Mit einem überzeugenden Mannschaftserfolg bei der Vierten der SK Nordhorn-Blanke holte die Vierte bereits die Mannschaftspunkte 6 und 7 und bleibt trotz des harten Programm in der ersten Saisonhälfte – alle Top-Mannschaften haben wir nun gesehen – vorne dran. Die sympathischen Nordhorner, die uns in der vergangenen Saison noch gnadenlos abgekocht hatten, müssen dagegen die Meisterschaft wohl abschreiben.
Den kurzfristigen Ausfall von Felipe Santos konnte Mannschaftsführer Joe Santos einmal mehr durch einen erfolgreichen Anruf bei einem der Mehr-Als-Ersatzspieler kompensieren: Stefan Ewert sagte zu, um am Samtstag Schach zu spielen, bevor er am Sonntag den Oberliga-Wettkampf in Oldenburg (gegen Werder Bremens Zweite) leiten würde. Die Papierform wies auf einen sehr engen Wettkampf, denn während wir an den hinteren drei Brettern klare DWZ-Vorteile hatten, sah es an drei der ersten fünf Bretter umgekehrt aus (Quelle: nsv-online.de):
Dennoch war der Wettkampf bereit kurz nach der Zeitkontrolle um 20:00 Uhr nicht nur entscheiden, sondern an allen Brettern beendet. Dies war allerdings kein Indiz für viele friedliche Remis, wie man an den Einzelergebnissen sehen kann, sondern im Gegenteil Beleg für taktische Schläge an fast allen Brettern.
Kurioser Beginn des Wettkampfs an Brett 7: Martin Rothes Gegner verspätete sich, war aber wohl vor allem indisponiert, denn die Partie war nach einer guten Stunde vorbei. Hajo Bade musste sich sogar vergewissern, ob sie tatsächlich gespielt wurde, so schnell ging es. Wie sie endete, ist (mir) leider nicht überliefert worden. Dafür hatte Martin Zeit, kuriose Fakten über eine andere Partie beizutragen – siehe unten.
Danach waren es wohl Joe Santos und Stefan Ewert, die ihre Partien als nächste beendeten. Stefan machte Remis – keine Ahnung wie. Joe (danke für die Mail mit dem „Stoff“ für den Bericht!) hatte eine ziemlich unübersichtliche Stellung (linkes Diagramm) auf dem Brett, in der er objektiv (jaja, die Engine, die alte Spielverderberin) gar nicht gut stand. Aber was zählt ist auf’m Brett (Kommentar Joe Santos): Weiß will den schwachen b6-Bauern erobern, ohne den eigenen d-Bauern zu verlieren. 24. Sc4 Td8 25. Lxc6+ bxc6 26. Sxb6. Geschafft, aber zu welchem Preis? [Zwischenruf der Engine: Sxb6 ist bereits der Verlustzug! Weiß muss zuerst mit f3 die weißfeldrige Diagonal zummachen!] 26. … Le4! -+. Der Läufer wird bärenstark. 27. f4 Th1 28. Kf2 Lh4+ 29. Ke2 Th2+ 30. Kf1 Lg3! Ignoriert den b-Bauern, hier muss mehr drin sein. 31. Sc4 Ke7 32. Se5 Tdh8 33. Td2 Th1+ 34. Lg1 (rechtes Diagramm) 34. … Txg1! und der Turm ist tabu wegen Th1 Matt.
Ein schöner Sieg von Joe und eine beruhigende 2,5:0,5 Führung für uns. An den Brettern sah es ebenfalls gut aus: Jens Gausmann stand prima (jedenfalls sah es so aus), ich (Robert Gillenkirch) besser, Hajo Bade hatte vielversprechenden Angriff, Norbert Schütt eine seiner üblichen verschachtelten Stellungen auf dem Brett (also kein Anlass zur Sorge) und Jürgen Grosser zur Abwechslung keinen Vorteil aus der Eröffnung heraus geholt, dafür aber ein Licht am Horizont entdeckt (linkes Diagramm): Hartmut Stinn spielte nun das objektiv wohl beste, aber riskante 14. … dxc4!?, wonach Jürgen mit 15. Sxd7 Kxd7 den schwarzen König in der Mitte hielt.
Und dies wurde dem Nordhorner am Ende zum Verhängnis, denn wenige Züge später (16. Dxc4 Tac8 17. Tad1+ Kd7 18. De4 Tc2? 19. a3! Txb2 20. Sc5!) wurde es nach zwei ungenauen Zügen des Schwarzen ungemütlich für ihn (rechtes Diagramm): 20. … Sc6? 21. Td7+ Ke8. Nun hätte 22. Txb7 sofort gewonnen, denn nach 22. … Dxc5 23. Dxc6+ Dxc6 24. Lxc6+ muss der schwarze König auf der 8. Reihe bleiben und Schwarz spielt auf einige Zeit mit einem Turm (auf h8) weniger. Jürgen dagegen sah keinen forcierten Gewinn und entschied sich für 22. Sa4?. Nun war ein weiterer Fehlgriff des Schwarzen nötig, aber der kam zum Unglück für Hartmut Stinn (22. … Db5 23. Txb7 Dxb7 24. Sxb2 Kd7? 25. Td1+ Ke7 26. Sc4 und Schwarz verliert den Sc6). Ein nicht wie gewohnt souveräner Erfolg für Jürgen, aber er wird lieber eigentlich verdorbene Stellungen gewinnen als wie gegen Hagen eigentlich gewonnene Stellungen unwiederbringlich verderben.
