Dritte überzeugt nicht: Klatsche gegen Hollage

Daheim mit 1½-6½ abgewatscht zu werden, ist nicht schön. Es war auch die höchste Niederlage dieser Saison. Und das als Tabellenzweiter! Was schreibt man da? Am besten die Wahrheit: Die Gäste waren einfach besser.

HSV – Mainz war genauso trostlos

…aber das war wenigstens eine beiderseitige Nullnummer. Nullen gab es auch für unsere Zweite, nur waren es einfach zu viele.
Der Berichterstatter hatte es sich im Vereinsheim an der Theke gemütlich gemacht: HSV-Mainz live! Spannung pur? Nein, das Abstiegsduell in der Bundesliga entpuppte sich als Grottenkick. Ein gelegentlicher Blick in den Spielsaal zeigte, dass dort deutlich komplexer gespielt wurde. Einige Spielzüge waren nicht auf Anhieb zu duchschauen. Also zurück zum Fußball. Dort gab es mehr zu durchschauen, aber keine vernünftigen Spielzüge. Wie heißt es so schön: Vom Regen in die Traufe.

Dann trudelten die ersten Ergebnisse ein. Franz Ernst mit Schwarz gegen Norbert Lange: Remis! Das war schon mal gut. Dann aber kam die lange Rochade: Andre Böhme, Uwe Kuchemüller und Stefan Grasser hatten verloren. Das Remis von Thomas Grosser gegen Frank Kamper brachte keine Wende und die Niederlage von Thomas‘ Vater machte die Heimniederlage amtlich.

Was war passiert? Gut, Hollage war mit den Top 8 angereist, aber Hellern 3 war abgesehen von den Brettern 1-3 an allen anderen Brettern nominell überlegen. Besonders an den Bretter 5-8, aber ausgerechnet dort holte Hellern 3 nur ½-3½. Obwohl wir z.T. mit mehr als 100 DWZ-Punkten ausgestattet waren.

Exemplarisches

Lange (r.) – Ernst: Hart erkämpftes Remis

Die Eröffnung des Hollager Spitzenspielers war kein Schock: f2-f4. Das spielt er häufig und gerne. Franz hatte sich vorbereitet und so kam eine theoretisch gehaltvolle Partie aufs Brett. Schauen wir uns die entscheidende Partiephase an:

[Event „Bezirksliga 2017/18“]
[Site „Hellern“]
[Date „2018.03.03“]
[Round „6.1“]
[White „Lange“]
[Black „Ernst“]
[Result „1/2-1/2“]
[ECO „A02“]
[WhiteElo „1967“]
[BlackElo „1883“]
[Annotator „Ernst, Thal“]
[SetUp „1“]
[FEN „2k1r3/1pp4p/p1n2pp1/3P1b2/2P5/P3rN2/1P2BKPP/R3R3 b – – 0 21“]
[PlyCount „6“]
[EventDate „2018.??.??“]
[EventType „team-tourn“]
[EventRounds „9“]
[EventCountry „GER“]
[SourceDate „2015.09.05“]
[SourceVersionDate „2015.09.05“]
[WhiteTeam „Rochade Hollage“]
[BlackTeam „SV Hellern II“]
[WhiteTeamCountry „GER“]
[BlackTeamCountry „GER“]

21… Nd8 {Danach steht steht der Hollager besser, wenn nicht auf Gewinn.} ({
Etwas besser war} 21… Na5 22. b4 Rxe2+ {Die Engine gibt hier bereits die
‚Qualle‘.} 23. Rxe2 Rxe2+ 24. Kxe2 Nxc4 25. Rc1 Nxa3 26. Nd4 Be4 27. d6 c6 28.
Rc3 Nb5 29. Nxb5 axb5 30. Rh3 g5 (30… Kd7 $2 31. Ke3 Bxg2 32. Rxh7+ Kxd6 33.
Rg7 $18) 31. Ke3 g4 32. Rh4 Bf5 33. Kf4 Bg6 (33… Bd7 34. Rxh7 $18) 34. Kxg4
$14) 22. Nd4 $2 {Der Mensch kann schon einmal die Zerrüttung der gegnerischen
Bauernstruktur übersehen.} ({Stockfish 9 64:} 22. Bd3 R3e7 {Auf 22…Txe1
folgt 23.Lxf5+ mit ähnlichen Folgen.} 23. Rxe7 Rxe7 24. Re1 Rg7 25. Bxf5+ gxf5
26. h3 $18 {Das Endspiel ist wegen des Doppelbauern nicht zu halten.}) 22…
Bd7 $11 23. Rad1 Nf7 (23… R8e4 $5 {wurde nach der Partie für stark befunden,
um nach Sf7 sofort das Feld e5 zur Verfügung zu haben. Weiß kann weder Lf3
noch Ld3 ziehen, da nach Txe1 der Sd4 hängt. Der Zug fiel mir leider erst
NACH Sf7 ein und wird nun von Weiß verhindert (Ernst).} 24. c5 $1 {Stockfish}
Kb8 25. Rb1 (25. Rd2 Bg4 26. h3 Bxe2 27. Rdxe2 Rxe2+ 28. Nxe2 Rc4 $13) 25…
Nf7 26. Nf3 f5 $11) 24. Bd3 $11 {mit Remisangebot, welches ich annehme. Nach
dem Turmabtausch auf e1 ist die Stellung völlig ausgeglichen (Ernst).} 1/2-1/2

