Tolles Schach und viel Theorie

Mir einem Sieg gegen Robert Gillenkirch holte sich Thorben Weist den dritten Punkt in Folge. Die wahren Spektakel fanden an den anderen Brettern statt.

In 14 Zügen überrollt

Wie entfesselt spielte Jens Gausmann gegen Hans-Jürgen Bade. Jens verzichtete gegen Hajos Skandinavier auf den Aufbau mit 3. Sc3 und spielte stattdessen eine brandgefährliche Variante, in der Hajos Dame mit Raumgewinn attackiert wurde. Die theoretische Nachlese bestätigte, dass dieses Setup für Schwarz schwer zu spielen ist. Tatsächlich kam es noch schlimmer und Hajo musste im 14. Zug kapitulieren. Jens‘ taktischer Trick war famos, aber zu diesem Zeitpunkt stand er ohnehin deutlich besser.

 

[Event „Hellern Open 2018“]
[Site „?“]
[Date „2018.03.16“]
[Round „3“]
[White „Gausmann“]
[Black „Bade“]
[Result „1-0“]
[ECO „B01“]
[WhiteElo „1633“]
[BlackElo „1996“]
[Annotator „Thal“]
[PlyCount „27“]
[EventDate „2018.??.??“]
[SourceDate „2015.09.05“]
[SourceVersionDate „2015.09.05“]

1. e4 d5 2. exd5 Qxd5 3. Nf3 {Statistisch mittlerweile der erfolgreichste Zug.
Jens plante einen Aufbau mit dem raumgewinnenden c2-c4.} Nf6 4. d4 {Schaut man
sich die zehn Top-Partien in der Datenbank an, so steht es 8-1 für Weiß bei
einem Remis.} Bg4 5. Be2 a6 $6 {Dazu fehlt die Zeit, meinte Jens.} ({Stockfish
9 64:} 5… Nc6 $142 {Main Line. Das hat Hajo bereits vor elf Jahren in der
Landesliga gespielt.}) 6. c4 $1 $16 Qd6 7. O-O Nc6 8. d5 $1 Bxf3 9. Bxf3 Ne5
10. Be2 $146 g6 (10… O-O-O 11. Qd4 c5 12. Qc3 Ng6 13. Qh3+ e6 14. Nc3 Qc7 15.
Bg5 $16) 11. Nc3 Bg7 12. Be3 b6 {will c4-c5 vorbeugen.} 13. Qa4+ $1 Ned7 ({
Zu Recht wiesen einige Kiebitze auf} 13… Qd7 {hin. Dies funktioniert, aber
auch in dieser Variante steht Weiß deutlich besser.} 14. Qa3 O-O 15. Rad1 c5
16. dxc6 Qxc6 17. b3 b5 18. f4 $16) 14. Nb5 $1 {[%mdl 197] Eine
Glanzpartie von Jens.} (14. Nb5 Qe5 15. Bd4 Qxe2 {haben wir nach der Partie
analysiert, aber nach} 16. Nxc7+ Kf8 17. Nxa8 {[%csl Ra6,Rb6] gibt es keine
Kompensation für Schwarz.} {Stockfish 9 64:} Qg4 $18 (17… Nc5 {war unsere
Idee:} 18. Qc6 $1 {[%cal Rc6c8]} Ne8 19. Rfe1 $1 {nun gewinnt Weiß recht
schnell:} Qxc4 20. Bxg7+ (20. Rxe7 {haben wir nur kurz
betrachtet, aber Weiß muss nicht für die Galerie spielen.} Bxd4 21. Qxe8+ Kg7
22. Qxf7+ $18) 20… Kxg7 21. Nxb6 $18 {Auch Txe7 nebst Sxb6 gewinnt.})) 1-0

Hier wurden über 350 DWZ-Punkte mal eben eingeschmolzen wie Schnee an der Sonne. Tolle Leistung von Jens. Im Turnierbetrieb (Bezirksliga) liegt seine Erfolgszahl bei > 1750. Die Partie gegen Hajo dürfte diesen Trend nicht schmälern.

Das Topduell Robert Gillenkirch-Thorben Weist (r.) endete mit dem dritten Sieg von Thorben

Spannend war zweifellos auch Roberts Kräftemessen mit Thorben. In dieser Partie setzte sich jedoch der Oberliga-Spieler in der Englischen Symmetrie-Variante durch. Allerdings sind in Hinblick auf die Notation noch offene Fragen zu klären, sodass ein abschließendes Urteil nicht möglich ist.

