Nachdem zuletzt die Runde 5 erledigt wurde, ging es nicht in die Sommerpause. Vielmehr standen vor dem Saisonende in der Oberliga noch die Runden 5 (gestern) und 6 (am 29.5.) an. Hellern trat beim Delmenhorster SK, dem aktuellen Wunderteam, mit einer Rumpftruppe an, die mit Spielern der 2. und 3. Mannschaft ergänzt wurde. Man tut, was nötig ist. So lagen der Redaktion bislang nur zwei Partien vor – aber wenigsten diese Arbeitsproben waren sehenswert. Mehr im Gastbeitrag von Jörg Stock.
Nichts zu holen in Wildeshausen
„Hä, wieso in Wildeshausen?“, wird sich der aufmerksame Leser fragen. Der Grund ist einfach. Der Oberliga-Nachholkampf der 5. Runde gegen den SK Delmenhorst wurde kurzerhand in den Heimatort des Schiedsrichters – nach Wildeshausen – verlegt.
Das hatte für uns durchaus Vorteile. Die Anreise war kürzer, die Fahrtkosten des Schiedsrichters konnten gespart werden und der Spielraum war von angenehmer Größe und durch eine meist offenstehende Außentür mit frischer Frühlingsluft jederzeit gut temperiert.
Leider mussten wir auf unser starkes Spitzenduo Hoffmann/Dr. Gronde verzichten, die sich in dieser Saison auf die wirklich wichtigen Kämpfe konzentrieren – mit sehr beachtlichen Ergebnissen. Zudem fehlte zum wiederholten Male auch Reinhold Happe. Mit Dominik Suendorf und Jonas Gernhardt feierten somit zwei Ersatzspieler jeweils ihren dritten Oberligaeinsatz. Dominiks Einsatz für die 1. Mannschaft ist besonders hervorzuheben. Zum einen spielte er sich nunmehr fest, zum anderen stellte er auch sich und sein Auto für die Anreise zur Verfügung. Beides ist – wie wir wissen – durchaus nicht mehr selbstverständlich.
Die Delmenhorster traten weitgehend mit der üblichen Truppe an, die damit immerhin bisher Platz 2 hinter der Übermannschaft vom Lister Turm erspielen konnte. So konnte es nicht überraschen, dass die Gastgeber an allen Brettern mehr oder weniger deutliche ELO/DWZ-Vorteile verzeichneten. An den meisten Brettern entwickelten sich gleich interessante und teils sehr scharfe Stellungen, so dass es zunächst nach einem ausgeglichenen und spannenden Wettkampf aussah. Nach rund zwei Stunden aber schien es doch so, dass bei unseren Recken nach der Sicherung des Klassenerhaltes in der letzten Runden die Luft etwas raus war, während die Delmenhorster scharf darauf waren, die Saison als Vizemeister abzuschließen.
Als Erster musste Tammo Lewin die Waffen strecken. In einer typischen leicht gedrückten Aljechin-Stellung opferte er für die Initiative mutig einen Läufer auf h3 und konnte tatsächlich durch einfallsreiches Spiel Druck auf den Gegner ausüben. Dieser blieb jedoch gelassen, behielt den taktischen Überblick und krönte die Partie mit einer hübschen Mattkombination.
Zähes Bemühen, ungewöhnliche Varianten
Hajo Bade bekämpfte mit den schwarzen Steinen zunächst erfolgreich die leichte Initiative des Gegners, stellte jedoch just im Moment seines eigenen Remisangebotes Material ein.
Dominik verpasste die eigene Rochade und wurde prompt auf der e-Linie taktisch ausgekontert. Trotz dem zähen Bemühen, die schwarzen Felderschwächen in der gegnerischen Königsstellung noch vorteilhaft zu nutzen, gelang dies letztlich nicht. Und so stand es 0:3.
Ich konnte in meiner Partie aus der sizilianischen Eröffnung heraus einen gewissen Druck auf die gegnerische Königsstellung ausüben. Mein Gegner verteidigte sich zunächst zäh und genau, was ihn aber sehr viel Zeit kostete. Letztlich fiel für mich nur ein Bauer ab. Zwei- bis dreimal fand ich nicht die beste Fortsetzung und die Stellung drohte im Remis zu versanden. Bei knapper Zeit konnte mein Gegner dann aber eine taktische Stellungsverschärfung nicht mehr angemessen parieren und mit einer kleinen Kombination gewann ich die Dame. Nach den vielen verpassten Chancen in dieser Saison ein kleines Trostpflaster.
