Nun ist es vorbei, das Bamberg-Open. Gewonnen hat es GM Tornike Sanikidze ungeschlagen mit 6 P (7) und einem halben Punkt Vorsprung auf das dichte Verfolgerfeld. Die Hellern-Delegation musste dagegen ihre Wunden lecken. 10 P aus 28 Partien war sicher nicht das, was man sich ausgemalt hatte. Aber nach dem Spiel ist vor dem Spiel und auch morgen hat das Brett noch 64 Felder. Zufrieden kann allein Jörg Stock sein, der mit 4½ fast die Hälfte der Punkte in die „Reisekasse“ eingezahlt hat.
Wüste Partien und andere Merkwürdigkeiten
A- und B-Open Runden 6-7
Über seine erste Niederlage in Runde 6 hat sich Jörg Stock geärgert. Aber Marco Rolf vom TV Fischbek Suederelbe hatte bereits fünf starke Runden gespielt – mitsamt einer fetten ELO-Performance. Jörg spielte als Nachziehender eine ziemlich klassische Variante der Nimzowitsch-Indischen Verteidigung, allein ein wohl unnötiger Läuferrückzug und ein weitere Ungenauigkeit führten dazu, dass er sich bereits in 24. Zug mit einem kaum haltbaren Endspiel abplagen musste.
Da der Verfasser aufgrund konkreter und empirisch begründbarer Erfahrungen davon ausgeht, dass alle Gewinnstellungen verzockt werden (na ja, vielleicht mit der einen oder anderen Ausnahme…), war es keine Überraschung für ihn, als dies auch geschah.
Jörg hatte nämlich tricky auf brutales Gegenspiel gesetzt und tatsächlich fand SF Rolf keine andere Lösung als seinen Läufer für einen leicht aufzuhaltenden Freibauern zu opfern. Trotzdem war T+L vs. T plus viele Bauern als andere als ein Spaziergang. Und am Ende entschied ein Fehler das Ganze und hätte Jörg nicht aufgegeben, wäre eine bizarre Stellung aufs Brett gekommen (s. Diagramm). Aber im Großen und Ganzen war der Sieg des Weißen durchaus o.K., auch wenn es anders hätte enden können.
Überhaupt war es ein grässliche Runde. Alle vier Helleraner verloren ihre Partien. Es war der vorläufige Tiefpunkt eines Turniers, das man wohl oder übel nicht schnell vergessen wird. Die nächste Runde sollte allerdings für eine Linderung der Schmerzen sorgen.
Zunächst sah es übel aus. Ich kann mich nicht daran erinnern, wann Jörg zuletzt so komplett überrollt wurde wie von Ediz Kocak (ELO 2080, DWZ 2126). Kocak ist die Nr. 1 der SG 1882 Fürth, die in der Regionalliga Nord-Ost zuletzt Dritter wurde. Jörgs Gegner befindet sich nicht nur ratingtechnisch im Höhenflug. 2017 wurde der 24-Jährige Bayerischer u20-Blitzmeister und legte in den Folgejahren in Sachen ELO steil und kontinuierlich zu. Jörg verwechselte die Züge und erlaubte sich damit einen fetten Fauxpas. Ähnliches hatten sich aber auch 2600er erlaubt! Kaum zu glauben, und sie verloren auch folgerichtig. Jörg war dagegen nicht zu Späßen aufgelegt und drehte eine -6-Stellung um 180 Grad!
Erfreulich war auch, dass Jaochim Rein in der letzten Runde seine erste Partie gewinnen konnte – und zwar gegen den Dänen Soren Moller Hansen (ELO 1945). Franz Ernst verlor leider und beendete das Turnier mit einer ‚Großen Rochade‘. Im B-Turnier verlor Andre Böhme seine insgesamt dritte Partie.
Die Bilanz in Zahlen:
- Jörg Stock: 4½ P (7), +3 =3 -1, Platz 19 (Startrang 29), ELO-Performance: 2123 (-12).
- Franz Ernst: 1½ P (7), +1 =1 -5, Platz 123 (Startrang 104), ELO-Performance: 1838 (-12)
- Joachim Rein: 1½ P (7), +1 =1 -5, Platz 124 (Startrang 102), ELO-Performance: 1649 (-48)
- Andre Böhme: 2½ P (7), +1 =3 -3, Platz 102 (Startrang 7), ELO-Performance: 1473 (-46)
Im A-Turnier waren Joachim und Franz nicht die einzigen Pechvögel. Zahlreiche starke Spieler im Bereich 2000 waren ebenfalls übel unter die Räder geraten und zum Teil hatten sie nach 3-5 Runden ihre Koffer gepackt. Im B-Turnier wurde sogar der an 1 gesetzte Spieler nach drei Runden offenbar krank, denn nach einem Start mit 1 P (3) ward er nicht mehr gesehen.
Bleibt also zu hoffen, dass alle das Turnier gut wegstecken werden und unterm Strich trotzdem Spaß am Spiel hatten. Die abendliche Geselligkeit ist garantiert nicht unter die Räder geraten.
Fotos: © 2022 Petra Wolf (SC 1868 Bamberg)