Zunächst die schlechte Nachricht: Laut LigaOrakel steht der Abstieg unserer Zweiten mit 97,9 nach der 3-5-Niederlagen beim Osnabrücker Schachverein so gut wie fest. Die gute Nachricht: Mit einer Restchance von 2,1% darf man nun völlig unbelastet aufspielen. Alles ist erlaubt. Wie Franz Ernst das sieht, kann man im folgenden Gastbeitrag nachlesen.
Heißt das von der ersten Mannschaft siegen lernen? In diesem Sinne sollen auch an dieser Stelle zunächst einmal im Vorfeld einige Zahlen und mögliche Zusammenhänge präsentiert werden. Zwar spielen DWZ-Zahlen kein Schach, ein gewisser Zusammenhang zwischen den DWZ-Zahlen, der Spielstärke und der Gewinnerwartung ist dann allerdings doch statistisch festzustellen. Das kann man sogar hoch offiziell nachlesen, und zwar in der DSB-Wertungsordnung, hier unter Ziff. 4.5 „Die Gewinnerwartung“, Anhang 2.1.
Niederlagen lassen sich berechnen
Der OSV brachte am 3. Spieltag in der Landesliga insgesamt 16.106 DWZ-Punkte an die acht Bretter, was einem Durchschnitt von 2013 entspricht. Wir dagegen mussten uns mit 15.146 Punkten begnügen, was einen Durchschnitt von 1.893 repräsentiert. Im Durchschnitt lagen wir somit 120 Punkte hinten. Bei einer derartigen Differenz besteht nach der oben erwähnten DSB-Wertungsordnung eine Gewinnerwartung des DWZ-Stärkeren von 66 %, diese ist also ca. doppelt so hoch wie die des DWZ-Schwächeren.
Ganz den Kern treffen solche Durchschnittsbetrachtungen natürlich nicht, so war beispielsweise Dominik an Brett 7 von der DWZ-Zahl sogar favorisiert, und allgemein bekannt ist ja, dass Prognosen ein schwieriges Geschäft sind, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen…
Konkret mussten wir leider wieder einmal ersatzgeschwächt antreten, da Wolfgang, Locke und Arsim nicht zur Verfügung standen. Der OSV musste urlaubsgedingt Gerd Müller ersetzen, was allerdings mit Nenad Bonacic gut gelang (und sogar noch ein DWZ-Plus von 14 Punkten für die Mannschaftsaufstellung brachte).
Trotz der nominellen Favoritenrolle der Gastgeber hatten wir uns durchaus etwas ausgerechnet, zudem mussten wir gewinnen, um den drohenden Abstieg aus der Landesliga zu verhindern. Es ging auch ganz gut los. Stephan am Brett 1 zeigte sich wieder einmal theoretisch exzellent vorbereitet und konnte relativ schnell eine Stellung herbeiführen, die weder ihm noch seinem Gegner Dirk Hummel große Aussicht auf Erfolg bot. Logische Folge hieraus war ein leistungsgerechtes Remis.
Leider musste an Brett 8 recht schnell Jürgen Grosser aufgeben, dem gegen Nenad Bonacic ein taktischer Fehler unterlief, der ihn zur sofortigen Aufgabe zwang.
Patrick Meyjohann an Brett 2 und Joachim Rein an Brett 4 mussten sich mit den starken Gegnern Paul Wielebinski und Lukas Schiermeyer auseinandersetzen, beide mit Schwarz in gedrückten Stellungen mit jeweils einem Bauern weniger, und konnten trotz allen Kampfgeistes diese Stellungen nicht mehr halten. Lukas Schiermeyer fand in der Diagrammstellung 15.Lxe7 Dxe7 16.exd5 exd5 das hübsche Opfer 17.Sxd5 und gewann einen Bauern.
Der Zwischenstand nach vier entschiedenen Spielen lautete daher 0,5-3,5 aus unserer Sicht. Dass es spannend blieb, war zunächst Dominik Suendorf an Brett 7 und Alexander Travica an Brett 6 zu verdanken.
Geben und Nehmen, Hauen und Stechen
Dominik konnte nach einem wüsten taktischen Handgemenge die Vorzüge seiner Stellung recht schön zur Geltung bringen und seinen Gegner Bernd Meyer zur Aufgabe zwingen. (Anm. d. Red.: Das geschah allerdings in einem Spektakel, das auch die abgebrühten Redakteure unserer Website sprachlos machte. Und das will was heißen…) Nachspielink
Auch Alexander schien klar auf Gewinn zu stehen, da er nach einer nicht optimal verlaufenden Eröffnungsphase im Mittelspiel seinen Gegner Sven Ellerbrake überspielen und in der g-Linie einen scheinbar siegbringenden Angriff initiieren konnte. Wie es Sven dann gelang, noch ins Remis zu entschlüpfen, habe ich leider nicht mitbekommen, jedenfalls konnte er Dauerschach geben. Bei zwei noch ausstehenden Partien stand es somit 2:4 gegen uns.
Michael „Stipi“ Benning an Brett 5 hatte eine etwa ausgeglichene Stellung mit Springer gegen Läufer und vielen Bauern auf beiden Seiten zu bespielen, ein Remisangebot seines Gegners Geert Veldhuis wurde notgedrungen abgelehnt, offenbar zu recht, denn im Anschluss konnte Michael einen Bauern gewinnen.
Der Berichterstatter an Brett 3 hatte nach interessanter Eröffnungsphase nicht sauber genug gerechnet und fand sich in einer objektiv klar verlorenen Stellung wieder, die allerdings noch diverse taktische Möglichkeiten für beide Spieler bot. Zu gewinnen war diese Partie zum Ende hin allerdings nur, wenn sein Gegenüber Hans-Joachim Wöstmann partout selbst gewinnen wollte und die Stellung überziehen würde. Nach einigen Versuchen, mit Schachgeboten den weißen König schlecht zu stellen, gab Wöstmann schließlich Dauerschach und sicherte damit den Mannschaftssieg für die Gastgeber. Nachspiellink.
Michael stand vermutlich zwischenzeitlich mit einem Bauern mehr auf Gewinn, ließ diesen dann aber zu schnell ohne die notwendige Unterstützung vorpreschen, so dass auch an Brett 5 letztendlich ein Unentschieden vereinbart wurde. Damit hatten wir mit einem Gesamtergebnis von 3:5 leider auch den dritten Mannschaftskampf verloren.
In der derzeitigen Konstellation wird der Klassenerhalt somit äußerst schwierig werden. Vielleicht können wir ja am nächsten Spieltag, der bereits am 08.12.2019 bei uns in Hellern stattfindet, gegen die Lagerhallenspieler etwas Zählbares erreichen. Bekanntlich stirbt ja die Hoffnung zuletzt.
Franz Ernst
Fotos: ©Hellern-Archiv 2017-2019