Evans-Gambit im 21. Jahrhundert? Ja!

Meyjohann-Paul (l.): Hier wurde eine 150 Jahre alte Partie neu aufgelegt.

Aufregendes Schach wurde auch in der Partie zwischen dem für die SF St. Johannes Spelle spielenden Patrick Meyjohann und Reinhard Paul gespielt.

Dabei entstand diese Stellung, die bereits 1866 in London  in der Partie zwischen Adolf Andersson und Wilhelm Steinitz entstanden war. Steinitz hatte zuletzt 7…d4-d3? gespielt, was Anderssen (historische ELO: 2744) mit 8.Dxd3? beanwortete. Die Schachwelt reagierte entsetzt, hatte der deutsche Mathematik-Professor zuvor in Analysen nachgewiesen, dass 8.Sg5 zu weißem Vorteil führt! In Hellern kam es gestern zur Neuauflage, als Patrick Neujohann versuchte, den Zug Dxd3 zu rehabilitieren. Das gelang nicht, die Partie gewann er trotzdem!

[Event „Hellern Open 2018“]
[Site „?“]
[Date „2018.03.15“]
[Round „3“]
[White „Meyjohann“]
[Black „Paul“]
[Result „1-0“]
[ECO „C51“]
[WhiteElo „1854“]
[BlackElo „1951“]
[Annotator „Thal,Ortwin“]
[SetUp „1“]
[FEN „1r3rk1/ppbqnpp1/2p4p/3pP3/P2P4/B5R1/2QN1PPP/1R4K1 w – – 0 24“]
[PlyCount „43“]
[EventDate „2018.??.??“]
[SourceDate „2015.09.05“]
[SourceVersionDate „2015.09.05“]

{Tatsächlich gelang Reinhard der Nachweis, dass der ominöse Zug 8.Dxd3 nicht
gut ist, aber nach einigen taktischen Scharmützeln stand der Spieler des SF
Spelle nun gleich.} 24. Rgb3 $11 f6 $2 25. e6 $5 (25. Rxb7 fxe5 26. dxe5 Rfc8
27. Rxa7 $16) 25… Qd8 $4 {Das stellt die Partie komplett ein.} (25… Qxe6
26. Re3 Qf5 $1 $11) 26. Rxb7 Rxb7 27. Rxb7 Qc8 28. Qb1 Re8 29. Rxa7 Bf4 $2 (
29… c5 $1 30. Bxc5 Nc6 31. Rb7 Nd8 32. Rb2 Qxe6 33. Nf1 $16) 30. Bxe7 Bxd2
31. Bxf6 $1 Rxe6 32. Be5 Qf8 33. Rxg7+ Qxg7 34. Bxg7 Kxg7 (34… Re1+ 35. Qxe1
Bxe1 36. Bxh6 $18) 35. Kf1 Bc3 36. Qd1 Re4 37. g3 Rxd4 38. Qb3 Rc4 {Wäre da
nicht der a-Bauern, könnte man beinahe von einer schwarzen Festung sprechen.
Aber der a-Bauern ist nun mal da.} 39. Ke2 Bf6 40. a5 Rc3 41. Qb7+ Kg6 42. a6
Rc2+ 43. Kd3 Rxf2 44. a7 Ra2 45. a8=Q {[%mdl 4] Beide Spieler verhandelten
eine der spektakulärsten klassischen Abspiele in der Italienischen Eröffnung,
bestätigten dabei aber nur das Urteil der Theorie.} 1-0

Ein aufregender Abend in Hellern, die Kiebitze durften sich freuen. Aber auch in den zurückliegenden Runden gab es noch einige Highlights.

Pondarabilien aus den Vorrunden

Zwei hübsche taktische Motive hat uns unser alter Mitstreiter Harald Szobries auf das Silbertablett gelegt. Harald ist gerade mit seinem Verein Freibauer Lübbecke in die Verbandsliga aufgestiegen. Wir gratulieren. Gegen Thomas Düvel (linkes Diagramm) gewann er Material und Partie. In seiner Partie gegen Thorben Weist hatte er weniger Glück: nach seinem Zug (rechtes Diagramm) stand er auf Gewinn, überschritt aber die Zeit!

Die Auflösung gibt es hier: Nachspiellink

In der virtuellen Tabelle führen nun

  • 1. T. Weist 3 P
  • 2. Mayjohann 2,5 P
  • 3. Gausmann 2 P
  • 4. Thöle 2 P

Weiteres auf unser Sonderseite zum Hellern Open 2018

Fotos: © 2018 Thal