Oberliga: Punktgewinn oder Punktverlust ? – das ist hier die Frage

SK Union Oldenburg – SV Hellern = 4-4
In der 3. Runde der neuen Oberliga-Saison mussten wir zu unserem Weser-Ems-Dauerrivalen aus Oldenburg. Nachdem bereits im Vorfeld Christian Böttcher und Jens Güting  abgesagt hatten, fielen kurzfristig auch noch Dr. Ingo Gronde und Reinhold Happe aus, so dass wir 4-fach-Ersatz benötigten. Mehr im Bericht von Jörg Stock.

Auch wenn wir keine Chance hatten, wollten wir diese doch nutzen.

Unser engagierter neuer Mannschaftsführer Jürgen Grosser akquirierte die in unzähligen Oberliga-Schlachten gestählten „Locke“ Hart und Hajo Bade, den als Oberliga-Favoritenschreck bekannten Dominik Suendorf und unseren besten Junior Manuel Kamps. Wie sich herausstellen sollte, bewies er damit ein glückliches Händchen. Die Anreise verlief entspannt und so trafen wir frühzeitig im neuen „Spiellokal“ der Oldenburger ein, das sich als klare Verbesserung gegenüber dem alten herausstellte.

Die Oldenburger mussten nur einen Stammspieler ersetzten, so dass wir uns im Vorfeld als klarer Außenseiter sahen. Nur an Brett 1 und 2 hatten wir nominelle Vorteile, an den restlichen Brettern lagen die Gegner zahlenmäßig teils deutlich vorne. Die stochastische Erwartung war somit eine 3:5 Niederlage, wobei wir an den Brettern 1-4 noch mit zwei Punkten rechnen durften, war an Brett 5-8 nur ein Punkt zu erwarten. Aber auch wenn wir keine Chance hatten, wollten wir diese doch nutzen.

„Locke“ friedvoll, Dominik mit Paukenschlag

Ein erster Rundgang nach der Eröffnungsphase sah vielversprechend aus. Die Schwarzspieler hatten vertraute Stellungen und schon mehr oder weniger Ausgleich erzielt, während an den Weißbrettern chancenreiche Stellungen mit Initiative festzustellen waren.
Als Erster beendete „Locke“ Hart seine Partie. Er konnte im Geschlossenen Sizilianer eine Mini-Initiative verzeichnen und zwischenzeitlich das Läuferpaar für sich reklamieren. Allerdings musste er dieses bald wohl oder übel gegen einen zu aktiven Springer wieder abgegeben, so dass man sich daraufhin auf Remis einigte.

Für einen Paukenschlag sorgte Dominik an Brett 7. Gegen eine eher seltene sizilianische Nebenvariante seines Gegners spielte er konsequent auf Raumvorteil und schnelle Entwicklung und hatte schnell eine aussichtsreiche Stellung erreicht. Der Gegner versuchte unrochiert einen Angriff auf den weißen König, den Dominik aber sehr umsichtig und überzeugend abblockte. Als der Gegner sich dann doch noch zur langen Rochade entschloss, entkorkte Dominic eine Springergabel, die Damengewinn oder Matt zur Folge hätte, so dass der Gegner sofort aufgab.

Mit diesem ganzen Punkt war die Gewinnerwartung an den unteren Brettern bereits übertroffen und spätestens jetzt wurde der Mannschaft bewusst: Hier ist heute was zu holen.

Der Rückschlag

In meiner Partie konnte ich recht schnell Ausgleich erreichen und zwischenzeitlich eine kleine Initiative erlangen. Am Ende stand sogar ein gedeckter Freibauer im Bauernendspiel, allerdings ohne Einbruchsmöglichkeiten für meinen König, so dass die Stellung tot Remis war.

Jetzt mussten wir eigentlich „nur“ noch an den Brettern gewinnen, an denen wir favorisiert waren. Ein kleiner Rückschlag war dann Holger Lehmanns Partie. Er hatte aus der Abtauschvariante im Damengambit ein starkes Zentrum und aktives Figurenspiel entwickelt und eine klare Initiative und Raumvorteil. Nach einem kleinen taktischen Intermezzo wurde die Stellung aber zunehmend komplizierter, was sich auch in Holgers Zeitverbrauch wiederspiegelte. Sicherlich bringt hier die Analyse mehr Aufschluss, aber gefühlt war hier einiges mehr drin für Holger. Am Ende kam es nach taktischen Verwicklungen zu einem Turmendspiel mit Minusbauer für Holger. Mit einer Feinheit wäre ein Remis möglich gewesen, aber wer zieht schon seinen freien a-Bauern, der eigentlich so schnell wie möglich zur Umwandlung schreiten will, nach a3 statt nach a4 ? So war es dann doch verloren und der Zwischenstand von 2:2 hergestellt.