Martin Rothe steckte mir am Ende des Wettkampfs einen Zettel zu: „2h37m: die zweite weiße Figur wagt sich in die gegnerische Hälfte. 2h47m: erster Figurenabtausch“. Ein etwas gemeiner Kommentar, zugegeben, aber die reine Wahrheit, denn Norbert Schütt und Tom van Akkeren ließen sich bereits in der Eröffnung sehr viel Zeit.
In der linken Diagrammstellung nun verjagte Norbert den schwarzen Turm mit 19. Sd3, nur um sich nach 19. … Tc8 zu sagen, dass der Springer auf e5 gehört. Und der Nordhorner? Will nach 20. Se5 offenbar kein Remis (20. … Tc5), nur um mit 20. … Ld6 seine Bauernstruktur zu ruinieren. 21. Lxf6 gxf6 22. Sg4+-. Aber es war ein zweites Versehen des Nordhorners notwendig, damit die Partie endgültig entscheiden wurde, und ausgerechnet dieses bestand in (rechtes Diagramm): 27. … Tc5? 28. a4 Tc4? 29. Sxf5 Txa4 30. Sc7 und Schwarz verliert Material.
Über Jens Gausmanns Partie kann ich leider wenig berichten. Jens hatte im damenlosen Mittel- bzw. Endspiel Druck am Damenflügel aufgebaut, aber sein Gegner drückte dafür am Königsflügel und konnte dort auch durchbrechen. Das Ende kam brachial: Jens sah ein matt, das keines war und ließ dafür einen gegnerischen Freibauern durchlaufen, wonach die Partie sofort entschieden war.
An den ersten beiden Brettern ging es sehr taktisch zu. Ich (Robert) war sehr gut aus der Eröffnung gekommen und konnte meinen Vorteil gegen André Kölber lange halten, bis ein taktisches Versehen meine Stellung jäh zusammenbrechen ließt. Einmal mehr ein verpasster halber oder gar ganzer Punkt. Aber diese Partie war nichts gegen das Spektakel an Brett 1: In der linken Diagrammstellung sagte sich Hajo: Ich sehe zwar keinen schnellen zwingenden Gewinn, aber das Qualitätsopfer muss gut sein. Also:
23. Txb7! Dxb7 24. Sg5 Da6. Das rettet Schwarz zunächst, denn nun ist nach 25. Lxa8 Dxa8 der Bauer f7 durch den Tf8 gedeckt, wenn Weiß Dh5 spielt. Den Turm auf a8 abzuholen ist nach 25. Sxh7! Kxh7 26. Lxa8 dennoch die beste Fortsetzung, weil mit Dd3+ im nächsten Zug der schwarze Springer auf d7 fällt. Aber Hajo gefiel es nicht, auf den Angriff mit dem starken Läuferpaar zu verzichten. Er spielte statt dessen 25. Le4?! und die schwarze Antwort 25. g6? gab ihm Recht, denn nach 26. Sxh7! bläst Weiß zum Sturm. Der aber flaute bald wieder ab, denn mit schwindender Bedenkzeit fand Hajo nicht die besten Fortsetzungen und landete schließlich in höchster Bedrängnis (rechtes Diagramm): Mike Kleine zog 36. … Txa1 und nun ist Weiß eigentlich mausetot. Aber was heißt „eigentlich“ mit wenigen Minuten auf jeder Uhr? Hajo gung aufs Ganze: 37. gxf7+ Kxf7? Der erste Fehler, es musste Dxf7 geschehen. 38. Df3! Nun muss Schwarz genau rechnen. 38. Lxd2? Das war zu viel, der Vorteil ist weg. 39. Dh5+. Nun hält nur Kf8 das Remis, aber statt dessen geschah 39. … Ke6? und nach 40. Df5+ Kf7 stand mit Erreichen der Zeitkontrolle fest, dass Schwarz matt gesetzt wird (41. Dh7+ Kf8 42. Dg7+ Ke8 43. De7 matt). Nach der verrückten Partie gegen Karsten Bertram (Hagen) der zweite Husarenritt unseres Spitzenbretts. Ein Fest für Fans!
In den nächsten beiden Runden gegen Veldhausen und die Zweite des OSV werden wir voraussichtlich noch einmal sehr enge Wettmäpfe sehen, bevor wir in den beiden Schlussrunden als klare Favoriten gegen Bersenbrück-Bramsche und Bentheim-Nordhorn antreten. Vorne in der Tabelle aber scheint das Rennen nach dem überraschenden Punktverluss der Zweiten der SG Osnabrück gegen OSV 2 wieder offen, denn Hollage ist auf einen Mannschaftspunkt herangekommen und spielt noch gegen die SG. Es wird spannend!