„Am Samstag, den 28.11.2020 organisierte Reinhold Happe auf Vorschlag unseres langjährigen und gerngesehenen Berichterstatters Stephan Niendieker für den SV Hellern ein kleines internes zweites Lockdown-Blitzturnier. Die Entscheidung war diesmal ziemlich knapp und fiel erst in der letzten Runde des Turniers“ (ein Gastbeitrag von Ramin Kaberi).
Reinhold wie so oft mit guter Leistung
Teilgenommen haben 11 Spieler. Mit dabei waren einige Spieler aus der 1. Mannschaft (Oberliga West): Reinhold Happe, Jörg Stock, Tammo Lewin. Dazu drei Spieler aus der Landesliga & Co. Weiterhin nahmen erfreulicherweise auch zwei unserer U14-Spieler teil, nämlich Jakob Dittrich und Kilian Kaberi.
Gespielt wurde nach der Turnierverordnung des Plattformbetreibers Lichess. Die Bedenkzeit betrug 3 Minuten + 2 Sekunden Aufschlag je Zug (Inkrement). Dazu die Möglichkeit für jeden, den Turbo-Modus, den so genannten „Berserk“, einschalten zu dürfen. Das Turnier hat exakt 90 Minuten gedauert.
Die Bedeutung von Berserk: Wenn ein Spieler den „Berserk“-Knopf zu Beginn der Partie drückt, verliert er die Hälfte seiner Zeit auf der Uhr, aber ein Sieg wird mit einem zusätzlichen Turnierpunkt honoriert. In dem Zeitmodus „Berserk“ entfällt auch das Inkrement. Der zusätzlicher Punkt für „Berserk“ wird nur vergeben, wenn mindestens sieben Züge in der Partie gemacht werden.
Wie schon vor ein paar Monaten zur Quarantäne-Zeit gewann Reinhold Happe (Foto) einige interne Einzelwettbewerbe und zeigte dabei konstant gute Leistungen. Sie reichten fast immer, um alle anderen Wettbewerber hinter sich zu lassen. An diesem Wochenende präsentierte unser Oberligist eine herausragende Turnierwertungsleistung (TWL) von 2412, dabei betrug seine Gewinnrate 73% (von gespielten 11 Partien). Seine TWL schrumpfte allerdings aufgrund von zwei herausragenden Partien von Jörg Stock und Joachim Rein. Hier die Partie Stock (Chessie07)-Happe (VVV-31). Ansonsten spielte der Turniersieger gegen vermeintlich rangniedrigere Gegner seine Partien gelassen herunter.
Hier ein Link zu der Partie Erster gegen den Zweiten: Kaberi – Happe 0:1. Eröffnet haben beide das Spiel sehr holprig, jedoch das Mittelspiel dominierte nach erfolgreich abgeschlossener Rochade der Berichterstatter mit den weißen Steinen. Bereits ab 11. Zug prognostizierte ein Schachprogramm, dass die Eröffnung dem weißspielenden Spieler gehörte, mit einer Vorberechnung von +2.2. Ich konnte meinen Vorsprung im 23. Zug bis auf +6.9 ausbauen, also eine Leichtfigur + 3 Bauern mehr hätte ich auf dem digitalen Brett haben sollen.
Doch dann fing ich an zu wackeln, sodass der spätere Turniersieger Reinhold im 31. Zug ausglich. Im 39. Zug ging ich wieder in Führung mit +4.2 und ich hätte mit leuchtenden Augen meinen Sieg einpacken müssen. Jedoch lehrte mich Reinhold, materiell im Rückstand wohlgemerkt, das unsterbliche Endspiel und zeigte mir, weshalb er seit Jahrzehnten in der Oberliga spielt. Er drehte im Endspiel Turm vs. Turm + Springer+ Bauer die Partie komplett um. Gratulation!
