Mit einer 5-2-1-Formation mit der Speerspitze Alexander, einem offensiven Chemiker-Mittelfeldduo und einer 5er-Bulli-Abwehrreihe machten wir uns in Bestbesetzung auf den Weg ins Stadtteilzentrum Ricklingen, dort wird Kunst großgeschrieben. Eine halbe Stunde vor Spielbeginn erspähe ich eine Person auf dem Parkplatz, die ich dort um diese Uhrzeit niemals erwartet hätte: Alexander!!! Spätestens da hätte man erahnen können, dass an diesem Nachmittag etwas außergewöhnliches passieren könnte….aber der Reihe nach! Von einem spannenden Wettkampf berichtet Ingo Gronde in seinem Gastbeitrag.
Vor dem Spiel:
Ein Zitat Joseph Beuys („Jeder Mensch ist ein Künstler“!) am Eingang zum Spiellokal empfängt die Helleraner ebenso wie tausend Bilder, die mir mal wieder bewusst machen, wie wenig Eingang die Kunst abseits des Schachs in mich findet!
Vor Beginn werden vom Schiedsrichter dieses Mal neben den Handys auch die Smartwatches einkassiert, ein Novum für mich, sicherlich berechtigt, aber ab da musste ich leider ohne meinen geliebten Schrittzähler auskommen.
Die Partien:
Dann wurde angepfiffen und an den ersten beiden Brettern legten unsere Gegner erst einmal ein halbstündiges Nickerchen ein, bei mir nach drei Zügen in der französischen Abtauschvariante, bei Alexander nach fünf Zügen in der englischen Eröffnung. An den anderen Brettern waren relativ normale Eröffnungen zu bestaunen.
Ein Rundgang nach ca. 2 Stunden ließ aber bereits erahnen, dass uns heute nix geschenkt wird, wenngleich Tammo mit Weiß an Brett 5 seinen Gegner in der Nimzoindischen Verteidigung glatt überspielt hat, so dass dieser sich gezwungen sah, eine Figur zu opfern – bei recht vager Kompensation. Ein voller Punkt war dort also schnell eingeplant. Gefühlte fünf Minuten später sah zu meinem Erstaunen allerdings, dass die Gratulation nicht an Tammos gingen, sondern an seinen Gegner?! Was war passiert, hat Tammo Remis gemacht? Mitnichten, Tammo hatte leider ein Selbstmatt erfolgreich zum Abschluss gebracht, indem er durch den Zug Td1-d2 das vom Läufer auf c3 gedeckte Feld e1 seinem Schicksal überließ, wo prompt ein gegnerischer Turm auftauchte….kurz schütteln, weiter gehts! 0-1…
Nachdem mein Gegner für die ersten Züge unfassbar viel Zeit verbrauchte und dabei sehr kreativ spielte, waren meine Bedenken, dass es bei mir ob der Eröffnungswahl echt langweilig werden könnte, zerstreut. Schon nach 15 Züge war er im Inkrement gelandet und konnte so meinem Angriff auf seinen lang rochierten König nicht abwehren und es stand recht schnell 1:1.
Bei dem Blick auf die weiteren Bretter wurde mir aber wenig schwindelig, fast schon schlecht, denn einzig Alexander gab Anlass zur Hoffnung auf einen vollen Punkt, auch wenn der Gegner seine Figuren für den Gegenwert von 2 Bauern recht bedrohlich ausgerichtet hatte.
Jörg hatte sich in der Eröffnung irgendwie verkalkuliert und stand völlig hoffnungslos auf Verlust, einzig Läuferspiesse oder Springergabeln heizten die Phantasie nach was zählbarem noch an. Reinhold, Holger und Christian waren dagegen komplett die Gegenspiele abhandengekommen (Christian hatte als Gegenwert wenigstens einen Bauern, Reinhold und Holger hatten aber nix) und Locke hatte soeben einen wichtigen Bauern verloren. Wo also sollten die Punkte herkommen?
Ich ging also um meiner Gesundheit willen ein wenig frische Luft schnappen und als ich nicht viel später wieder zurück im Spielsaal war, traute ich meinen Augen nicht: Jörg hatte im Endspiel plötzlich eine Figur mehr, Holger war wie durch ein Wunder super aktiv und am Drücker und Locke hatte ein Damenmanöver gefunden, was man nicht alle Tage sieht: von b3 nach a3 nach e7 nach f6, um sich dann auf h6 zu opfern! Unfassbar kreativ, wie man das von Locke halt so kennt! Alexanders Gegner musste derweil seinem hohen Zeitverbrauch Tribut zollen und nach einem Figureneinsteller aufgeben. So stand es 2:1 für uns und an allen anderen Brettern wurde noch hart gefightet!
Reinhold nervte inzwischen seinen Gegner mit nicht aufhörenden Springerzügen und holte sich so irgendwie in der Zwischenzeit verlorene Bauern wieder zurück – mit einem Remis als Resultat – was man durchaus als glücklich bezeichnen kann. Christian warf auch den Rettungsanker und machte nach Generalabtausch Remis, zwischendurch hatte er gefühlt nur 6 Felder für seine 6 Figuren zur Verfügung, auf den er manövrieren konnte. Auch da war ich mit dem Resultat mehr als zufrieden – 3:2!
Holger gewann seine Partei dann durch seine wie von Geisterhand aktiv gewordenen Figuren sicher – 4:2!
Den Mannschaftssieg stellte dann Jörg durch ein Remis sicher, genau in dem Moment, als ich dachte, das er gewinnen wird. Aber der Gegner hatte gut bis zum Ende kalkuliert und Jörgs Fazit nach der Partie war: „Ein Sieg wäre auch nicht verdient gewesen“! Das könnte man eigentlich auch auf den gesamten Mannschaftskampf beziehen, der Sieg kam tatsächlich einem Wunder nah!
Locke holte nach sechs Stunden harter Arbeit auch noch seinen Sieg nach Hause, was für eine Partie!
Endstand: 5,5 – 2,5!!! Nach drei Stunden Spielzeit hätte ich keine müde Mark mehr auf uns gesetzt, aber speziell Holger, Reinhold, Christian, Jörg und Locke habe wirklich alles gegeben und die Partien gedreht! Chapeau, so kanns weitergehen!
Die Aussichten:
Mit diesem Sieg dürfte der Abstieg auch rein rechnerisch nicht mehr möglich sein. Der Aufstieg wird sich vermutlich erst am letzten Spieltag im direkten Duell zwischen Uelzen und Kirchweyhe entscheiden.
Das nächste Spiel unserer Ersten findet am 17.03. statt. Gegner in diesem Heimspiel wird der noch abstiegsbedrohte Hamelner SV sein. Die letzten Duelle waren immer sehr spannend und so wird es dieses Mal wohl auch spannend werden. Kiebitze sind herzlich Willkommen. In den letzten beiden Runden geht es nach Braunschweig und gegen Werder Bremen 3.
Was sonst noch geschah:
Kirchweyhe gewann das absolute Spitzenspiel des Tages in Nordhorn. Hier sassen insgesamt 14 Titelträger an den Brettern, darunter 4 Großmeister und 2 Internationale Meister. Hameln gewinnt 4,5 zu 3,5 gegen Delmenhorst und sammelt wichtige Punkte im Abstiegskampf. Uelzen festigt mit einem Auswärtssieg in Braunschweig den zweiten Platz.