Nur 2800 Einwohner zählt der Ort, aber Schach wird in Lieme groß geschrieben. Vom 09.-11. Oktober 2015 fand in dem Stadtteil von Lemgo der beliebte Lippe Cup statt. Tammo Lewin berichtet in seinem Gastbeitrag über das Wochenend-Open der SF Lieme.
Während die meisten Helleraner am zweiten Oktoberwochenende pflichtgetreu ihren Dienst bei den Mannschaftskämpfen verrichteten, habe ich die Gelegenheit genutzt, beim Lippe Cup in Lemgo mitzuspielen, der in diesem Jahr zum zwölften Mal von den Schachfreunden Lieme im dortigen Gemeindehaus ausgerichtet wurde
Eingeteilt in drei Ratinggruppen gingen insgesamt 97 Spieler an den Start. In der A-Gruppe, in der ich mitspielte, waren es 38. Die Spielbedingungen waren insgesamt in Ordnung: Positiv zu erwähnen sind die gute und kostengünstige Verpflegung, eine Analysemöglichkeit im Nebengebäude und die kompetente Turnierleitung, die für eine zügige Eingabe und Veröffentlichung der Ergebnisse sorgte.
Allerdings gab die erste Runde einen Eindruck von der Enge, die entstanden wäre, hätte sich die maximale Teilnehmerzahl von 120 ergeben. So konnten die Tische zur zweiten Runde glücklicherweise etwas weiter auseinandergestellt werden, auch wenn die Bedingungen im Saal nicht mit denen auf dem Podium zu vergleichen waren, auf dem die Spitzenbretter untergebracht waren. Außerdem sank das Sauerstoffniveau im Raum mit zunehmender Rundendauer mitunter gefährlich ab, was den einen oder anderen Fehler entschuldigen mag.
Neben mir war mit Harald Szobries ein Ex-Helleraner an den Start gegangen, mit dem mich bei diesem Turnier eine Art Schicksalsgemeinschaft zu verbinden schien, da wir beide gegen das Gegnertrio Hofschlag, Jusup, Neumann anzutreten hatten, wobei ich diese Sonderwertung mit 2-1 für mich entscheiden konnte, da Harald hier nur zwei Remisen glückten; am Ende landete er mit 2,5/5 auf dem 21. Platz.
Mein eigenes Turnier endete mit fünf Siegen – von Weiß! Ich hatte eine ungerade Startnummer und damit in der ersten Runde Aufschlag: Der Schwarzspieler, der zuvor mit b6 seine Königsstellung unheilvoll geschwächt hatte, um den weißen Turm von c5 zu vertreiben, sah seine Chance gekommen, das materielle Gleichgewicht wiederherzustellen, und verband seinen letzten Zug mit einem Remisangebot.
Lewin – Hofschlag (1723)
Jedoch folgte 26.Td1 Die Pointe der letzten weißen Züge, Schwarz hätte sich mit dem Minusbauern abfinden müssen. 26…Sd6 [26…De8 27.Txd8+ Dxd8 28.Lxb5+-] 27.Lxb6 axb6 28.Dxb6+ Db7 [28…Ka8 29.Tc7 Sec8 30.Da5+ Kb8 31.Txd7+-] 29.Txd6 Sc8 [29…Dxb6 30.Txb6+ Ka7 31.Txe6+-; 29…Txd6 30.Dxd6+ Ka8 31.Tc7+-] 30.Dxd8 Txd8 31.Txd8 Db4 32.Tcxc8+ 1-0
In der zweiten Runde bekam ich mit Haralds Erstrundengegner Matej Jusup den ersten dicken Brocken zugelost, gegen den ich lange eine sehr bequeme Stellung hatte, bevor er im Endspiel Druck entwickelte, den ich aber zunächst neutralisieren konnte:
Jusup (2222) – Lewin
Weiß hat zuletzt etwas unglücklich manövriert, der Läufer spielt nicht mit. 34…Td1+ [34…Lb4=] 35.Kh2 g4 Die richtige Idee in etwas unsauberer Ausführung. [35…Ld6 36.Txa5 Kg7= Schwarz hat genug Gegenspiel.] 36.g3 fxg3+ 37.fxg3 [besser ist 37.Kxg3] 37…Ld6 38.Txa5 Te7? Träumt von einem Mattangriff und übersieht das weiße Gewinnmanöver. [38…Td3 39.Tg2 Kg7=] 39.Ta8+! Kg7 40.Td8 Tee1 [40…Lxg3+ 41.Kxg3 Txd8 42.c7+-] 41.c7 1-0
Hier war sicher mehr drin für Schwarz, immerhin konnte ich dann am Nachmittag einen netten Zug anbringen:
Lewin – Reinhard (1894)
Stellung nach 17. … h6?
Es folgte: 18.Sxd7 Sxd7 19.Lxe7 Txe7 20.Sd5 Autsch! … 1:0 (40)
Damit hatte ich mein Pulver aber weitgehend verschossen und am Sonntag ließ die Qualität meines Spiels dann drastisch nach. Am Vormittag kassierte ich zunächst eine ziemlich deutliche Sizilianisch-Niederlage gegen Robin Bentel (2127), bevor ich dann in der Schlussrunde relativ schnell auf Gewinn stand.Das veranlasste meinen Gegner zu einem Verzweiflungsopfer, das eigentlich leicht zu widerlegen war. Ich gab die Mehrfigur jedoch später unnötigerweise zurück, wodurch es dann noch einmal sehr gemischt wurde:
Lewin – Neumann (1771)
Stellung nach 24…Dd6-c5
25.Lh3 Objektiv schlecht, spekuliert dieser Zug darauf, dass Schwarz mit 15 Minuten für 15 Züge bestimmt den Springer zieht. Wer kann schon einem Abzugsdoppelschach widerstehen? 25…Se2+? [25…Sf3+? 26.Kg2+-; 25…Th5! 26.Lxd7 Sf5+ 27.Tf2 Sxg3] 26.Kg2 Sxg3 27.Txd7+ Kxd7 28.Lxf5+ [28.Kxg3 war stärker, hätte aber auch nicht schneller gewonnen.] 1-0
Drei Punkte somit für mich, was gleichbedeutend mit dem 13. Platz war. Turniersieger wurde der favorisierte IM Sebastian Plischki, der zwar in der ersten Runde ein Remis abgab, aber die restlichen Partien für sich entscheiden konnte, was ihm am Ende einen Vorsprung von einem halben Punkt einbrachte.
Insgesamt kann ich das Turnier empfehlen, vielleicht haben im nächsten Jahr ja noch andere Helleraner Lust mitzuspielen?
Tammo Lewin
Turnierseite der Verstalters SF Lieme
Die Partien können hier nachgespielt werden.