Oberliga: 4-4 nach „Doppelwums“

Olaf Steffens schrieb in seinem Bericht von einem „Doppelwums“ und meinte die Wucht des Werder-Spiels, die nach einem 2-2 zum 4-2 führte. Allerdings: „Hellern aber blieb trotz des deutlichen Rückstandes cool, stand auch bereits besser in den letzten beiden intensiven Begegnungen.“ Die gewann Hellern und dank Dr. Ingo Gronde und Dr. Christian Boettcher kam es dann doch zu einem gerechten 4-4. Jörg Stock berichtet von den Einzelheiten.

Kostenloses Catering – da kann nichts schief gehen!

Mit eins bis acht. Das gab es zuletzt in der Saison 2016/17. Insofern machten wir uns zu sechst im Vereinsbulli mit einem gewissen Optimismus auf die Fahrt nach Bremen. Und trotz einer Teilsperrung der A1 und avisierten, dann aber doch nicht vorhandenen Parkplatzproblemen trafen wir sehr pünktlich am Spielort ein. Auch Selbstfahrer Christian war rechtzeitig da. Nur Alexander muss seine Anfahrplanung noch optimieren. Bei Werder zu spielen ist immer wieder angenehm. Neben einem großzügigen Raumangebot wird auch immer ein ansprechendes kostenloses Catering geboten.

Ein Blick auf die Bremer Formation sorgte dann aber doch für etwas Ernüchterung. Nur Buchal fehlte aus der ersten Acht und die WIM Maria Efimenko feierte Premiere. Warum treten gegen uns alle immer so stark an? Weil sie großen Respekt haben oder weil sie gegen uns auf jeden Fall gewinnen wollen? Der gegnerische Mannschaftsführer schwärmte jedenfalls regelrecht von den Wettkämpfen gegen den SV Hellern. Die Aufstellungen ließen auf jeden Fall einen spannenden und ausgeglichenen Wettkampf erwarten. Und diese Erwartung sollte nicht enttäuscht werden.

Werder geht klar in Führung

Tammo war der erste, der seine Partie beendete. Mit den schwarzen Steinen konnte er schnell eine ausgeglichene Position erreichen. Nach dem Übergang ins Endspiel ergaben sich für beide Seiten keine wesentlichen Gewinnoptionen, so dass die Punkteteilung folgerichtig war.

GastautorJörg Stock

Holger stellt bei Abfahrt fest, dass er sich auf die falsche Farbe vorbereitet hatte. Er war aber mit Laptop und ChessBase ausgestattet und bereitete sich so 1,5 Stunden auf FM Olaf Steffens vor, gegen den er auf keinen Fall spielen wollte und gegen den man sich gar nicht vorbereiten kann. Nun, erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Holger spielte gegen Steffens und dieser eröffnete mit 1.- Sa6 und 2.- Sh6. Was soll man dazu noch sagen?

Nach 23…d3 spielte Weiß 24.Txg7. Das ist +7! Was ist noch besser?

Nach wenigen Zügen hatte Holger Lehmann drei Bauern mehr und eine Gewinnstellung. Der Punkt war bei mir innerlich schon eingebucht. Aber der Bremer ist ein Zocker und Taktikfuchs und schaffte es tatsächlich, die Partie noch erheblich zu verlängern. Schließlich kam es zum Zeitnotfinish und nach einigen ausgelassenen Gewinnmöglichkeiten kam es noch zum Dauerschach. Unnötig. Aber es stand 1:1.

Reinhold Happe hatte einen schweren Stand gegen den erfahrenen Haudegen Prof. Dr. Franke (der schon 1980 in der Bundesliga gegen Spasski spielte) und gegen den er schon letzte Saison etwas unglücklich agierte. Dieses Mal fand er nie so richtig in die Partie und musste am Ende verdient die Segel streichen.

Zuletzt geschah 19…Tab8. Wie gewinnt Weiß?

In meiner Partie gegen FM Bach lief die Eröffnung zunächst recht gut und ich konnte einen kleinen Vorteil erzielen. Zwei Ungenauigkeiten wendeten das Blatt und nach weiteren beidseitigen Fehlern in einem sehr komplexen Mittelspiel wickelte mein Gegner schließlich gekonnt ins Endspiel ab und verwertete den Vorteil lehrbuchmäßig. Ebenfalls eine verdiente Niederlage zum Zwischenstand von 1:3.

 

Weiß hatte h2-h4 gespielt. Was nun?

