Nach dem 4,5 – 3,5 gegen den SV Nordhorn-Blanke durfte unser Oberliga-Team kurzzeitig die Tabelle genießen: Hellern stand um 17:00 Uhr auf Platz 1. Dann trafen die fehlenden Ergebnisse ein. Gefallen hat es den Spielern trotzdem. Tatsächlich ist die Erste nun Dritter, ein halber Punkt Rückstand auf den Tabellenführer HSK Lister Turm verführt zu Träumen. Das darf man auch. Bis zur nächsten Runde.
Jörg Stock, unser Chef-Statistiker war sich sicher: Seit 2003 hat die Erste noch nie gegen die Nordhorner gewonnen. Für alles andere könne er seine Hand nicht ins Feuer legen. Ich selbst kann mich nur daran erinnern, dass wir die ‚Men in Black‘ (das war die Farbe ihre Trikots) einmal im Halbfinale des Hollager Schachballtuniers rausgekegelt haben. Hardliner bezeichnen diesen Erfolg als wesentlich bedeutsamer als irgendwelche Siege auf den 64 Feldern. Lassen wir das einfach so stehen …
Zum Oberliga-Wettkampf waren die Nordhorner nur mit sieben Mann nach Hellern gefahren. Ob dies mit den Spekulationen zu tun hat, die auf der Seite des Delmenhorster SK nachzulesen sind, kann ich nicht beurteilen. David Höffer schrieb dort: „Nordhorn tritt regelmäßig nur bei Heimspielen mit der Topmannschaft an, bei den weiten Auswärtsfahrten sind meist einige der Holländer nicht dabei.“
In Hellern leben wir grenznah, es waren drei Holländer dabei und zudem waren die in Hellern eingesetzten Spieler auch ohne die fehlenden Spieler stark genug, hatten sie bei ihren Einsätzen über 50% der Punkte geholt. Nimmt man noch Spitzenmann IM Frank Kroeze hinzu, hatten wir es mit einer 60%-Truppe zu tun. Nur fehlte halt einer und deshalb musste Alexander Hoffmann (Foto) leider in die Röhre gucken …
Die geschenkte 1-0-Führung hatte nicht lange Bestand. Um 14:25 Uhr musste Stephan Niendieker (links) aufgeben: er hatte theoretisch irgendwas verwechselt und Fabian Stotyn machte alles Weitere richtig gut.
Zehn Minuten später folgte Hajo und schon stand es 1 – 2.
Dabei war Hajo gut gelaunt (Foto links) und er hatte die Partie auch dominiert. Was war geschehen? Nun, Robin Bos zauberte wie aus dem Nichts mit einem phänomenalen Zug eine Gewinnstellung aufs Brett.
Bade (2028) – Bos (1985)
25..Dc8! gewinnt forciert. Nicht der Angriff auf den Läufer ist die Crux, sondern ein ungedecktes Feld. Welches ist es? Partielink.
Schlag auf Schlag ging es weiter. Fünf Minuten nach Hajos Kapitulation gab es am dritten Brett ein ähnliches Szenario.
Ingo Gronde (links), der endlich wieder mit dabei war, hatte eine vielversprechende Variante gewählt, konnte aber nicht verhindern, dass Jens Schulz bereits im 18. Zug deutlich besser stand. Doch dann hatte Ingo eine Idee …
Schulz (2232) – Dr. Gronde (2216)
Kaum zu glauben, aber auch hier ist es der ominöse 25. Zug! Schulz verspeiste mit 26.Txa6 den Bauern und stand danach forciert auf Verlust. Wie geht das denn???
Partielink.
Idee und Durchführung darf man genial nennen. Ingo freute sich diebisch. Zur Recht. Neben dem Punkt zum Ausgleich hatte er dem Team wieder Selbstbewusstsein eingeimpft. Taktik ist eine feine Sache. Einige Tische weiter saßen indes zwei Positionsspieler.
Reinhold Happe und Ludger Höllmann (rechts) hatten ein komplexes Setup auf’s Brett gebracht, das in der Praxis in der Regel zum Remis führt. Als es so weit war, traf der Nordhorner eine überraschende Entscheidung. Danach stand Reinhold spätestens ab dem 19. Zug drückend überlegen, aber nie so richtig auf Gewinn. Folgerichtig folgte noch vor der Zeitkontrolle das Remis. Zwischenstand: 2,5 – 2,5.
Die Partie des Tages
Dirk Hummel (rechts) ist gegenwärtig unser Top-Scorer. Mit 3,5 P v. 5 darf man auch mal coole Sachen spielen. Was Dirk aber gegen FM Paul Bierenbroodspot auf’s Brett brachte, hat nicht mal einen richtigen Namen. Ich nenne das mal „Double-Stonewall“. So wurde 1836 zum ersten Mal gespielt, aber da es auch Karpov im Jahre 1974 gegen Spassky gespielt hat, muss es wohl gut sein.
