Die Überschrift hätte auch lauten können: „Corona setzt Vereinsmeisterschaft schachmatt!“ Der am 2. November beginnende neuerliche Lockdown führt zum Aus der sportlichen Aktivitäten im Spiel- und Trainingsbetrieb. Turnierleiter Norbert Sobotta sah angesichts der fehlenden Termine im Dezember keine Alternative und beendete die Turniere in der A-und B-Gruppe.
Eine nachvollziehbare Entscheidung
Die Entscheidung ist Norbert nicht leicht gefallen, aber sie ist begründet. Nicht nur wegen der Engpässe bei den Terminen, sondern wegen der Pandemieentwicklung in Deutschland, die nur wenig Spielraum für verbindliche Planungen lässt.
„Selbst bei der optimistischsten Variante müssten zwei Runden in 2021 gespielt werden. Andere sonst übliche Termine wie Weihnachtskegeln, Neujahrsblitzturnier, Skatturnier, Blitzcup würden zu einer weiteren Verzögerung führen“, begründete Norbert Sobotta seine Entscheidung. „Normalerweise bin ich optimistisch, in der Coronakrise allerdings nicht. Ich glaube nicht, dass der Teil-Lockdown Ende November endet. Damit würde das Turnier möglicherweise erst im Frühjahr fortgesetzt werden können. Zu gegebener Zeit werde ich daher in 2021 das 16. Offene Turnier starten.“
Das sind handfeste Argumente. Denn tatsächlich sollte man illusionslos feststellen, dass die erhoffte Wirkung des Lockdowns sich erst in 2-3 Wochen in konkreten Zahlen ausdrücken kann. Bis dahin wird sich das exponentielle Wachstum fortsetzen und unter Umstände die kritische Belastungsgrenze für die Intensivmedizin erreichen, egal, ob man sie bei 20.000 Neuinfektionen/Tag oder 30.-40.000 sieht. Funktioniert der „Wellenbrecher“ nicht, werden wir uns auf weitere Maßnahmen einstellen müssen. In solchen Zeiten lässt sich schlecht planen.
Natürlich war zu erwarten, dass die (fast) unterschiedslose Kontaktbeschränkung zu Protesten führen wird. Viele Betroffene in der Wirtschaft und auch im Sport wollen natürlich für sich eine Ausnahme erwirken. So denkt der NSV darüber nach, ob die Ausnahmen für den Individualsport auch für das Schach geltend gemacht werden können, obwohl die Regelung zum einen recht klar die Ausnahmen definiert und zum anderen Schach im Vereinsheim per definitionem kein Individualsport ist. Dafür hatten wir ein vorbildliches Hygienekonzept, das schon eher eine Ausnahme rechtfertigen würde.
Ja, der Lockdown ist nicht für Gastronomen, sondern auch für Schachspieler schwer zu schlucken, auch weil z.B. Kirchen nicht nur der Gottesdienst gestattet wird, sondern allen Religionsgemeinschaften auch Veranstaltungen unterschiedlichster Art erlaubt werden.
Gerechter ist das Konzept des baden-württembergischen Innenminister Thomas Strobl (CDU), der einen neuntägigen Komplett-Lockdown vorschlug. Ohne Ausnahme. „Alles heißt alles“, stellte Strobl auf Nachfrage fest. Ähnliches hatten Epidemiologen bereits im Frühjahr vorgeschlagen – das Virus wäre dann für einen längeren Zeitpunkt weg. Aber die Politik schreckte davor zurück.
Nun ist also unser Offenes Turnier mattgesetzt worden, was aber nicht heißt, dass wir es stillschweigend beerdigen.
Die vierte Runde: Endspiele, soweit das Auge reicht
Gut, nicht in jeder Partie, aber halt sehr oft. Auch in der B-Gruppe, wo es eigentlich flotter zugehen sollte, vertieften sich einige Kids in die Untiefen von Turmendspielen.
Für Ludger Wöllermann (Foto) ist das dagegen ein Festmahl. Ludger ist von Haus ein Stratege, der im Endspiel eine herausragende Technik besitzt. Die demonstrierte er in seinen Partien gegen Patrick Meyjohann und Ramin Kaberi. In beiden Partien gab es einen Sieg, am Ende des Turniers standen bei dem neuen Vereinsmeister 100% zu Buche. Eine Leistung, die auch durch den vorzeitigen Abruch des Turniers nicht geschmälert wird.
Zunächst aber die Ergebnisse der 4. Runde:
Unser neuer Vereinsmeister:
Ansonsten gab es ausreichend genug Spektakel in der 4. Runde. Hartmut Weist hatte zumindest theoretisch den Vorjahressieger Harald Szobries auf der Rolle. Das taktische Motiv war aber Hardcore – selbst wenn man es sieht, sträuben sich die Nackenhaare. Auch in Meyjohann – Jonas Gernhardt stand der Außenseiter auf Gewinn. Jonas war im Gegensatz zu seinem Gegner nicht abgezockt genug, um das Endspiel mit Geduld und Spucke nach Hause zu spielen. 50% sind für Jonas aber ein phantastisches Ergebnis. Und einen eigenen Replayer hat er sich allemal verdient.
Endstand A- Gruppe
B-Gruppe mit knappem Ausgang
Mit Jonas Schemann setzte sich einer der drei Spieler durch, die ohne Niederlage geblieben sind. Die Verfolger Klilian Kaberi und Marlon Zutz ließen aber ein Remis zu viel zu. Jonas musste sich gegen Manuel Janzen im Turmendspiel durchsetzen. Ein spektakuläres Husarenstück gelang Marlon Zutz, der sich nach einem Qualitätsverlust ein Turm-Springer-Endspiel gewann- wohl gemerkt mit dem Springer.
Ergebnisse der 4. Runde und Endstand
Insgesamt waren es interessante Turniere. Weder in der A- noch in der B-Gruppe gewannen die an 1 gesetzten Spieler. Der eine oder andere war erkennbar nicht in Bestform, was allerdings für einen deutlichen Spannungszuwachs sorgte. Es bleibt zu hoffen, dass sich im nächsten Jahr wieder etwas mehr Normalität in unserem Sport einstellt. Ob dies der Fall sein wird, liegt ganz in unserer Hand – und hängt natürlich auch von der Arbeit der Impfstoffhersteller ab. Hoffen wir das Beste!
Fotos: © Sobotta 2020