Turbulent ging es in der 2. Runde der Oberliga Nord West zu: Kantersiege lieferten die Favoriten Bremen 2, Lister Turm und Tostedt ab. Hellern brachte dagegen nicht einmal die Schiedsrichterin Petra Mense Glück, die zum ersten Mal in Hellern war.
„Wo aber Gefahr ist, …
… wächst das Rettende auch.“ Das stammt aus dem Patmos, einer Hymne von Friedrich Hölderlin. Half aber nicht, auch wenn man es gebetsmühlenartig und gelegentlich verzweifelt vor sich hin murmelte. An diesem Sonntag war der Ex-Zweitligist aus Oldenburg auch ohne Martin Breutigam und Jari Reuker einfach zu stark für uns.
Fangen wir mit den ersten vier Bretter an…
Carsten Lingnau erreichte am ersten Brett nur eine Punkteteilung gegen FM Dirk Bredemeier. Es war sein erster ‚richtiger‘ Auftritt. In Hannover hatte unser 1. Brett kampflos gewonnen. Leider habe ich aufgrund zeitlicher Probleme wenig mitbekommen. Aber für Carsten war das alles zu taktisch, folglich lästig. Also Remis!
An Brett 2 gewann Hannes gegen Sebastin Müer (Nachspiellink) – und hinterher fragte sich wohl nicht nur der Gästespieler, was da wohl falsch gelaufen war. Nur wenig. Hannes spielte eine Englischen Partie genau genommen ziemlich aufreizend. Er ließ die Zentrumsbauern auf ihren Startfeldern, hatte wegen einer zeitraubenden Umgruppierung seines Königsspringers gefühlte drei Tempi weniger und spielte Tb1, a2-a3 und b2-b4, während sein prächtig entwickelter Gegner bereits aus allen Rohren auf Hannes‘ Rochade feuerte. Half nix. Der Oldenburger machte nicht einmal große Fehler und musste dann doch die Segel streichen. Für Kiebitze eine Zumutung, da Hannes zumindest bei flüchtigem Hinsehen gegen alle Regeln verstoßen hatte, die man Kindern bei den ersten Schritten beibringt: Bring‘ deine Bauern ins Zentrum! Entwickle deine Figuren! Verschwende keine Zeit! Nun, Regeln sind gut, Meister spielen anders.
Was war passiert? Nun, es war eine hochwertige Theoriepartie, in der Hannes eine 80%-Stellung auf’s Brett gebracht hatte und die dann auch noch technisch vorbildlich gewann.
Unser Neuzugang Christian Böttcher remisierte an Brett 3 gegen Berthold Wittje, aber aus erwähnten Gründen habe ich davon nichts mitbekommen. Dafür etwas mehr von Jörg Stocks Partie gegen Max Meesen, den wir aus zahlreichen Wettkämpfen als kreativen Fighter kennen. Jörgs Partieanlage in der Abtauschvariante des Spaniers sah gut aus, eigentlich mehr als gut, aber der Oldenburger verdrückte sich mit seinem König mittels langer Rochade aus der Danger Zone und begann dann mitleidlos Jörgs Königsstellung in der g-Linie zu massieren. Ein taktisches Malheur sorgte dann für Jörgs Kapitulation (Nachspiellink).
Schaut man sich die Paarungen an, dann waren 2-2 Punkte an den ersten vier Brettern nicht mal übel. Auch der Matchverlauf war an sich nicht angsteinflößend. Die Oldenburger gingen nach Remisen an den Brettern 1 und 3 dank Jan Wagners Sieg gegen Thorben Weist mit 2-1 in Führung. Aber Hannes egalisierte. In zweiten Teil des Berichts müssen wir uns daher die Bretter 5-8 anschauen.
Hinten sind die Schweine fett
Die Zwischenüberschrift ist zwar ein wenig anrüchig, aber a. nenne ich keine weiteren Details und b. trifft sie den Kern. Warum? Nun, wir mussten hinten schon den mutmaßlich nächsten Stadtmeister von Osnabrück auffahren (Julian hat sage und schreibe alle Partien der Runden 1-7 gewonnen und braucht nur noch ein halbes Pünktchen!), um gegen die Gäste aus Oldenburg etwas Passables reinzuholen.
Der Reihe nach: nach Jörgs Niederlage stand es 2-3, aber erneut konnte Hellern 1 dank Julian zur Lages Sieg gegen Ernst Heinemann egalisieren. Es war ein Sieg, die Schlacht war aber verloren. Reinhold stand schlecht und zu Tammo sagte ich: „Wenn das noch rausreißt, tragen sie dich in einer Sänfte durch Hellern!“ Tammo kehrte ins Spiellokal zurück – und gab auf. Reinhold folgte ihm mit wehenden Rockschößen und auf dem Ergebniszettel stand 3-5. Absolut verdient.
Ein wenig Trost fanden die Akteure, als sie vom 5-3-Erfolg der Zweiten im Barenturm erfuhren, wo sich der Osnabrücker Schachverein nach dem (allerdings kampflosen) 8-0 gegen den SV Esens wohl etwas mehr erhofft hatte. War aber nix, weil Martin Hart und Jürgen Grosser gewannen und alle anderen remisierten.
Richtig lustig wurde es dann, als wir vom 3-5 der Dritten in Quakenbrück erfuhren. Wow, dreimal spielte Hellern an diesem Sonntag, dreimal lautete der Endstand 5-3. Pech nur, dass in zwei Matches die Reihenfolge der Zahlen vertauscht wurde. Wir arbeiten daran.
Die Oberliga ist eine Sphinx
Mit Hölderin anfangen, mit den ollen Griechen aufhören … Also: in der Ödipus-Sage gibt die Sphinx den Thebanern während der Belagerung Thebens einige Rätsel auf. Wer sie nicht knackt, wird gefressen.
In der Oberliga läuft’s nicht anders. In der zweiten Runde schafften es gleich vier Mannschaften, fast vollständig auf ihr Stammpersonal zu verzichten und mit fünf oder gar sechs Reservisten aufzulaufen. Gut, nicht nur Werder Bremen kann sich das leisten (7-1 gegen die Schachfreunde Hannover), aber in Sachen Vorbereitung ist das eine üble Sache. Man weiß ja nicht, gegen wen man spielt. Es ist wie bei der Sphinx: Wer dieses Rätsel nicht löst, wird gefressen.
Hellern muss in Runde 3 und 4 gegen den Lister Turm und Tostedt antreten.
Vielleicht hilft ja das LigaOrakel, aber da geht es nicht um Mythen, sondern um nackte Zahlen. Und die kündigen schwere Zeiten an.
Fotos: © Thal 2018