Hier war also etwas Glück im Spiel. Aber es soll nicht verschwiegen werden, dass Franz im 11.Zug bereits die Möglichkeit hatte, großen Vorteil zu erlangen. Die Punkteteilung geht daher insgesamt in Ordnung.

Kuchemüller – Grade (r.): entnervend glücklos

Der Hollager Carsten Grade kam zu seinem zweiten Saisonsieg und damit auf 50%, aber seine Glücksressourcen dürften komplett aufgebraucht sein, denn Uwe – natürlich mit dem g-Bauer! – spielte den Hollager glatt an die Wand und hatte streckenweise eine +7-Gewinnstellung auf dem Brett.
Warum gewinnt man das nicht? Weil Schach kompliziert ist.

[Event „Bezirksliga 2017/18“]
[Site „Hellern“]
[Date „2018.02.25“]
[Round „6.6“]
[White „Kuchemueller“]
[Black „Grade“]
[Result „0-1“]
[ECO „B12“]
[WhiteElo „1740“]
[BlackElo „1621“]
[Annotator „Thal“]
[SetUp „1“]
[FEN „2r2rk1/4nppp/1nq1p3/1p1pPP2/3B2P1/PN3RQ1/2P4P/2R3K1 b – – 0 27“]
[PlyCount „17“]
[EventDate „2018.??.??“]
[EventType „team-tourn“]
[EventRounds „9“]
[EventCountry „GER“]
[SourceDate „2015.09.05“]
[SourceVersionDate „2015.09.05“]
[WhiteTeam „SV Hellern II“]
[BlackTeam „Rochade Hollage“]
[WhiteTeamCountry „GER“]
[BlackTeamCountry „GER“]

27… Nd7 {Eine erstaunliche Stellung. Scheinbar sieht es gut aus für Weiß,
aber die schwarzen Figuren stehen gut, während Weiß das Handicap hat, den
Bc2 decken zu müssen. Wie der Springer b3 ins Spiel kommt, ist auch nicht
klar.} 28. Qh4 $3 {Intuition oder Rechenkunst? Uwe spielt tatsächlich den
stärksten Zug! Der Vorstoß f5-f6 ist mega-komplex, könnte vielleicht aber
am Brett funktionieren. Laut Engine gibt es Vorteil für Weiß, aber nichts
Forciertes.} Rce8 $2 {Danach ist Stellung haushoch für Weiß gewonnen.} (28…
f6 {war die einzige Verteidigung.}) 29. Rh3 $18 {gewinnt auch.} (29. f6 $1 {
Jetzt geht er!} Ng6 30. Qh5 h6 (30… gxf6 31. Rh3 {nebst Matt.}) 31. Rcf1 Qxc2
32. fxg7 Kxg7 33. Be3 $18 {Das ist eine +7-Gewinnstellung.}) 29… h6 30. Qh5
$2 ({Und erneut gewinnt} 30. f6 $1 Ng6 31. Qf2 Kh7 32. g5 $1 $18) 30… exf5 $2
({Stattdessen glich} 30… f6 $1 {aus:} 31. Rc3 Qa8 32. fxe6 Nxe5 33. g5 g6 34.
Qxh6 Nf5 35. Qh3 Rxe6 36. gxf6 Nxd4 37. Nxd4 Rexf6 $11) 31. gxf5 {mit erneuter
Gewinnstellung.} f6 32. e6 {ist auch sehr stark.} (32. Rc3 $1 Qa8 33. e6 Ne5
34. Kh1 Kh8 35. Rg1 $18 {und nach} N7c6 {setzt Weiß Matt:} 36. Rh3 Qb7 (36…
Nxd4 37. Qxh6+ gxh6 38. Rxh6#) 37. Be3 $1 {nebst Matt.}) 32… Ne5 33. Nc5 Rc8
34. Be3 $2 (34. Rg3 {gewinnt: Weiß spielt Kh1 und verdoppelt die Türme in
der g-Linie.} Kh7 35. Kh1 Rg8 36. Rcg1 Qe8 37. Qh3 Qf8 38. Be3 $18) 34… Qe8
$1 $11 (34… d4 $1 35. Bxd4 Qd5 36. Nb3 Nc4 $11) 35. Qh4 $2 (35. Qxe8 Rfxe8
36. Rf1 Nc4 $11) 35… Nxf5 $19 {Der Hollager hatte die Stellung komplett
gedreht und spielte den Rest technisch sehr gut zu Ende. An diesem Tag wollte
einfach nichts klappen.} 0-1

