…hält wohl keiner mehr auf. Es hätte anders kommen können. Und falls dies geschehen wäre, hätte die laufenden Vereinsmeisterschaft eine irre Tabelle bekommen!
Komisches Turnier
Ein Turnier mit einem Leistungsgefälle von ca. 900 DWZ-Punkten zwischen dem an Nr. 1 gesetzten Favoriten und dem Schlusslicht der Start-/Rangliste ist berechenbar, aber unangenehm zu spielen. Einerseits ist die Anzahl der potentiellen Konkurrenten überschaubar, andererseits gibt es – abgesehen vom Titel – nichts zu gewinnen. Jeder Ausrutscher ist unangenehm, zumal die Kiebitze derartige Ereignisse als Salz und Pfeffer betrachten.
Top-Favorit Jörg Stock ist nach seinem Remis gegen Patrick Mayjohann mehr denn je auf fremde Hilfe angewiesen. Thorben Weist führt dagegen die Tabelle mit einem Punkt Vorsprung an. Aber vielleicht passiert ja noch etwas in dem komischen Turnier, in dem die an 3 und 4 gesetzten Co-Favoriten Hajo Bade und Reinhard Paul im Niemandsland der Tabelle verschwunden sind.
Gestern wurden bis auf Gillenkirch-Thöle alle Partien gespielt: es gab nur ein Remis – alle anderen Partien wurden entschieden. Robert oder Alfons (ungeschlagen bislang!) können sich dem illustren Kreis der Verfolger mit 3,5 P anschließen. Nur einem wird dies gelingen.
Noch spannender und ganz im Sinne der Kiebitze hätte die 5. Runde ausgehen können, wenn Jens Gausmann den ‚Koploper‘ geschlagen hätte. Nicht etwa, weil er bereits Hajo auf dem Gewissen hat, sondern weil er nach 15 Zügen schlicht und ergreifend auf Gewinn stand. Im 23. Zug war dann die Messe gelesen. Der „Gausmann-Effekt“ hatte zugeschlagen.
Was ist das? Nun, man spielt genial, zaubert eine Neuerung aufs Brett, die bislang nicht einmal Titelträgern eingefallen ist, umschifft den Gewinn und verspeist dann einen vergifteten Bauern.
„Ich dachte, ich sehe hier den diesjährigen Vereinsmeister mit den weißen Steinen spielen“, soll Reinhard Paul auf staubtrockene Art das Spektakel kommentiert haben.
Schauen wir uns das mal an:
[Event „Hellern Open 2018“]
[Site „Hellern“]
[Date „2018.04.26“]
[Round „5“]
[White „Gausmann“]
[Black „Weist“]
[Result „0-1“]
[ECO „A47“]
[WhiteElo „1633“]
[BlackElo „2075“]
[Annotator „Thal“]
[SetUp „1“]
[FEN „rn1q1rk1/pb2bppp/1p2p3/2ppP3/3PnB2/2PB1N2/PP1N1PPP/R2QK2R w KQ – 0 10“]
[PlyCount „28“]
[EventDate „2018.??.??“]
[EventType „swiss“]
[EventRounds „7“]
[EventCountry „GER“]
[SourceDate „2015.09.05“]
[SourceVersionDate „2015.09.05“]
10. h4 $1 $146 {Interessante Idee: Stockfish sieht Weiß leicht im Vorteil.} (
10. Qe2 Bg5 11. Nxg5 Nxg5 12. Qh5 $16 {½-½ (26) Auch in dieser Partie
verzettelte sich Weiß, bis er auf Verlust stand. Was der Gegner dann nicht
sah: Marguerettaz,D (2214)-Gentili,G (2169) Bratto 2012}) 10… cxd4 11. cxd4 {
der ‚automatische‘ Zug war nicht der beste, die Alternative war schwer zu
finden – es sei denn, man ’sieht‘ die weiße Dame auf g4.} (11. Nxd4 $1 Nd7 12.
Qg4 $16 {Die Bewertung ist nicht alltagstauglich. Um sie zu verifizieren, muss
Weiß maschinenhafte Intelligenz abrufen, ungefähr zehn Züge lang.}) 11… h6
12. Qe2 Nxd2 13. Bxd2 Nc6 14. a3 a5 15. g4 $1 $18 {mit weißer Gewinnstellung
laut Stockfish.} Qe8 16. g5 $6 {Hier sah Jens, dass Schwarz die Qualität
geben muss: „Das habe ich leider zu positiv bewertet.“} ({Stockfish 9 64:} 16.
Rc1 Rc8 17. Bb1 f5 18. exf6 Bxf6 19. Rxc6 Rxc6 20. g5 $18) ({Die Methode ‚Erst
fixieren – dann hebeln‘ hätte die Gewinnstellung auch nicht gerettet, wäre
aber besser gewesen.} 16. h5 f6 17. exf6 Bxf6 18. g5 hxg5 19. h6 $14) ({
Einen Zug wie} 16. Rg1 $1 {muss man Stockfish erst zeigen. Er gewinnt:} f6 17.
exf6 Bxf6 18. Bc3 {[%csl Gd4]} e5 {folgt dem Prinzip ‚In der Mitte öffnen,
wenn am Rande gestürmt wird‘. Nur ist es bereits zu spät.} 19. dxe5 d4 20.
exf6 Qxe2+ 21. Bxe2 dxc3 22. O-O-O cxb2+ 23. Kxb2 gxf6 24. g5 $1 $18) 16… h5
$1 17. g6 $5 fxg6 18. Rg1 $11 {Immerhin ist die Stellung gleich.} Rf5 $2 (18…
Qf7 19. Rg3 Ba6 $11) 19. Bxf5 exf5 20. Qb5 $1 $16 Kh7 21. Qxb6 {Das kann sich
eine Engine erlauben, der Mensch verzettelt sich in der für die Dame
bedrohlich werdenden Stellung.} Rb8 22. Bg5 $2 (22. Rc1 Ba8 23. Qa6 Rxb2 24.
Qd3 $16) 22… Bc8 23. Qc7 Rb7 $19 {Damenfang. Diese Partie hat nicht Schwarz
gewonnen, sondern Weiß verloren.} 0-1
Klar, ich gönne Thorben den Titel. Auf jeden Fall. Aber im Sinne einer journalistisch an den Maximen der BILD-Zeitung orientierten Berichterstattung hätte ein anderer Partieausgang wahnsinnig viele Optionen für knackige Überschriften hergegeben. Zum Beispiel: „Nun jagen alle Jens!“ Oder: „Spieler der Vierten droht mit Durchmarsch!“
„Zumindest träumen darf man ja mal“, kommentierte Jens das Geschehen.
Was ist sonst passiert?
Ein starkes Turnier spielt Patrick Meyjohann (SF St. Joh. Spelle). Auch unser alter Mitstreiter Harald Szobries, der gerade für seinen neuen Verein Freibauer Lübbecke eine bärenstarke Saisonleistung hinlegt und auf die 1900er-Grenze zustrebt, konnte mit einem Sieg gegen Steffen Schnier ein Ausrufezeichen setzen. Auf die Auslosung der nächsten Runde sind alle gespannt. Besonders die Kiebitze.