etwas wagen könnte: Remis und 2:4.

Nun lag es also an Jörg und mir. Ich wusste, dass wir beide Gewinnstellungen hatten. Doch manchmal ist es mit dem Sack zumachen so eine Sache. Jörg war gegen FM Bogdan Medak irgendwann im Mittelspiel all in gegangen. Eine hochtaktische Partie spielte sich ab und es war für mich ein Vergnügen am Nebenbrett zu sitzen. Nachdem sich das Kanonenpulver verzogen hatte verblieb Jörg mit einem entscheidenden Mehrbauern. Noch ein paar technische Feinheiten waren abzuwickeln und dann sah es auch der Gegner ein und kapitulierte. Ein ganzer Ehrenpunkt und zugleich der Anschlusstreffer. Stand 3:4.

Auf einmal wurde nur noch an Brett 7 gespielt und eine Traube an Zuschauern bildete sich um FM Srdjan Vernacki und mich. Ich bekam davon allerdings nicht sehr viel mit, denn ich befand mich in meinem Flow. Schon ab dem Mittelspiel wusste ich, dass man hier gewinnen kann und ich wollte es auch. Im 23. Zug hatte ich eine Qualität gewonnen, im 25. Zug wieder gegeben um einen Zentralbauern zu gewinnen. Der Königsangriff meines Kontrahenten kam nicht zur Entfaltung und ab dem 32. Zug befanden wir uns im Endspiel. Jetzt ging es um Nuancen. Die entscheide Idee war die Sprengung der gegnerischen Königsbauern. Diesen Gedanken hatte ich schon früh im Kopf. Erneut investierte ich eine Qualität, um alle verbleibenden gegnerischen Bauern abzuräumen. Mit drei Bauern und einem Springer gegen den Turm verblieb die Partie und meine Bauern gingen ihren Weg. Einen Zug vor dem unvermeidlichen Matt gab mein Gegner auf. Endstand 4:4!

Ja was für eine tolle Truppe, die an Stelle einer heftigen Klatsche am Ende sogar einen ganzen Mannschaftspunkt holte. Mehr geht in den Bereich Hybris.

Munter bleiben

Hajo

Anmerkung Redaktion: Vielen Dank Hajo für den Bericht. Vielen Dank an die Mannschaft für den tollen Sonntag.

Den aktuellen Spieltag mit Tabelle findet ihr hier.

Bremen 2 gewinnt mit Hannes Ewert an Brett 2 gegen Braunschweig. Nordhorn gewinnt in Hameln. Und Delmenhorst spielt trotz Topbesetzung 4:4 gegen Oldenburg. Uelzen gewinnt hoch gegen Ricklingen. Weiter geht es am 03.12 in Oldenburg.