Nun ist es amtlich: Diese Saison wird es Schach am Brett nicht mehr geben. Nein, es muss nicht „diese Saison“ heißen, sondern: Dieses Jahr! Denn die Saison wird weiterlaufen, und zwar bis 2021. Der Deutsche Schachbund hat in einer – wie es scheint einsamen – Entscheidung kurzerhand die Zeit gedehnt. Ein Überblick über die Maßnahme, ihre Ankündigungen und Reaktionen.
(Title Photo by Sharon McCutcheon on Unsplash)
Ortwin Thal ist nicht nur unser meistgelesener Homepage-Autor, sondern ganz offensichtlich auch ein Schach-Prophet: Vor drei Tagen veröffentlichte er seinen Artikel „Schach? Ja! Aber wohl erst viel später!“ aus dieser Seite. Und erklärte allen, die es wissen wollten, warum eine Rückkehr ans Brett vorerst illusorisch ist. Nun hat der Deutsche Schachbund offiziell verkündet: „Der Deutsche Schachbund wird die aktuelle Saison 2019/20 in der 2. Bundesliga aufgrund der Corona-Pandemie erst 2021 zu Ende spielen.“ heißt es auf der DSB-Seite. Und weiter: „Die Saisonbezeichnung wird abgeändert in 2019-2021. Deshalb wird es 2020 weder Aufsteiger in die 1. Bundesliga, noch Absteiger in die Oberligen geben. Ebenso werden keine Absteiger aus der 1. Bundesliga und Aufsteiger aus der Oberliga in der 2. Bundesliga aufgenommen. Diese Änderungen sind mit dem Präsidium des Deutschen Schachbundes abgestimmt und sofort gültig.“
Wow.
Nach der speziellen Relativitätstheorie laufen Prozesse eines Systems relativ zum Betrachter umso langsamer ab, je schneller sich das System bewegt. Die Entscheidung des DSB, der für uns Betrachter die Länge der Saison verdoppelt hat, lässt darauf schließen, dass sich das Führungsgremium des Deutschen Schachs mit annähernd 90% der Lichtgeschwindigkeit bewegt; das sind einige hunderttausend Kilometer in der Sekunde. Wie gesagt: Wow.
Michael Langer, Vorsitzender des Niedersächsischen Schachverbandes, kommt da nicht mehr mit. In einem Beitrag auf der Webseite „Perlen vom Bodensee“ hat er aber umgehend reagiert und seine Verwunderung darüber gäußert, wie die Entscheidung zustande gekommen ist, nämlich einsam, ohne Rücksprache mit den Landesverbänden. Die denken jetzt scharf nach: Wenn weder in die noch aus der Zweiten Liga jemand absteigt, wenn weder in sie noch aus ihr jemand aufsteigt, was heißt das dann für die Oberligen und Landesligen und Verbandsligen usw? Wahrscheinlich doch dasselbe: Keine Absteiger und keine Aufsteiger. Werden wir also ein Jahr Daumen drehen und im März 2021 mit den letzten Runden der „laufenden“ (bitte lachen, auch wenn es weh tut!) Saison spielen? Ich weiß es nicht. Ich bin allerdings sehr gespannt, wie vor allem Zweitliga- und Oberligamannschaften auf dieser Basis zusammengehalten werden sollen.
Mit alldem sei keineswegs gesagt, dass die Entscheidung des DSB an sich falsch ist. Jeder kann fro sein, sie nicht treffen zu müssen. Und die Beobachter sind ja immer soo viel schlauer! Nun, Otto hat es so vorhergesagt. Mannomann, was wünsche ich mir, dass er vollkommen daneben liegt!
Bis dahin spielen wir weiter auf lichess (Donnerstag Abend wieder 3. Liga, diesmal wirklich!) und werden uns etwas einfallen lassen müssen, wie wir den Spielabend für (fast) alle wieder aufleben lassen.
Eine kleine (sehr unvollständige) Presseschau der ersten Corona-Wochen:
- Unsere Rivalen und Freunde aus Nordhorn dokumentieren den umfangreichen Online-Spielbetrieb auf ihrer Seite.
- Werder Bremen zeigt (wie fast immer), wie es geht und berichtet nahezu täglich über die Aktivitäten in Corona-Zeiten.
- Die Schachfruende des Lister Turms Hannover bieten einen lesenwerten Bericht aus ihrer Quarantäne-Bundesligamannschaft
- Die Schachfreunde Hannover kommentieren bereits Ottos Beitrag und haben ebenfalls die Entscheidung des DSB vorhergesagt. Der Blog verweilt aber nicht beim Schach.
- Der SK Lehrte resümiert drei Wochen online-Schach.
- Bei der Schachbundesliga ist noch nichts darüber zu erfahren, wie es weitergehen soll. Die OSG Baden-Baden meldet, sie wolle keinen kampflosen Meistertitel. Ist ja schön und gut, aber News sind das nicht.