Anm. d. Red.: Hier muss der verantwortliche Redakteur leider einschreiten, da er sei Jahren nicht mehr eine so gehaltvolle theoretische Bekämpfung der Drachenvariante gesehen hat. Den spektakulären 15. Zug fand nicht mal GM Huschenbeth in einer vor zwei Jahren gespielten Partie. Das war ein meisterlicher Vortrag, der selbstverständlich nicht vollständig veröffentlich werden kann, um Jörg nicht diese fürchterliche Waffe aus den Händen zu schlagen. Wir können nur hoffen, dass niemand diese Partie zu sehen bekommt 🙂
Holger Lehmann wurden mit einer eher ungewöhnlichen Variante, die offenbar im Onlineschach sehr beliebt ist, konfrontiert. Der Gegner opferte einen Bauern und hatte danach etwas Druck und Initiative. Holger blieb aber cool und konnte die Stellung mit einem Qualitätsopfer ausgeglichen halten, was mit baldigem Remisschluss besiegelt wurde.
Bei „Locke“ Hart brannte das Brett gefühlt schon nach dem 2. Zug. Beide Spieler gingen sehr aggressiv und kreativ zu Werke, Material spielte eine eher untergeordnete Rolle. Die Könige standen beide im Feuer. Die Partie wurde immer komplexer und die Zeit wurde immer knapper und irgendwann verlor Locke die Kontrolle und Übersicht im taktischen Gemetzel. Und so war der Kampf verloren.
Kurz danach erhielt Jonas ein Remisangebot. Er hatte mit den schwarzen Steinen eine sehr solide Partie gespielt und gefühlt immer leichten Vorteil. In der Schlussstellung war sogar ein Sieg möglich, da trotz Materialgleichheit aufgrund der schlechten Figurenstellung des Gegners eine Paralysierung möglich war, die wohl zwangsweise einen Bauern und in der Folge die Partie gewonnen hätte. Der erste halbe Punkt in der Oberliga ist aber gleichwohl ein großer Erfolg für Jonas.
Als Letztes lief noch die Partie am Spitzenbrett. In der Eröffnung war noch nicht allzu viel los. Nach und nach kam Christian Böttcher aber am Königsflügel unter Druck, was zunächst einen Bauern kostete und aufgrund der zusätzlich guten Position des Delmenhorsters sicher zum 2:6 Endstand vollendet wurde.
In zwei Wochen steht das letzte Nachholspiel in Hannover an. Bleibt zu hoffen, dass wir dann noch einmal eine schlagkräftige Truppe für ein versöhnliches Saisonende ans Brett bekommen.
Jörg Stock
Anm. d. Red.: Delmenhorst ist nach der überzeugenden Sieg in Runde 5 nun Tabellenzweiter. Der Lister Turm befindet sich nach dem klaren 5½-2½ mit nur sieben Spielern in einer vielversprechenden Position. Die Hannoveraner könnten theoretisch bei noch zwei auszutragenden Wettkämpfen beide verlieren und würden dennoch und wahrscheinlich über das Brettpunktverhältnis aufsteigen. Das werden sie sich aber nicht antun. NOH-Blanke feierte einen klaren Sieg gegen die SF Hannover und liegt bei 50%. Die SVG Salzgitter wird nach dem 2-6 gegen Hameln wohl Tabellenletzter bleiben – sie tragen ihr letztes Saisonspiel gegen den Lister Turm aus. Einen Paukenschlag gab es in Lehrte, wo der Gastgeber mit dem knappsten denkbaren Ergebnis Werder III schlug und den zwischenzeitlichen Höhenflug der Bremer stoppte. Hellern wird dagegen auch im Falle eines Sieges gegen die SF Hannover in der letzten Runde Drittletzter bleiben. Grund: Nur Salzgitter hat weniger Brettpunkte erzielt als unsere Erste. Das ist denkwürdig. 🙁