Wir bedanken uns für den folgenden Gastbeitrag von Niels Dettmer.
Vom 25.11 – 27.11. fand in Nordhorn das letzte Turnier des NSV-Grandprix 2016 statt.
Seit fünf Jahren wird es zum Gedenken an den in 2011 verstorbenen Andreas Schaar so genannt. Ich hatte im letzten Jahr das erste Mal teilgenommen und mir hatte die Atmosphäre gefallen.
Im Vorfeld versuchte ich, diverse Spieler aus unserem Verein und von der SG Osnabrück zu einer Teilnahme zu bewegen. Leider konnte nur Arsim Hana, der früher auch für Nordhorn-Blanke gespielt hat, motivieren. Um 16:00 habe ich mich mit Arsim an der Lotter Straße getroffen und wir fuhren gemeinsam nach Nordhorn. Als wir eintrafen wurden die letzten Bretter grade aufgebaut. Ich vertrieb mir die Zeit mit ein paar Blitzpartien.
In der Gruppe A traten 61und in der Gruppe B bis DWZ 1600 48 Spielerinnen und Spieler an.
Wie schon in Nürnberg rutschte ich in die untere Hälfte und durfte in der 1. Runde gegen Jasper Holtel (TWZ 2233) von der SK Münster an Brett 3 spielen. Zum Glück hatte ich Weiß und hoffte damit im weiteren Turnierverlauf auf insgesamt drei Partien mit Weiß.
Gegen FM Holtel spielte ich mein London System gegen die Königindische Verteidigung und kam ganz ordentlich aus der Eröffnung heraus. Im 18. Und 19. Zug fand ich aus späterer Sicht nicht die besten Züge und habe danach meine Stellung Stück für Stück verschlechtert, bis ich nach dem 38. Zug von Schwarz eine völlig verlorene Stellung aufgegeben habe. Der Verlust war kein Beinbruch, aber ich hätte meinem Gegner doch wesentlich zäheren Widerstand leisten können.
Am Samstag begann die zweite Runde bereits um 09:00 Uhr. Ich durfte an Brett 22 gegen Wahe Boghossian (TWZ 1583), einen jungen holländischen Schachtalent, mit Schwarz spielen. Vor Spielbeginn machte ich mir Hoffnungen mindestens ein Remis zu holen, wenn nicht sogar zu gewinnen. Es kam die Vorstoß-Variante in der Französischen Verteidigung aufs Brett und nach der Eröffnung erreichte ich Ausgleich und fing an, auf dem Damenflügel zu spielen. Im 16. Zug ließ ich einen taktischen Schlag aus, den ich gesehen, aber nicht weit genug gerechnet hatte. Das sollte sich fürchterlich rächen. Im 22. Zug musste ich die Qualle opfern, um aktives Spiel zu bekommen. Danach habe ich meine Stellung völlig falsch eingeschätzt und binnen weniger Züge total ruiniert. Ich gab nach dem 35. Zug von Weiß in hoffnungsloser Stellung auf.
Von meiner Leistung total enttäuscht und völlig frustriert davon, mit zwei Niederlagen in ein Turnier zu starten, nahm ich mir vor am Nachmittag zu gewinnen. Koste es, was es wolle.
Die dritte Runde startete um 15:30. Ich hatte Weiß gegen David Hungeling (TWZ 1536), einem jungen Talent vom SK Münster. Natürlich spielte ich wieder meine Hauptwaffe mit Weiß und brachte das Kunststück fertig, mit meinem 5. Zug einen Bauern einzustellen. Diese Schwäche nutzte mein Gegner sofort aus. Nach wenigen Zügen stand ich also auf Verlust, na toll, super gemacht.
Also spielte ich ab den 9. Zug volles Risiko und setzte meinen Gegner unter Druck. Ich opferte noch einen Bauern, um die b- und c-Linie für meine Türme zu bekommen. Den Bauern bekam ich sofort zurück und mein Turm war auf der 7. Reihe. Im 17. Zug konnte ich dann den Springer auf c6 gewinnen (und ließ damit einen noch viel stärkeren Zug aus). Ab hier spielte sich die Partie fast von alleine. Ich tauschte die Türme und wickelte in ein gewonnenes Figurenendspiel ab. Nach dem 34. Zug gab Schwarz auf und ich hatte meinen ersten Punkt. Puuuuhh, noch mal Glück gehabt.
Sonntag um 09:00 begann die vierte Runde. Ich war für meine Verhältnisse früh ins Bett gegangen und saß entsprechend ausgeruht am Brett. Das war auch gut so, denn mein Gegner hieß Jarno Scheffner (DWZ 1777) vom SK Nordhorn-Blanke und ich hatte Schwarz. Wir hatten schon bei der Bezirkseinzelmeisterschaft die Klingen gekreuzt. Dort hatte ich nach einem inkorrekten Opfer von Jarno meinen Vorteil einzügig weggestellt und musste ums Remis kämpfen. In der letzten Partie hatte ich wohl doch einen guten Eindruck hinterlassen, denn Jarno wählte nicht seine Hauptwaffe e4, sondern Sf3. Ich wählte meine Hauptwaffe Königsindisch als Verteidigung und hatte schnell Ausgleich und ab dem 16. Zug sogar eine bessere Stellung erreicht. Mit meinem 20. Zug bot ich Remis an, was Jarno auch nach kurzer Überlegung annahm. In der Postanalyse stellten wir fest, dass Weiß eigentlich nur noch ums Remis kämpfen kann.
