Oberliga: Hellern mit erstem Saisonsieg

Die ausschweifende Begeisterung am Rande des Wettkampfes sprach Bände: mit dem 4½-3½ gegen den SK Lehrte gelang unserer Ersten ein gewaltiger Schritt in Richtung Saisonziel. Und das ist nicht der Aufstieg. Dabei fiel der Heimsieg deutlicher aus als es das Endergebnis erscheinen lässt. Hellern führte mit 4½-1½,  dann landeten die Gäste noch zwei Volltreffer.

 

Laudatio

Das letzte Heimspiel des SV Hellern fand im Februar 2020 statt. Es endete mit einem 4-4 gegen den Delmenhorster SK. Das letzte Rundenspiel der vergangenen Saison ging für unsere personell bebeutelte Mannschaft kampflos verloren – mit einem 0-8. Und zwar gegen den SK Lehrte. Natürlich musste es heuer der Anspruch sein, das Kräftemessen gegen den famosen Aufsteiger der letzten Spielzeit etwas besser zu gestalten.
Nicht ganz einfach. Jörg Stock musste absagen. Dafür wurde mit großem Hallo Alexander Hoffmann begrüßt. Aber auch die Gäste konnten nicht alles aufbieten und mussten die Spieler und Spielerinnen an Brett 3, 5 und 6 ersetzen.

IM Carsten Lingnau

Deutlich schmerzlicher war für den Berichterstatter die Abwesenheit unseres ehemaligen Spitzenspielers IM Carsten Lingnau, der eine Pause einlegt und nicht mehr zum Kader der Ersten gehört. Jahrelang war Carsten, der beim SV Hellern groß geworden ist, ein Bollwerk am ersten Brett. Besonders seine Endspielkünste wurden von vielen Kiebitzen, aber auch von seinen Mannschaftskameraden als magisch empfunden. An dieser Stelle ein großes Dankeschön! Nicht nur an einen Ausnahmekönner, sondern auch an einen stets freundlichen Vereinskameraden, den wir alle vermissen!


Das Match – und das Gewinner-Quartett

Positiv überrascht war der Berichtersstatter über das Hygieneverhalten der Aktiven. Fast alle trugen Masken, allerdings rutschte die eine oder andere dann später doch in Richtung Kinn. Immerhin beherzigten die meisten Spieler §5 Absatz 3 der neuen Corona-VO des Landes. Dieser Passus stand bereits in den älteren Fassungen, die auch der NSV  geflissentlich mit einem Verweis auf die FAQ zur Lektüre empfohlen hatte. Allerdings ohne die Konsequenzen einer genauen Textexegese zu kommentieren. Was ich auch nicht tue 🙂

Der Wettkampf lässt sich einfach zusammenfassen. Lehrte ging in Führung (Phase 1), dann folgte der Auftritt eines fest entschlossenen Quartetts, das ausnahmslos seine Partien gewinnt (Phase 2) und am Ende gab es ein kleines Nachbeben.

Gebrauchter Tag: Meiwes-Happe (r.)

Phase 1: Nach einem Remis von Martin Hart gegen Nicole Manusina musste Reinhold Happe sich dem Londoner System von Thore Meiwes beugen. In der Post-Analyse wurde deutlich, dass beide lange einer bekannten Theorievariante folgten – bis sich Reinhold zu einem ungenauen Figurentausch hinreißen ließ. Danach war es ein absolut verdienter Sieg des Lehrters, der zügig und kenntnisreich spielte, während Reinhold keine Koordination in sein Figurenspiel bekam.

Energischer Auftakt: Manusina (r.)-Hart

Phase 2 produzierte zumeist äußerst sehenwerte Stellungen, und zwar diese:

Ingo spielte erneut taktisch sehr eloquent, aber die Grundlage legte ein subtiler Zug: mit 14.Le4 wurde der Bd4 gedeckt und zugleich d5 unter Kontrolle genommen. Tammo überspielte seinen Gegner Arndt Kohlmann bereits in der Theoriephase. Der wird sich daheim beim Nachspielen ärgern, weil er in der Diagrammstellung ein Dameopfer übersah, das wohl für Ausgleich gesorgt hätte. Wer sieht’s? Nach 20…Tb8 brauchte Tammo nur noch sieben Züge. Eine ähnliche Fehleinschätzung unterlief SF Schrüfer, der in der Diagrammstellung die Damen tauschte (fatal), während De5-f6 Chancen auf ein Remis geboten hätte. Apropos Dameopfer: Holger Lehmann pfefferte gegen Heinrich Bedürftig erst den Turm in die Stellung und die Dame gleich hinterher. Klasse!

Das Erfolgsquartett

Hier können die vier Partien nachgespielt werden.

Phase 3 führte zu zwei Nullen. Alexander Hoffmann hatte es FM Stelmaszyk zu tun – und der spielte mit den weißen Steinen – und das recht genau. Alex opferte eine Qualle, was chancenreich war. Aber da der Lehrter danach absolut fehlerfrei spielte, büßte Alex aber leider den vollen Punkt ein.

Brett 1: FM Stelmaszyk-Hoffmann (r.)

Kein Glück hatte auch Hajo Bade, der gegen Torsten Bührmann sehr lange kämpfte. Aber Hajos weit vorgerückter Freibauer konnte die zuvor eingebüßte Figur nicht kompensieren.

Brett 8: Bade (r.) – Bührmann
Quelle: Niedersächsischer Schachverband

Trivia

Ansonsten spielte die Oberliga an diesem sonnigen Sonntag etwas verrückt. Das gilt nicht für den HSK Lister Turm. Der große Favorit schlug im Topspiel den Mitkonkurrenten SV Werder Bremen mit mit 5-3. Deutlich erstaunlicher war das 2-6 der Nordhorner in Hameln – erstaunlich nicht etwa, weil unsere emsländischen Nachbarn vier Stammspieler ersetzen mussten, sondern weil diese an den Brettern 5-8 allesamt nominell stärker waren als ihre Gegner und trotzdem mit ½-3½ untergingen.
Personelle Lücken klafften auch bei den Oldenburgern, die knapp beim Delmenhorster SK unterlagen. Und die sind nun alleiniger Tabellenführer! Gratulation. Hart umkämpft war wohl das Match zwischen den SF Hannover und der SVG Salzgitter, aber am Ende musste der Aufsteiger mit 2½-5½ seine zweite Saisonniederlage wegstecken.
Hellern freut sich derweil über Platz 6 und hofft, dass es so bleibt, muss aber am 21. November zur Union Oldenburg. Das war und ist keine leichte Aufgabe.

Fotos: © Thal 2021