Hätten Besucher dieses Turniers das Finale im Kino gesehen, dann hätte die Hälfte etwas über den ‚Master of Suspense‘ gemurmelt, die andere Hälfte hätte das grandiose Finale als billigen Trick abgetan: zu unrealistisch, gibt’s im echten Leben nicht! Denkste.
Starkes Teilnehmerfeld
Der Chronist war angenehm überrascht, als er den Turniersaal betrat. Nicht nur etliche Spieler unserer Oberliga-Mannschaft hatten Flagge gezeigt, auch der immer gern gesehene IM Alexander Kabatianski (Foto) hatte sich angemeldet. Mit dabei war auch Wolfgang Andre, der frischgebackene Nds. Landesmeister im Bltzschach der Senioren. Spannend würde es also werden, allerdings schien es ausgemachte Sache zu sein, dass sich ein harter Kampf zwischen Kabatianski und FM Hannes Ewert entwickeln würde.
Daraus wurde zunächst nichts, da sich Hannes zwei Nullen leistete: in Runde 2 gegen Wolfgang Andre und als Zugabe noch gegen Martin Hart in Runde 3. Alexander Kabatianski gewann dagegen seine ersten vier Partien, ehe er gegen Jörg Stock ein halbes Pünktchen einbüßte. Der startete mit 3 (4) und hatte sich nach der Punkteteilung erst mal aus der Spitzengruppe verabschiedet. Auch Hannes war eigentlich weg vom Fenster. Doch aufgemerkt: Das Wort ‚eigentlich‘ ist eigentlich ein Unwort…
Auf jeden Fall entwickelte sich ein munteres Turnier…
Das Chaos begann in Runde 7
Vor der 7. Runde sah alles nach einer One-Man-Show des stark spielenden IM Kabatianski aus, der mit 5½ P vor Stock (4½) und Ewert (4) deutlich führte. Hannes wollte aber gegen seinen Trainer nicht ‚alt‘ aussehen, was zu einer wüsten Schlacht führte und in der Zeitnotnotphase im wahrsten Sinne des Wortes zu herumfliegenden Figuren führte. Auch die Uhr bezog Prügel. Schach im engeren Sinne war das nicht mehr, zumindest konnte man nicht mehr sehen, was da gespielt wurde. Dann der Ruf: „Zeit!“
Es war geschafft. Hannes hatte mit einer gefühlten Zehntelsekunde mehr auf dem Wecker die Partie gewonnen.
Jörg sackte indes einen vollen Punkt gegen Dominik Suendorf ein.
Stand: „Kaba“ 5½ P, Stock 5½, Ewert 5. Was ging denn hier ab?
In Runde 8 trennten sich Jörg und Hannes friedlich mit einem Unentschieden, während der IM mit Schwarz Hajo Bade schlug. Das Ding war durch. Oder?
Stand vor der letzten Runde: Kabatianski 6½, Stock 6, Ewert 5½. Der IM musste mit Weiß gegen Reinhold Happe ran – ein Remis würde ihm reichen. Jörg remisierte gegen Reinhard Paul und war raus – oder? Hannes schlug indes Arsim Hana und hatte wie Jörg 6½ – auch raus? Trotz eines Endspurts mit 5½ (6)? Nun schauten alle bei der Schlacht zwischen Alexander Kabatianski und Reinhold Happe zu…
Reinhold brachte einen robusten Stonewall aufs Brett und der IM musste abwägen, ob er auf Gewinn spielt oder mit einem Remis zufrieden ist. Er spielte wohl eher auf Gewinn, zumal er auch auf Gewinn stand.
