Mit einem nicht von allen erwarteten Sieg gegen den Nordhorn-Blanke startete unsere Erste mit einem großen Wow-Effekt in die neue Oberliga-Saison. Ohne eine Portion Glück wäre dieser perfekte Tag nicht möglich gewesen, aber am Ende hatten die hart fightenden Helleraner mit 5-3 die Nase vorn. Es war nicht das einzige bemerkenswerte Ergebnis der Auftaktrunde…
Ein Match, das man so schnell nicht vergessen wird!
Natürlich geht man eher mit einer Portion Skepsis in die neue Saison, wenn man substantiell wichtige Spieler verloren hat. Die Erste scheint dies mit Gelassenheit weggesteckt zu haben. Der Chronist hatte da schon größere Bedenken. Zum Glück hat er sich geirrt.
Aber auch die Gäste brachten nicht die ersten Acht nach Hellern. Mit den Brettern 2, 3 und 5 fehlten gleich drei Spieler mit einer ELO >2200. Das sah schon eher nach einem Match auf Augenhöhe aus.
Der Wettkampf begann vielversprechend. Jörg Stock hatte ja bereits beim großen Schach-Open in Wien taktisch geglänzt, aber die Partie gegen Timo Oehne wurde zuallererst theoretisch entschieden. Ein plausibel aussehender Zug des Nordhorners wurde von Jörg in atemberaubendem Tempo zerpflückt. Nachspiellink.
Da Tammo Lewin gegen Hans Plasman remisieren konnte, obwohl der Holländer streckenweise über eine leichte Initiative verfügte, konnte man mit der 1½-½-Führung mehr als zufrieden sein.
Gedämpft wurde die gute Laune durch Carstens Niederlage am Spitzenbrett. Dies war ohne Wenn und Aber ein verdienter Sieg für den Nordhorner Spitzenspieler IM Frank Kroeze, der eine brisante Stellung mit heterogenen Rochaden ideenreich und toll behandelte. Carstens Gegenspiel kam einen Tick zu spät, danach hatte Kroeze die besseren Karten. Eine elegante Partie des holländischen IM. Nachspiellink.
Das hätte den Wettkampf für die Gäste positiv gestalten können, denn an zwei Brettern waren die Aussichten für unsere Erste nicht so prickelnd: Dr. Ingo Gronde stand auf Verlust, Christian Böttcher fightete gegen CM Fabian Stotyn nur noch ums halbe Pünktchen. Allerdings mit einigen Finessen. Am Ende fehlte dem Nordhorner zum Mattsetzen schlichtweg das Material.
Fast zeitgleich hatte Stephan Niendieker gegen Ludger Höllmann mit Schwarz remisiert. In einem theoretischen Streit zum Thema Damengambit hatte der Nordhorner alles Machbare versucht, inklusive Minoritätsangriff, aber der von ihm generierte schwarze d-Isolani war gegen den technisch sehr gut agierenden Stephan nicht zu knacken. In diesen beiden Remispartien begegneten sich aus unserer Sicht Glück und Können auf Augenhöhe. Es stand 2½-2½.
Aber noch war nichts passiert. Ingo stand immer noch auf Verlust, Reinhold Happes Partie war unklar, während Martin Hart gegen FM Bierenbroodspot deutlich besser stand. In der Diagrammstellung geht es darum, die schwarze Dame zu vertreiben oder weitere Schwächen zu erzeugen. Locke spielte 51.h4 und nach 51…g4 wurde alsbald Frieden geschlossen. In einer kryptischen Variante zeigte die Engine, dass 51.g4 gewinnt, weil es Weiß hinbekommt, den König nach d3 zu überführen. Danach fällt d4. In der Schlussphase hatten wir also bereits die besseren Karten.
Der Doppelschlag
Dem 4-4 stand eigentlich nichts im Wege. Originell, aber nicht gerade witzig, spielten zwei Protagonisten in der Finsterzone des Spiellokals: Alexander Baisakow mit Weiß gegen Reinhold Happe. Es war der Initiative eines Mitstreiters der 7. Mannschaft zu verdanken, dass dank einer Baustellenlampe der sensible Bereich unseres Spiellokals die erforderliche Lumenstärke erhielt. Offenbar tat dies Reinhold gut. Einige Kiebitze munkelten, dass der Schattenwurf der Figuren ein schlechtes Omen für den Weißspieler sein würde…
In den Mittelpunkt rückte allerdings Ingo, dessen Kämpferqualitäten bekannt sind. In einer Verluststellung reicht das nur selten, aber die Partie gegen CM Simon Elgersma sollte zur Ausnahme werden.
Ingo hatte im 13. Zug eine Neuerung gebracht, die vermutlich nicht Schachgeschichte schreiben wird. Der Nordhorner erhielt postwendend die Initiative, was zu einer fetten Gewinnstellung im 24. Zug führte. Dann schlichen sich Fehler ein, auch weil der Nordhorner es versäumte Ingos Springer zu tauschen. Es wäre zu einem leicht gewonnenen Turmendspiel gekommen. Es dauerte bis zum 54. Zug, bis die Partie zum ersten Mal kippte… Nachspiellink
4-3! Das war’s, denn Reinhold spielte bereits in deutlich besserer Stellung auf Gewinn. Ohne eigene Verlustgefahr. Auch an diesem Brett ging es hoch her, auch dort hatten die Gäste Pech. Kurz vor dem Aus gab es eine allerletzte Chance, die zu einem verblüffenden Remis geführt hätte. SF Elgersma entschied sich für den logischen Zug – und verlor! Nachspiellink.
„Ein Teil eines Fehlers ist immer korrekt!“ (Tartakower)
Die Nordhorner werden sich ärgern, weil sie ihre guten Partien nicht restlos ausgereizt haben. Hellern freut sich über eine kompakte Mannschaftsleistung, die gezeigt hat, dass man mit Kampfgeist und Fortune viel erreichen kann.
Überhaupt hatte es die 1. Runde in sich. Der Lister Turm gewann zwar wie erwartet bei den SF Hannover, aber mit einem Sieg des Aufsteigers Lehrte in Delmenhorst hatte man eher nicht gerechnet. Aber Delmenhorst konnte mit sieben Spieler die nominelle Überlegenheit an den vorderen Brettern nicht ausreizen. Ein Paukenschlag war der knappe Sieg von Hameln gegen den MTV Tostedt.
Ligafavorit SK Kirchweye spielt erst am 13. Oktober. Am 20. Oktober muss Hellern in Tostedt antreten. Eine Prognose wage ich nicht, ich habe mich bereits heute geirrt. Zum Glück.
Fotos: © Thal 2019