Auf dem Siegerpodest hätte Joachim Rein eigentlich mit Reinhold nach Punkten gleichziehen können, wenn er seine letzte Partie gegen mich während seiner Bedenkzeit gewonnen hätte. Die Stellung war zwar gewonnen, leider ein paar Sekunden zu spät, und zwar nach der Sirene. Seine zwei erzielten Punkte haben also nicht gezählt.
Zum Schluss stieg unser Oberligist Jörg Stock mit ein und erzielte 9 Punkte aus 7 Partien, und zwar mit einer Performance von ELO 2248. Jörg gewann fast alle seine Partien, bis auf zwei. Sein Mannschaftskollege Tammo Lewin stoppte Jörg gleich zweimal. Tammo wurde Vierter. Auch er machte relativ wenig Spiele, etwa 9, während Joachim Rein und meine Wenigkeit 12 Spiele verbuchen konnten.
Endstand 2. Lockdown-Turnier SV Hellern
Spielen wie ein Berserker
Wie kommt so etwas zustande, nämlich dass ein Spieler 9 Spiele absolviert während andere 12 oder gar mehr Partien spielen können?
Der Grund dafür ist der Einsatz des Berserk-Knopfes. Ich persönlich drückte auf diesen Knopf während der gesamten Turnierzeit drei Mal. Das führte dazu, dass meine Partien nicht lange gedauert haben. Somit steigt die Möglichkeit, häufiger zu spielen. Damit steigt auch die Chance, mehr Punkte sammeln zu können.
Ich drückte auf den Berserk-Knopf nicht nur wegen der Punkte, sondern hatte auch andere Beweggründe. Mein Gruß war eine Turniereinladung für unsere Jugendlichen aus der U14. Ich dachte mir, dass wir unseren Nachwuchstalenten eine oder andere Chance zum Punktesammeln ermöglichen sollten. Ich gab daher unseren Jugendlichen beim Blitzen die Chance auf einem Sieg, weil mir nur 90 Sekunden für eine Partie zur Verfügung standen und damit etwa 0,5 Sekunden für die Bedenkzeit pro Zug blieben, während mein Gegenüber gefühlte 5 Minuten Bedenkzeit bekam. Die Daten-Übertragungsrate liegt für unseren Bereich Niedersachsen liegt bei ca. 0,6 Sekunden. Das sollte doch ein fairer Deal und ein Willkommensgruß für alle Jugendlichen der U14 sein. Der 13-jährige Kilian nutzte seine Chance trotz Unterzahl der Figuren gegen mich eiskalt aus. Er hat das Matt in 2 nicht übersehen. Glückwunsch!
Fazit: In den nachfolgend verlinkten Partien möchte ich allen Schachfreunde zeigen, dass das Blitzen im Schach manchmal mehr Freude bereiten kann als das klassische Schach. Die Begegnungen können sehr oft nämlich so beschrieben werden: Dein Gegner dominiert das Spiel, führt die ganze Zeit, baut seinen Vorsprung aus, doch dann ereignet das „Schreckliche“, er übersieht Matt in 2 oder gar Matt in 1!
- 24. Zug: beim Stande von +5.5 übersieht Weiß Matt in 2: Kaberi Senior – Kaberi Junior 0:1
- 24. Zug: Weiß übersieht in Zeitnot ein Matt in 1: Rein J. – Kaberi R. = 0:1
- 29. Zug: beim Stande von -1.3 übersieht Schwarz Matt in 1 bzw. Matt in 3: Dittrich J. – Niendieker = 1:0
- 34. Zug beim Stande von -18.0 übersieht Schwarz Matt in 1: Lewin – Stock = 1:0
“Das Schach-Leben ist manchmal sehr grausam!“ (Dr. Markus Angst, Chefredakteur Schweizerische Schachzeitung (SSZ)).
In diesem Sinne möchten wir uns bei allen Besuchern herzlich bedanken und wünsche Ihnen und Ihren Familien eine schöne Adventszeit und besinnliche Dezembertage.
Ramin Kaberi
Fotos: © 2020 Hellern Archiv