VEM Runde 4: Jens Gausmann spielt meisterlich

Nach seinem Remis gegen Jörg Stock greift Thorben Weist nach dem Titel. Die Chance ist groß, das mehrköpfige Verfolgerfeld aber auch. Dazu gehört auch Jens Gausmann, der gestern eine Partie spielte, auf die so mancher Titelträger mit Fug und Recht stolz gewesen wäre. Update: Weist-Stock

 

Verpasste Chancen

An der Spitze wurde remisiert. Damit verpasste der eine oder andere Spieler den Sprung ins unmittelbare Verfolgerfeld. Nicht aber Jens Gausmann (Foto), der mit einer tollen Spielanlage glänzte und nach eigener Aussage ca. 35 Minuten für die finale Kombination benötigte. Nachdenken, das sich gelohnt hat.

[Event „Hellern Open 2018“]
[Site „Hellern“]
[Date „2018.04.12“]
[Round „4“]
[White „Woellermann“]
[Black „Gausmann“]
[Result „0-1“]
[ECO „A04“]
[WhiteElo „1816“]
[BlackElo „1633“]
[Annotator „Thal“]
[PlyCount „52“]
[EventDate „2018.??.??“]
[EventType „swiss“]
[EventRounds „7“]
[EventCountry „GER“]
[SourceDate „2015.09.05“]
[SourceVersionDate „2015.09.05“]

1. Nf3 d6 2. g3 e5 3. d3 Nc6 4. Bg2 g6 5. Nbd2 {versucht Königsindisch i.A.
zu spielen.} (5. c4 {Main Line} Bg7 6. Nc3 f5 {und auch hier sind die weißen
Ergebnisse ernüchternd, allerdings scheint dies dennoch eine sinnvolle
Alternative zu sein:} 7. O-O Nf6 8. Rb1 O-O 9. b4 h6 10. b5 Ne7 11. a4 Be6 12.
a5 Rc8 {0-1 (51) Eljanov,P (2742)-Radjabov,T (2744) Moscow 2010}) 5… Bg7 6.
O-O f5 $1 {Stockfish spielt das nicht, aber Schwarz holt damit 91% (!).} 7. e4
Nh6 8. c3 O-O 9. b4 {Die Neuerung.} f4 10. Nb3 Qf6 11. d4 g5 12. gxf4 $2 (12.
h3 $11) 12… gxf4 13. dxe5 $2 {Der schwarze Springer wird in den
Königsangriff ‚gesaugt‘.} Nxe5 $19 {Das ist bereits eine Gewinnstellung.} 14.
Nxe5 dxe5 15. f3 Qh4 16. Qe1 Qh5 $1 17. Qe2 Kh8 (17… Rf6 {ging bereits jetzt.
} 18. Kh1 Nf7 $19) 18. Kh1 Bf6 19. Bb2 Bh4 $1 20. Rg1 Bg3 $1 {Hier gab es
sogar Alternativen.} (20… Ng4 $1 21. fxg4 Bxg4 22. Qd2 Bg3 23. h3 Bxh3 $19)
21. Bf1 Ng4 $3 22. Rg2 Ne3 (22… Rf6 23. fxg4 Bxg4 $19 {war die Alternative.})
23. Rg1 Rf6 $1 {Der finale Stoß!} 24. c4 {droht mit dem tödlichen Lxe5. Nun
darf Schwarz nicht die Nerven verlieren.} Bxh2 $3 25. Qxh2 (25. Bxe5 Bg3+ 26.
Bh3 Qxh3+ 27. Qh2 Qxh2#) 25… Qxh2+ 26. Kxh2 Rh6+ {[%mdl 709] Eine Partie
für die Annalen.} (26… Rh6+ 27. Bh3 Rxh3#) 0-1

Nachtrag: einen Tag später erwies sich die gewählte Überschrift als prophetisch, da ich (vielen Dank, Hartmut!) Thorbens Partie gegen Jörg Stock erhielt. Thorben spielte das Ganze hervorragend vorbereitet, für Jörg ging bereits nach der Theoriephase nur noch um den halben Punkt. Dabei orientierten sich beide an einer Partie, die Sergey Karjakin mit Weiß dramatisch gut gewonnen hat. Hätte Jörg stattdessen eine vor vier Wochen gespielt Bundesliga-Partie gekannt, wäre alles vielleicht anders verlaufen. Doch kann man dies veröffentlichen? Nein, zumindest nicht die Theoriephase, denn beide Spieler wollen/werden das sicher auch Zukunft spielen wollen.

Bleibt also nur das Endspiel. Und davor graust es viele. In der Diagrammstellung spielte Thorben 26.Td3. Gab es eine Alternative? Ja. Über drei Stunden hat die Analyse gedauert, was viele Schachfreunde verblüffen wird. Man muss doch nur die Enginevarianten in die Partie kopieren…
Wenn’s so einfach wäre. Leider produzieren auch Top-Engines immer noch lange Varianten, die sie dann selbst nachbessern, weil sie zu viele Fehler enthalten. Und die eigentlichen Pointen entdeckt man nur, wenn man viel ausprobiert. Sehr viel! Deshalb enthält die folgende Analyse nur Fragmente, allerdings wichtige. Fazit: Thorben hätte gewinnen können, ja sogar müssen. Aber Jörg hatte am Ende noch eine listige Idee. Also Remis! Dennoch wiegt der halbe Punkt Vorsprung sehr schwer, denn Jörg muss jetzt auf einen Ausrutscher von Thorben warten.

Nachspiel-Link

Tabelle nach Runde 4

Zu erledigen sind noch die Partien H. Weist-Magiera und Paul-Rothe. Ungeschlagen sind noch fünf Spieler. Das Gedränge an der Spitze wird also nicht abnehmen.

Fotos: © Hellern-Archiv