Mit dem 4:4 in Hameln hat die 1. Mannschaft lt. LigaOrakel den Klassenerhalt endgültig gesichert (verifiziert habe ich das nicht) und sogar die theoretische Aufstiegschance gewahrt (Rest gewinnen und 4:4 zwischen Lister Turm und Kirchweye). Die Wahrscheinlichkeit dafür liegt allerdings im Permyriad-Bereich (Jörg Stock).
Ausgeglichene und hart umkämpfte Partien
Die erste Überraschung brachte gleich die Aufstellung der Hamelner, waren diese doch in den ersten drei Runden immer mit den Brettern 1-8 angetreten. Diesmal fehlte das Spitzenbrett FM Bode, was natürlich grundsätzlich ein Vorteil sein sollte, allerdings war die Vorbereitung damit weitgehend für die Katz gewesen. Was schwerer wiegt, ist letztlich nicht eindeutig zu beantworten. Nominal waren wir auf jeden Fall dadurch an allen Brettern außer 6 und 8 favorisiert, so dass man zuversichtlich in den Wettkampf starten konnte. Nicht unerwartet entwickelten sich überall zunächst ausgeglichene und hart umkämpfte Partien.
Tammo hatte es mit dem selben Gegner wie in der Vorsaison zu tun und wieder beschlich die Kiebitze bei seinem f5-Aufbau gegen ein Damenbauernspiel ein leicht mulmiges Gefühl. Im Vorjahr geriet er in einen heftigen Königsangriff, konnte sich aber durch geschickte Verteidung ins Remis retten. Diesmal gelang ihm rechtzeitig Gegenspiel im Zentrum, was ihm möglicherweise sogar einen kleinen Vorteil einbrachte. Der Friedenschluss mit den schwarzen Steinen lag aber angsichts der ELO-Differenz ganz im Matchplan.
Ersatzmann Franz, der mit seinem Sieg in Tostedt bereits für Furore gesorgt hatte, kam recht aussichtsreich aus der Eröffnung. Für ein paar Bauernschwächen am Damenflügel bekam er mit einem Läufer auf der Diagonalen a7-g1 und einem Springer auf e4 sehr aktives Figurenspiel mit unannehmen Drohungen am Königsflügel. In der kritischen Phase setzte er – typisch Mensch – weiter auf Königsangriff, dabei hätte der vom Gegner angebotene Damentausch in Verbindung mit einem feinen Springermanöver die Qualität und sicherlich auch die Partie gewonnen.
In der kritischen Phase setzte er – typisch Mensch – weiter auf Königsangriff, dabei hätte der vom Gegner angebotene Damentausch in Verbindung mit einem feinen Springermanöver die Qualität und sicherlich auch die Partie gewonnen. Stattdessen wurde es sehr kompliziert bei knapper werdener Bedenkzeit. Zwar konnte Franz im taktischen Scharmützel dennoch die Qualtiät gewinnen, aber unter wesentlich schlechteren Umständen, so dass man sich auch hier letztlich auf Remis einigte. Auch wenn hier mehr drin war, bedeutete dies für uns ein weiteres Schwarz-Remis bei nomineller Unterlegenheit. Nachspiellink (von Franz sehr witzig kommentiert!)
Ingo ließ sich an Brett 2 auf eine scharfe Pirc-Variante ein. Für aktives Figurenspiel nahm er dabei einige Bauernschwächen in Kauf. Offenbar sahen beide Spieler hier aber ein dynamisches Gleichgewicht, das keiner so recht gefährden wollte. So kam es zum dritten Schwarz-Remis für uns.
… und dann kam auch noch die Uhr ins Spiel!
Und noch eine vierte Partie sollte vor der Zeitkontrolle zu Ende gehen. Reinhold musste sich an Brett 5 mit der Nimzoindischen Verteidigung auseinander setzen. Die Partie verlief zunächst im Gleichgewicht. Im Mittespiel gelang es Reinhold aber gewisse Drohungen gegen die schwarze Rochadestellung zu entwickeln. Allerdings wurde auch hier die Zeit für beide Spieler langsam knapp.