Hummel (2260) – FM Bierenbroodspot (2135)
In der ersten Diagrammstellung darf Schwarz wegen 19.Ld2-a5 den Springer nicht schlagen. Ergebnis: Dirk kommt nach c5 und erobert sich das Läuferpaar.
In der zweiten Diagrammstellung hatte der FM mit 39…Tfb8 den Läufer gedeckt. Da aber beide Spieler in leichter Zeitnot waren, grübelten die Kiebitze, ob denn nun nicht irgendwas mit g2 geht. Nach 40.Sd5 drohte Sd5-f6 und als dann endlich ‚irgendwas‘ mit g2 ging, krachte es gleich richtig. Bärenstar und unterhaltsam. Es stand 3,5 – 2,5 und Dirk hatte seine Bilanz auf 4,5 P (6) hochgeschaubt. Partielink.
Nach fünf Stunden saßen nur noch Jörg Stock und Carsten Lingnau an ihren Brettern.
Jörg (links) hatte als Nachziehender gegen Timo Oehne eine Variante gespielt, die vollen Ausgleich verspricht, von den Fans aber mit zunehmender Nervösität betrachtet wurde. Totgeglaubte leben aber länger und für einen Bauern erhielt Jörg dann ein sehr dominantes Läuferpaar. Danach überspielte Jörg seinen Gegner mit feinen Nadelstichen und stand nach seinem letzten Zug vor der Zeitkontrolle wohl auf Gewinn.
Oehne (2093) – Stock (2161)
40…Lxb4 führte zum beliebten Endspiel der ungleichen Läufer. Und obwohl die Engines hier eine schwarze Gewinnstellung wittern, konnte der Chronist dies nicht nachweisen. Beide Spieler boten dann noch ein Spektakel und erhielten zur Belohnung jeweils eine Dame, aber als Carsten staubtrocken in eine Remisstellung abwickelte, tauschte Jörg die Damen. Remis und aus meiner Sicht war dies die beste Partie von Jörg in der laufenden Saison.
Den Schlusspunkt setzte dann Carsten, der sehr selbstkritisch das Geschehen resümierte. Klar, irgendwann stand er auf Gewinn. Zuvor aber hatte auch sein Meisterkollege IM Kroeze (Foto rechts) Grund zur Klage, hatte er doch einige Chancen liegengelassen und im 39. Zug vielleicht sogar den Gewinn.
Alles war sehr kompliziert, aber die Schlusspointe war dann sehr nett. Auch weil die meisten Kiebitze sie auch gesehen hatten. Wann ist man schon einmal mit einem IM einer Meinung?
IM Kroeze (2391) – IM Lingnau (2412)
28…Lxc3 erobert alle drei weißen Bauern. 4,5 – 3,5. Partielink.
Es war geschafft. Aber es war ein Match auf Augenhöhe. Es hätte auch anders kommen können und die Gäste wären mit etwas mehr Glück mit ihren sieben Spielern als Sieger nach Hause gefahren. Wenn sie auch nichts Zählbares mitnehmen konnten, so konnten die Nordhorner immerhin die Hellern-typische Gastfreundschaft genießen – mit guter Hausmannskost im Lokal. Zwar nicht à la carte, dafür aber mit Live-TV.
Am 21. Februar muss die Erste bei Hannover 96 antreten. Wie die Tabelle danach aussieht, weiß nicht einmal das Liga-Orakel. Ziemlich sicher ist nur der Klassenerhalt. Und das Orakel weiß auch, dass unsere Aufstiegschance nur bei 7% liegt. Wer mehr wissen will, klickt einfach auf’s Logo.
Oberliga Nordwest, Runde 6, 31.01.2016 | |||||||
SV Hellern | – | SV Nordhorn Blanke | 4,5 | – | 3,5 | ||
IM Lingnau | (2412) | – | IM Kroeze | (2391) | 0,5 | – | 0,5 |
Hoffmann | (2406) | – | CM Ten Vergert | (2208) | + | – | – |
Dr. Gronde | (2216) | – | Schulz | (2232) | 1 | – | 0 |
Hummel | (2260) | – | FM Bierenbroodspot | (2135) | 1 | – | 0 |
Stock | (2161) | – | Oehne | (2093) | 0,5 | – | 0,5 |
Happe | (2121) | – | Höllmann | (2103) | 0,5 | – | 0,5 |
Niendieker | (2105) | – | Stotyn | (2161) | 0 | – | 1 |
Bade | (2028) | – | Bos, Robin | (1985) | 0 | – | 1 |