So weit, so gut: 1,5 aus 4 war nicht mein Traumergebnis, aber besser als nichts. In der letzten Runde standen meine Chancen ganz gut Weiß zu bekommen und mindestens einen halben Punkt einzuheimsen.
Vor der 5. Runde führten Jan Wöllermann und Christof Sielecki mit je 4 Punkten. Einige Schachfreunde äußerten vor dem Spiel die Befürchtung, dass die beiden ein schnelles Remis machen und am Ende die bessere Buchholz entscheiden lassen würden. Da hatten sie die Rechnung ohne Jan gemacht, dazu aber später mehr. Insgesamt gesehen sollte die 5. Runde an vielen Brettern ganz großes Kino werden.
Ich bekam es mit Niklas Brinkers DWZ 1818 zu tun. Mal wieder gegen meine Nemesis, hatte ich doch die letzten beiden Begegnungen jeweils nach besserer Stellung unglücklich verloren. Es war auch von Anfang an klar, dass wir beide auf Sieg spielen würden. Niklas ist für sein Holländisch bekannt, also wählte ich eine Eröffnung, in der ich permanent meinen schwarzfeldrigen Läufer nach g7 gucken lasse. Es war auch das erste Mal seit 2011, dass ich nicht meine Hauptwaffe im Turnierschach gespielt habe. Die Eröffnung war ein einziges Belauern bis zum 9. Zug von Schwarz. Hier stellte Niklas einen Bauern ein. Von da aus spielten wir beide aggressiv weiter. In meinem 22. Zug machte ich eine Ungenauigkeit und sofort war Niklas wieder im Spiel. Nach meinem 25. Zug hatte ich nur noch 37 Minuten für 15 Züge in komplexer Stellung. Also spielte ich ab jetzt voll auf Angriff. Nach meinem 30. Zug hatte ich schon wieder Vorteil erreicht, aber nur noch 22 Minuten für 10 Züge. Die Spannung stieg, aber nicht nur an meinem Brett. Auch bei Niklas stieg die Anspannung merklich an, hatte er doch zwischen dem 30 und dem 35. Zug 39 Minuten verbraucht. Nach dem 35. Zug hatte ich nur noch 5 Minuten für 5 Züge und mein Vorteil war dahin. Dann wechselte das Glück von Zug zu Zug. Nach dem 36. Zug von Schwarz hatte ich eine klare Gewinnstellung, nur um sie sofort wieder zu verpatzen. Mein Gegner atmete hörbar auf, nur um mit dem 37. Zug seine Stellung völlig zu ruinieren.
Was war inzwischen bei Jan passiert? Jan hatte eine wirklich sehenswerte Angriffs-Partie mit Weiß gespielt und ein gewonnenes Endspiel auf dem Brett, dafür aber auch viel Zeit verbraucht.
Zurück zu meiner Partie. Mit einer Minute Restzeit führte ich meinen 40. Zug aus, mein Gegner hatte auch nur noch 5 Minuten auf der Uhr. Mit dem 41. Zug gewann ich eine Figur und nach einem weiteren Fehler meines Gegners konnte ich ihn im 45. Zug Matt setzen.
Zurück zu Jan. Jetzt konnte ich ausgiebiger kiebitzen. Was wir dort zu sehen bekamen, war für mich die hohe Schule der Schachspielkunst. Das Endspiel hat sich zu einem Läufer-Springer-König gegen König-Endspiel abgewickelt. Zu allem Überfluss hatte Jan nur noch rund 2 Minuten und 50 Sekunden auf der Uhr und sein Gegner war ein IM. Und der weiß: ein Fehler und das Endspiel ist Remis. Aber die Endspieltechnik von Jan war wirklich beeindruckend und mit 54 Sekunden Restzeit hat er IM Christof Sielecki Matt gesetzt und wurde Turniersieger.
In der Gruppe A gewann Jan Wöllermann (SG Aufbau Magdeburg) mit 5 P aus 5 vor Patrick Wiebe SK Nordhorn-Blanke (4,5/5) und IM Christof Sielecki (SV Dinslaken) mit 4 aus 5.
Ich war mit meinem Ergebnis von 2,5 aus 5 am Ende ganz zufrieden.
In der Gruppe B gewann Klaus Baer SC Gronau (4,5/5) vor Rainer Gesterkamp SK Nordhorn Blanke mit 4 aus 5 und David Jacob SK Bad Lippspringe mit ebenfalls 4 aus 5.
Bedanken möchte ich mich für die gute Organisation, die gute Turnier- und Schiedsrichterleistung und für die gute und preiswerte Versorgung der Schachspieler mit Essen und Getränken. Wenn es sich zeitlich einrichten lässt, komme ich im nächsten Jahr gerne wieder.
Der SV Hellern gratuliert Jan natürlich auch herzlich!!!!