Dann kam Reinholds Ausheber mit dem a-Bauern…
[Event „Schnellschach VEM Hellern“]
[Site „Hellern“]
[Date „2018.08.25“]
[Round „9“]
[White „Kabatianski“]
[Black „Happe“]
[Result „0-1“]
[ECO „A85“]
[WhiteElo „2319“]
[BlackElo „2107“]
[Annotator „Happe“]
[SetUp „1“]
[FEN „r4r1k/1p2q1pp/p1p1p2n/2PpPp1b/PP1NnP2/3BP2P/1BQ3P1/2R2RK1 w – – 0 22“]
[PlyCount „42“]
[EventDate „2018.??.??“]
[EventCountry „GER“]
[SourceVersionDate „2015.09.05“]
22. Kh2 $16 (22. b5 $1 axb5 23. axb5 Ra2 $6 (23… Rfc8 $142 {[%cal Gc8c6]})
24. bxc6 (24. Qb3 $18 Rfa8 25. Bxe4 (25. bxc6 bxc6 26. Nxc6) 25… fxe4 26.
bxc6 bxc6 27. Nxc6 $1) 24… bxc6 {und nun wieder Db3 mit Gewinn, aber nicht}
25. Nxc6 $2 Qb7 $1 $11 {[%cal Rb7b2,Rb7c6]}) 22… g5 $2 23. fxg5 $5 {Besser
war Lxe4.} Nxg5 24. Rf4 Rg8 25. Rcf1 $2 (25. Qf2 $18 Qg7 26. Bxf5 exf5 {
alles andere verliert auch!} 27. e6 $18) 25… Rg7 $6 26. Rh4 $2 Qe8 (26…
Nf3+ $1 27. Nxf3 Bxf3 28. gxf3 Qxh4 $19) 27. Nxf5 {[%cal Rb2g7]} Nxf5 28. Bxf5
Bg6 29. Bxg6 Rxg6 30. Qe2 $5 (30. Rf8+ Qxf8 31. Qxg6 $18) 30… Ne4 {[%cal
Re4g3]} 31. g4 Qe7 32. Rh5 Rf8 33. Rf4 Rg7 34. Rh6 Rgf7 $11 35. Qf1 Kg8 36. h4
(36. Rhf6 Nxf6 37. exf6 $18) 36… a5 $3 37. bxa5 Qxc5 $19 38. Bd4 Qc2+ 39. Kh3
Rxf4 40. exf4 Qb3+ 41. Kh2 Qg3+ 42. Kh1 Rxf4 0-1
Das kleine Wunder war geschehen. Drei Spieler waren nun punktgleich und Stephan Niendieker, der sich als Planer und Turnierleiter verdient gemacht hatte, zelebrierte die Siegerehrung wie einen Krimi. Es war auch einer. Präsentieren wir aber zunächst den Sieger:
Jörg hatte es geschafft. Mit vier Siegen und fünf Remisen war er am Ende der einzige Spieler, der das Turnier ohne Niederlage überstanden hatte. Aller anderen hatten zwei oder mehr Nullen auf dem Konto.
Tolle Leistung, wir gratulieren!
Noch imponierender war allerdings, dass Jörg um ca. 21.30 Uhr alle Partien in einer hübsch verpackten Datenbank ablieferte, sodass ich hier einige Highlights präsentieren kann. Sollten einige Details nicht stimmen, so sei daran erinnert: Alles aus dem Gedächtnis!
Reinhold hatte sich dank seines Sieges an die Spitze des Verfolgerfeldes katapultiert, zu dem auch Wolfgang Andre, unser Neuzugang Arsim Hana und Reinhard Paul gehörten. Nun aber zur Siegerehrung.
Die Siegerehrung
Bilder sagen mehr als Worte. Einige Sätze sind allerdings fällig.
Zunächst herzlichen Dank an Stephan Niendieker, der das Turnier vorzüglich organisierte und auch stark ausleitete.
Und ebenso ein großes Dankeschön an Stefan Ewert, der mit großer Kompetenz als Schiedsrichter fungierte. Immerhin gab es einen Fall zu schlichten, den ich nicht näher erläutere. Er gehört in den nicht-öffentlichen Anekdotenschatz unseres Vereins.
Dieses Turnier war ein echtes Highlight. Für’s nächste Jahr gibt es nur eine Devise: Macht mit! Es ist zwar anstrengend, aber es macht richtig Spaß!
Für Statistikfreunde gibt’s noch eine DWZ-Auswertung (auf die ELO-Auswertung verzichte ich – der Beitrag ist eh lang genug):
- Tabellen und Auswertungen: Stefan Ewert
- Fotos: © Thal 2018