VEM: Martin Rothe hat es geschafft

Die letzte Runde war genauso haarsträubend wie der Aufstieg des VFL Osnabrück in der Nachspielzeit. Martin Rothe verlor seine Partie und nun lag an den Spielkünsten von Peter Kovermann, nach dem Titel zu greifen. Ein Sieg gegen Ludger Wöllermann und die besser Buchholz-Wertung hätten gereicht. Es kam anders.

 

Die Nerven lagen blank

Spieler, die immer im Mittelfeld einer Tabellen mitdümpeln, wissen es nicht: Wer etwas zu verlieren hat, spürt eine Schlinge um den Hals, die sich langsam zuzieht. Paradox, aber logisch 🙂 : Wer alles gewinnen kann, spürt die gleiche Schlinge!

Im Spiellokal geht es auf 23.00 Uhr zu. Peter steht schon seit geraumer Zeit auf Gewinn. Und zwar bei Werten zwischen +8 und +10. Martin Rothe hatte, wie der Redaktion mitgeteilt wurde, bereits das Spiellokal verlassen. In seiner Partie gegen Hajo Bade war er chancenlos: er hatte mit Schwarz Skandinavisch gespielt. Ausgerechnet die Eröffnung, die eine von Hajos Spezialgebieten ist. Nun muss Peter nur noch den Sack zumachen. Nur Ludger will das verhindern – und kämpft und kämpft und kämpft. Eine Stunde vor Mitternacht muss sich Peter mit Dauerschach abfinden. Nur wer so etwas selbst erlebt hat, weiß, was danach in einem vorgeht.

Nachspiellink
Hellern-Open: Schlusstabelle

 

Die Kommentierung dieser Partie war nicht einfach. Folgt man der Engine, so war dies ein Festival der Fehler. Allerdings ist einer hochexplosiven Stellung, in der es immer schwerer wurde, die finalen taktischen Manöver zu finden. Man kann guten Gewissens davon ausgehen, dass auch Oberliga-Spieler sich die Zähne ausgebissen hätten.

Daher ist die Engine kein Maßstab. Sie zeigt, was möglich war, aber viele Varianten sind nur schwer nachzuvollziehen. So zeigte sich, dass Stockfish simple Abwicklungen in ein gewonnenes Endspiel in der Regel ignoriert – weil er „sieht“, dass er schneller gewinnen kann. So auch in der Partie Kovermann-Wöllermann. Sowas ist schachdidaktisch nicht werthaltig.
Deshalb wäre es völliger Blödsinn, den Spielern ihre Fehler anzulasten, nur weil Stockfish das toll und besser hinkriegt. Deshalb bedauere ich die vielen Fragezeichen bei der Kommentierung – sie folgen dem Objektivitätsgebot, aber die Spieler haben das nicht verdient: Peter und Ludger haben eine ideenreiche und spannende Partie gespielt. Chapeau!

Auf jeden Fall herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Opens und der Vereinsmeisterschaft, Martin! Ein Dankeschön gebührt auch dem Turnierleiter Norbert Sobotta, der trotz Partieausfällen und -verschiebungen alles im Griff hatte und die Redaktion zudem mit Fotos versorgte.

Martin Rothe ist neuer Vereinsmeister!

Fotos: © Sobotta 2023