Klar, dass Uwe danach nicht gut aufgelegt war. Analysiert man die Partie mit Stockfish, einer Engine, die eine ELO von fast 3500 hat, scheint alles einfach zu sein. Manchmal auch nicht. Aber diese Stellung wäre auch für Spieler unserer Ersten eine Herausforderung gewesen. Eine ziemlich große sogar.

Jürgen Grosser – Hawighorst: der Vorposten wurde verschont

Wie kollektives Pech im Einzelnen funktioniert, zeigte auch Jürgens Niederlage gegen Michael Hawighorst. Der Hollager spielt eine starke Saison und hat nach dem gestrigen Erfolg eine 75%-Quote. Gegen Jürgen hatte er auf e4 einen Vorposten eingenistet, der einen fragilen Eindruck machte. Frage: Konnte man den mit f2-f3 erobern? Jürgen entschied sich anders.

[Event „Bezirksliga 2017/18“]
[Site „Hellern“]
[Date „2018.02.25“]
[Round „6.4“]
[White „Grosser, J.“]
[Black „Hawighorst“]
[Result „0-1“]
[ECO „E19“]
[WhiteElo „1872“]
[BlackElo „1720“]
[Annotator „Thal“]
[SetUp „1“]
[FEN „1r1q2k1/p1p1b1p1/1p2p2p/2PpPprP/1P2b3/2B1Q1P1/P3PPB1/R2R2K1 w – – 0 20“]
[PlyCount „6“]
[EventDate „2018.??.??“]
[EventType „team-tourn“]
[EventRounds „9“]
[EventCountry „GER“]
[SourceDate „2015.09.05“]
[SourceVersionDate „2015.09.05“]
[WhiteTeam „SV Hellern II“]
[BlackTeam „Rochade Hollage“]
[WhiteTeamCountry „GER“]
[BlackTeamCountry „GER“]

20. c6 $2 (20. f3 $1 {leitet eine taktisch durchaus spektakuläre
Variante ein:} Rxg3 21. Be1 Rxg2+ 22. Kxg2 Bc2 23. Rdc1 Bg5 (23… Ba4 24. Bf2
$11) 24. Qa3 Bxc1 25. Rxc1 Ba4 26. Qxa4 Qg5+ 27. Kf1 Qxc1 28. Qxa7 Rf8 29. cxb6
cxb6 30. Qxb6 $11) 20… Bxg2 21. Kxg2 Rxh5 22. a4 Rg5 $17 0-1

Hier war die Variante das eigentliche Spaktakel. Jürgen verteidigte sich im weiteren Verlauf sehr zäh, aber der Hollager machte seine Sache technisch sehr gut und wickelte in ein gewonnenes Turmendspiel ab. Und das hatte nichts mit unserem Pech, sondern mit seinem Können zu tun.

Kamper – Thomas Grosser (l.): Ein Sieg war greifbar

Thomas hatte noch am ehesten die Chance auf einen vollen Punkt. Doch Frank Kamper widerstand der starken schwarzen Initiative.

29.Sd4!

Kurz vor 12:00 Uhr war Schluss. Stefan Ewert saß am längsten am Brett (Foto) – eine Partie, in der das Brett bis zum 29. Zug voll blieb. Keine Figur wurde getauscht, kein Bauer geschlagen. Ergebnis: Remis. Also wie bei Leipzig-Dortmund. Insgesamt ein verdienter Auswärtssieg für die Hollager. Hellern 3 muss nun damit leben, dass die Vierte in der Tabelle vorbeigezogen ist, aber vielleicht ist das ja ohnehin die bessere Mannschaft 🙂
Lassen wir die Frozeleien beiseite: Hellern 3 und 4 spielen eine starke Bezirksliga-Saison. Das zeigte auch der Erfolg der Vierten im Auswärtsspiel beim SC Fürstenau, der als Aufsteiger und nunmehr Tabellenvorletzter ernsthafte Abstiegssorgen hat. Dagegen hat Hellern 4 alle Chancen, den Vorjahreserfolg zu wiederholen (3. Platz), während für die Dritte der Wiederaufstieg nur bedingt eine Top-Priorität besaß.

Ergebnisse und Tabelle

Fotos: © Thal 2018