Unmittelbar vor einem taktischen Gewinnzug Reinholds nahm aber nun ein Versäumnis des Schiedsrichters möglicherweise entscheidenen Einfluss auf den Ausgang der Partie und in der Folge auch des gesamten Mannschaftskampfes. Der Schiedsrichter (sonst für seine äußerst penible Handhabung der Turnierordnung bekannt) hatte die erste Zeitkontrolle (der gleicher Fehler passierte auch an Brett 8, auch hier ist ein Einfluss auf den Partieausgang nicht auszuschließen) auf den 30. Zug eingestellt, was zur Folge hatte, dass die Uhr umsprang und plötzlich 10 Minuten fehlten, was naürlich zu einiger Unruhe und einem längeren Korrekturvorgang führte.
Die Konzentration war definitiv beeinträchtigt. Reinhold fand so den Gewinnzug nicht und nahm kurze Zeit später das Remisangebot des Gegners an. So stand es nach der Zeitkontrolle 2:2.
Knapp am Sieg vorbei
Eine kurze Bestandsaufnahme gab durchaus Anlass weiterhin auf einen Sieg zu hoffen. Zwar sah meine Partie sehr remislich aus und Christian stand eher schwierig, Carsten und Wolfgang dagegen hatten aber gewinnträchtige Positionen erspielt.
Ich hatte meinen Gegner mit einer ungewöhnlichen Eröffnungsidee überraschen können, was diesen auch zu längerem Nachdenken veranlasste und zu einem deutlichen Zeitvorteil für mich führte. Der Hamelner ließ sich aber nicht verführen, die angeboteten taktischen Geplänkel anzunehmen und spielte grundsolide. Auch aus einer leichten Iniative konnte ich kein Kapital schlagen. Letztlich eine unvermeidbare und gerechte Punkteteilung.
Christian spielte gegen die Französische Verteidigung einen königsindischen Angriff, der aber nicht so recht ins Rollen kam. Ein frühes Remisangebot hatte er sehr mannschaftsdienlich trotz aufkommender Stellungsprobleme abgelehnt.
In der kritischen Crunch-Time gab es die ein oder andere Chance und auch nach der Zeitkontrolle wäre vielleicht ein Remis noch möglich gewesen, letzlich aber mussten wir hier die Segel streichen.
Nachspiellink.
Wolfgang hatte sich mit einem eher passiven Caro-Kann-Aufbau rumzuschlagen. An beiden Flügeln schaffte er sich Raumvorteil mit aufziehenden Bauern. Diesen konnte er sehr konsequent ausbauen und angesichts starker Drohungen gegen den König konnte sich sein Gegner nur noch mit Figurenopfer retten.
Das anschließende Endspiel war gewinnträchtig, aber durchaus nicht trivial.
Wolfgang spielte sehr genau und erkannte auch den richtigen Gewinnplan. Angsichts der knappen Restbedenkzeit und nachlassener Konzentration nach 5-stündiger Spielzeit wollte er aber letztlich kein Risiko mehr eingehen und gab die Stellung Remis. Nachspiellink.
Carsten konnte aus einer katalanischen Position heraus im Mittelspiel einige Drohungen gegen den schwarzen König aufbauen. Der Gegner verteidigte sich aber geschickt und hartnäckig, dennoch gelang es Carsten einen Mehrbauern mit ins Endspiel zu nehmen. Zusammen mit einem aktiven König und dem besseren Läufer führte er diesen dann technisch gewohnt sicher zum vollen Punkt. Nachspiellink.
Homogen und stabil
Auch wenn diesmal mehr drin war und ein Sieg verdient gewesen wäre, präsentiert sich die Mannschaft weiter sehr homogen und stabil. Nur 5 der 32 Einzelpartien gingen verloren. Kein Spieler hat bisher mehr als einmal verloren. Einstellung und Kampfgeist stimmen.
Zudem konnten zwei Serien fortgesetzt werden. Die eingesetzten Ersatzspieler sind weiter ungeschlagen und das Team hat mit Hartmut Weist als Fahrer noch nicht verloren. Daher wurde auf der Rückfahrt auch der Vorschlag ernsthaft diskutiert, dass Hartmut nunmehr auch die Anreise zu den Heimspielen übernehmen sollte. Die zweite Saisonhälfte kann auf jeden Fall gelassen angegangen werden (Jörg Stock).
(Anm. d. Red.: Eine aufschlussreiche und gute Nachlese findet man auch auf der Website der Gastgeber: „Das Wunder von Hameln„.)
Fotos: Hellern-Archiv 2017-2019