Dann aber sorgte der Mannschaftsführer für einen Hoffnungsschimmer. Martin Hart hatte zwar in der Eröffnung möglicherweise einen kleinen Nachteil erspielt, konnte aber irgendwann das Blatt wenden und nach und nach die Initiative übernehmen. Mit einer kleinen Taktik gewann „Locke“ die Qualität, die er anschließend sicher zum vollen Punkt verwertete. Starke Leistung und wie immer ein vorbildlicher Mannschaftsführer, da er auch den Bulli hin- und zurückfuhr.

Die Last-Minute-Helden

Nach der Zeitkontrolle spielten noch die drei Spitzenbretter. Die Stellungen machten durchaus noch Hoffnungen, etwas Zählbares aus Bremen mitzunehmen. Ingo Gronde hatte einen Bauern mehr und zusätzlich Ideen gegen den gegnerischen König, aber eine elementare Gewinnführung war noch nicht zu erkennen. Christian Boettcher hatte aus der Zeitnotphase ebenfalls einen Bauern mitgenommen. Die Türme waren vom Brett, aber 3 Leichtfiguren und die Dame auf beiden Seiten erforderten einiges an Rechenleistung angesichts des lebhaften Figurenspiels und der nicht sicher stehenden Könige.

Alexander Hoffmann hatte im Mittelspiel gegen Peter Lichmann eine durchaus vorteilhafte Position erreicht, die er aber mit zwei Ungenauigkeiten wieder verlor, was den Gegner zu dynamischen Spiel motivierte. Schließlich wurden Alexander ein gegnerischer Freibauer und sein schlecht platzierter Läufer zum Verhängnis. Und so stand es 2:4 gegen uns.

Christian hatte gegen WIM Efimenko inzwischen seine Figurenstellung weiter auf den gegnerischen König fokussiert und wenig später konnte er mit einer schönen und zügig vorgetragenen Mattführung auf 3:4 verkürzen.
Schließlich war es Ingo mit einer erneut überzeugenden Endspielführung vergönnt, den Mannschaftspunkt gegen David Kardoeus sicherzustellen. Damit hält sein in der Vorsaison begonnener Höhenflug weiter an. Und bei einem Sieg in der nächsten Runde könnten wir wieder einen Meisterspieler in unseren Reihen feiern.

Ausgewählte Partien


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Alternativer Nachspiellink

Alles in allem ein Wettkampf auf hohem Niveau mit einer letztlich gerechten Punkteteilung. Darauf lässt sich aufbauen.

Quelle: Deutscher Schachbund

Zum Schluss noch eine Anekdote am Rande. Nach ca. 3 Stunden Spielzeit wollte ich die (einzige) Toilette aufsuchen. Leider war diese besetzt. Also wartete ich und schaute im benachbarten Aufenthaltsraum flüchtig auf die laufende Post-Analyse von Tammo und seinem Gegner. Nach wenigen Sekunden wies mich Schiedsrichter C. J. darauf hin, dass dies nicht erlaubt sei und verwies auf irgendeine abstruse FIDE-Regel. Ich fragte, ob dies ein Scherz sei (ehrlich gesagt, drückte ich mich ein wenig ordinärer aus), was C. J. verneinte. Die Beteiligung an einer Analyse sei ein unerlaubtes Hilfsmittel und daher unter Strafandrohung verboten. Mein Einwand, dass ich nur geschaut habe und mir das am Brett besprochene Turmendspiel in meiner laufenden Partie überhaupt nicht helfen kann, wurde von C. J. nicht akzeptiert. Schon erstaunlich, welche Interpretationsauswüchse von Regeln sich im Kopf von Funktionären abspielen (von der FIFA kennt man das ja).
(Anm. d. Red.: Hierbei handelt es sich um ein bekanntes Problem: das „Turnierareal“ gem. FIDE-TO 11.2.1 und auch 11.3.1, das der Schiedrichter bestimmen kann. Wenn der Analysebereich – wie bei uns – nicht zum Turnierareal gehört, dann ist es zumindest hypothetisch denkbar, dass dort laufende Partien analysiert werden. Das eigentliche Problem besteht darin, dass man vom Schiri etwas nicht verlangen kann, nämlich zu wissen, ob die Analyse etwas mit der Partie zu tun hat, die der zuschauende Spieler auf dem Brett hat. Im Turnierareal kann sich ein Spieler natürlich frei bewegen und sich auch laufende Partien anschauen. Mehr dazu hier).

Quelle: Deutscher Schachbund

Fotos: © Hellern-Archiv 2022

Alle Ergebnisse der 2. Runde