12. Gütersloher Sparkassencup: Hartmut Weist gewinnt C-Open

Das sei wohl der größte Erfolg seiner Laufbahn. So schätzte Hartmut seine sportliche Ausnahmeleistung im Gütersloher C-Open ein. Der Turniersieg allein ist schon klasse, das Ganze aber mit 100% abzuwickeln, machte daraus ein Spektakel. Alexander Travica und Dominik Suendorf waren auch angereist. Dominik zeigte, wie man als Letzter der Startliste in der Spitzengruppe landen kann. Viel gewinnen ist dabei hilfreich.

Schach ist nicht Fußball

Hartmut Weist (Archivfoto)

Für alle, die die Bedeutung von 100 Prozent nicht verstehen (ist auch nicht leicht, wenn Fußballer davon schwafeln, dass sie 120% raushauen würden), dem sei erklärt: Hartmut hat nicht viele oder die meisten Partien gewonnen. Nein, er hat sie alle gewonnen. Jede Einzelne. Gut, man kann ihm vorwerfen, dass er nicht 6 P aus 5 Partien geholt hat, aber Schach ist nicht Fußball. Dazu später mehr. Zunächst aber zu einer Traditionsveranstaltung, die in die 12. Auflage ging und wieder einmal Scharen von Spielern angezogen hat: in der saustarken A-Gruppe 44, in der B-Gruppe 40 und in der C-Gruppe gar 61. Dazu gab es eine Kindergruppe mit 22 Lernwilligen. Fotos von der Veranstaltung kann man hier sehen, unsere Hellern-Delegation hat keine gemacht.

C-Gruppe

Hellern hatte drei Vertreter abgestellt: Dominik Suendorf (A-Gruppe), Alexander Travica (B-Gruppe) und Hartmut Weist (C-Gruppe). Zunächst die C-Gruppe. Hartmut war komplett im Berserker-Modus. Doch anders als bei Lichess bedeutete dies nicht, dass er auf die Hälfte seiner Bedenkzeit verzichtete. Vielmehr haute er alles um, als gäbe es kein Morgen mehr. In der letzten Runde traf er dann auf den punktgleichen und an 1 gesetzten Marco Payes – und beide hatten reichlich Verfolger im Nacken, die auf ein Remis warteten. SF Payer wollte unbedingt gewinnen – verständlich -, allerdings glaubte er, das er dafür keine Rochade braucht. Ein GM kann sich das erlauben, Amateuren sollten sich dieser Tortur nicht unterziehen. Es war nämlich eine, wie die Partie zeigt.

Alternativer Nachspiellink
Quelle: Gütersloher Schachverein
Quelle: Gütersloher Schachverein

Mit einer ELO-Performance von 2138 hatte Hartmut einen Zugewinn von 64 Punkten erreicht. Chapeau!

Gruppe B

Hier war Alexander Travica unterwegs. Er war an 10 gesetzt und wurde 7. Ein gutes Ergebnis. Partien liegen leider nicht vor.

Quelle: Gütersloher Schachverein

Mit einem Plus von 20 Ratingpunkten gelang Alexander der Sprung über die 1800er-Marke.

Gruppe A

Kommen wir noch einmal zum flotten Spruch „Schach ist nicht Fußball“. Alle haben sich auf die Schenkel geklatscht, als angeblich Lukas Podolski den Oneliner „Fußball ist wie Schach, nur ohne Würfel“ hellsichtig von sich gegeben hatte. Angeblich soll unser ehemaliger Fußball-Nationspieler das nicht gesagt haben, sondern ein Comedian. Aber egal.
Ein anderer Philosoph, nämlich Felix Magath, hatte folgende Einsicht: „Das Schachspiel finde ich faszinierend, weil es ohne Zufälle auskommt. Alles hat seinen Grund, jede Aktion eine Begründung.“
Nein, das ist ein Mythos. Keine andere Sportart wird so sehr von Zufällen, irren Einfällen und genialen Heldentaten ohne Begründung  geprägt wie das Schachspiel. Wenn man unseren Ex IM Lingnau nach der Begründung für einen seiner Züge gefragt hat, zuckte der mit den Achseln und sagte: „Das sieht man doch!“
Gut, andere hatten das nicht gesehen, sonst hätten sie nicht gefragt. Aber alle staunten sie mit offenem Mund, wenn unser Ex-Brett 1 mal wieder gezaubert hatte, als säße das leibhaftig Numinose am Brett (eine unbegreifliche, zugleich Vertrauen und Schauer erweckende Macht). Denn Carsten hatte einen Plan, nur gab er das nicht zu.
Nicht wenige Schachspieler hangeln sich dagegen von Zug zu Zug und wenn man dann Stockfish anschmeißt, hat man den Eindruck, dass sie im Geiste gewürfelt hatten, um ihre Züge zu finden. Vor diesem Hintergrund ist Podolski oder wer auch immer hellsichtig gewesen. Immerhin entdeckte er die Bedeutung des Würfels für das Spiel auf den 64 Feldern 🙂

Was hat das mit Dominik Suendorf zu tun? Nichts.
Na ja, ein wenig schon, denn Dominik ist wie der Joker aus den Comics: er produziert Chaos, aber nicht in Gotham City, sondern auf dem Brett, wohlwissend, dass seine Gegner irgendwann nicht mehr nach Begründungen suchen, sondern nur noch ziehen. Und sich dem Zufall überantworten. Und dann kommt Dominiks Momentum und einer seiner Genieblitze sorgt für die Entscheidung.
In Gütersloh war er auf der Start-/Rangliste Letzter. Und er besaß die Unverschämtheit, sich durchs Turnier zu prügeln und geprügelt zu werden. Ersteres etwas häufiger. Und das katapultierte ihn das am Ende auf Platz 10. In einem Turnier, das ähnlich stark besetzt war wie Bamberg! But: Don’t talk about Bamberg.

Seine Punkte erzielte Dominik nicht gegen Nobodys. Vielmehr hatte er drei Titelträger (FM Holtel, FM Hahn und CM Stotyn) vor der Brust – einen haute er um. Einen bekannten Spieler aus einem unserer Nachbarvereine. Und hinter ihm reihten sich zahlreiche starke Spieler ein, u.a. Ivan Ramirez Marin (OSV).

Quelle: Gütersloher Schachverein

Auf dem 22. Tabellenplatz gibt es den nächsten Spieler <2000.
Dominiks Performance DWZ: 2208, DWZ neu: 1877; Performance ELO: 2151, ELO neu: 1824. Beide Auswertungen gibt es hier.

Nun noch vier garantiert wüste Arbeitsproben.

(Das Auswahlmenü erreicht man durch einen Klick auf die Pfeile)

 

Fotos: © Hellern-Archiv 2022