Aber werfen wir einen Blick auf unsere Spitzenbretter. Hannes Ewert an Brett 2 hatte es mal wieder mit einem Spanier zu tun und konnte bei noch vollem Brett in der Eröffnung ausgleichen. Sein Gegner versuchte nun einen Königsangriff mit Bauernsturm, den Hannes aber gewohnt präzise konterte. Irgendwann wurde es dann taktisch und der Oldenburger bekam einen weit vorgerückten Freibauern. Dieser konnte aber beherrscht werden und ein starkes schwarzes Läuferpaar sorgte dann für schwarze Bauerngewinne. An der schwarzen Gewinnposition konnte auch eine zwischenzeitlich ins Geschäft gesteckte Qualität nichts mehr ändern. Hannes spielte das technisch sauber zu Ende und sorgte für die erneute Führung.

Mehr Zeit auf der Uhr als zu Beginn!

Jetzt richteten sich die Blicke zur Partie von Alexander Hoffmann an Brett 1. Dieser hatte sich nach der etwas deprimierenden Niederlage gegen Braunschweig nach eigener Aussage erstmals richtig vorbereitet. Und das offenbar erfolgreich. Für starkes Spiel auf den schwarzen Feldern opferte er einen Bauern und nach rund 15 Zügen hatte er einen Quasi-Mehrbauern, eine dominante Figurenstellung und mehr Zeit auf der Uhr als zu Beginn der Partie. Am Ende konnte er in ein Turmendspiel mit tatsächlichem Mehrbauern abwickeln, welches er technisch einwandfrei zum Sieg und damit zur 4:2 Führung führte.

War jetzt sogar noch mehr drin als ein Punkt ? Manuel Kamps an Brett 8 hatte es mit einem erfahrenen Oldenburger Recken zu tun, konnte aber in der Caro-Kann-Abtauschvariante recht sicher eine ausgeglichene Stellung herstellen. Danach begann eine lange Phase des Lavierens. Hier fand Manuel nicht die richtigen strategischen Pläne. Sein Gegner baute Druck und Drohungen auf. Schließlich kam es zu einem Schwerfigurenendspielt mit einem Minusbauer für Manuel. Schwerwiegender war aber die unsicherer Königsstellung. Letztlich war die Partie nicht mehr zu halten.

Nicht zum ersten Mal ruhten damit die Hoffnungen auf den Hajo Bade. Hajo hat schon oft bewiesen, dass er diese Rolle durchaus beherrscht und schon so manchen Mannschaftskampf nach Hause gebracht oder gerettet hat. In einer seiner Lieblingsvarianten der französischen Verteidigung gelang es ihm zunächst, den Ausgleich herzustellen und später sogar die Initiative zu erlangen. Es kam zu einem komplexen Läufer-Springerendspiel mit Mehrbauer für Hajo, allerdings zwei Freibauern für den Gegner, u.a. auf der h-Linie. Eine Bewertung ist ohne ausführliche Analyse schwierig. Gefühlt gab es Stellen in der Partei, wo Hajo gute Chancen hatte. Am Ende aber entschied dann leider die Unfähigkeit des Springers, einen Randbauern zu stoppen, die Partie zugunsten des Oldenburgers.

So kam es zum 4:4, das den Oldenburger eher etwas schmeichelte und uns mit der Eingangsfrage zurückließ. Sehen wir es positiv – um 11.00 Uhr zu Wettkampbeginn hätten wir das 4:4 sicherlich sofort unterschrieben.

Quelle: Deutscher Schachbund
Quelle: Deutscher Schachbund

Nun gilt es im nächsten Kampf gegen Uelzen unbedingt nachzulegen, hoffentlich dann mit dem ein oder anderen Stammspieler mehr.

Jörg Stock