Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Kurz nach der Einzelmeisterschaft wurde im Spiellokal des SV Hellern ermittelt, wer denn nun das beste Team hat. Die Antwort wird man im Barenturm gerne hören: es ist der Osnabrücker Schachverein. Zweiter wurde die SG Osnabrück – und zusammen deklassierten beide Teams das Teilnehmerfeld.
Geringe Resonanz
Die Zeiten, in denen Blitz-Meisterschaften 20 oder mehr Teilnehmer anzogen, sind vorbei. Auch die Blitz-Mannschaftsmeisterschaft hat schon bessere Zeiten erlebt. Man möge nur in den alten Bezirksheften blättern…
Gleichwohl hätten die beiden erstplazierten Mannschaften auch in einem größeren Turnier ganz vorne mitgespielt. Sowohl der OSV (Ramirez Marin, Hummel, Wielebinski, Schiermeyer) als die SG Osnabrück (Antonov, FM Haskamp, Rachut, Selker) waren mit starken Blitzern angetreten. Gastgeber Hellern und auch die beiden Teams des SK Nordhorn-Blanke waren geizig. Sie hatten die Besten zuhause gelassen. Besser formuliert: diese waren zuhause geblieben.
Anm: Der SK Nordhorn-Blanke bat um Richtigstellung. So nahmen unsere Schachfreunde an der Norddeutschen Blitzschach-Mannschaftsmeisterschaft 2022 in Wittenberge teil, wo sie sich für die 38. Deutsche Mannschaftsmeisterschaft im Blitzschach qualifizierten. Einen ausführlichen Bericht von Fabian Stotyn gibt es hier.
Folglich ging es für diese Teams nur um Platz 3. Die Tabelle zeigt auf jeden Fall eine Zweiklassengesellschaft.
Und die Gründe? Auf der chicen und nagelneuen Website des Bezirks wurde noch die BEM 2019 beworben und auch in der Rubrik „Termine“ gab es dort keine Werbung für die Doppelveranstaltung. Ob mehr PR nötig war?
Dabei ist das Blitzen keineswegs unpopulär geworden, allerdings sprechen analoge Angebote nur noch wenige Interessenten an. Gezockt wird bei der DSOL oder auf Lichess und wenn man in der neuen Ausgabe des Schachmagazins „KARL“ erfährt, dass Schachportale einen unglaublichen Zulauf haben, dann ahnt man, dass das analoge Schach, liebevoll „over-the-board-chess“ genannt, Opfer einer neuen Schachkultur werden wird. Und die ist digital.
Beliebte Online-Portale haben auch in Deutschland mittlerweile Abonnenten im sechsstelligen Bereich und Großmeister wie Hikaru Nakamura verdienen mehr Geld mit ihren Online-Angeboten als durch Turniersiege im angestaubten „over-the-board-chess“. Wer sich allzu gemütlich zurücklehnt und dies nur für eine Marotte des flatterhaften Zeitgeistes hält, wird irgendwann aufwachen. Und dann wird er merken, dass alles kein Alptraum ist, sondern die neue Realität. Denn eins ist klar: die Digitalisierung des Schachs kommt bei der Zielgruppe an, denn immer mehr interessieren sich für Schach – und für professionelles Entertainment!
Dabei haben Schachvereine viel zu bieten, zum Beispiel ein Vereinsleben mit richtigen Menschen – und nicht mit Avataren. Nur müssen sie fitter werden. Auch in Sachen PR. Und dazu gehören funktionierende Webpräsenzen und frische Angebote. Sonst wird der Schachverein wieder ein Sammelbecken für Rentner, die ins Vereinsheim kommen, weil sie mit einem Computer nicht umgehen können.
Die Sieger
Dritter wurde der SK NOH-Blanke, der wie auch Hellern mit den Spielern antrat, die schon bei der BBEM dabei waren – eine konditionelle Herausforderung.
Den zweiten Platz erreichte die SG Osnabrück. Beste Scorer waren Stefan Haskamp und Marc Selker mit jeweils 7 P (8) vor BBEM-Vizemeister Alexander Antonov mit 6 P (8).
Für den Osnabrücker SV punkteten besonders gut Ivan Ramirez Marin 7½ P (8) sowie Dirk Hummel und Paul Wielebinski mit jeweils 7 P (8).
Beim Gastgeber waren einige Spieler wohl ausgelaugt. Ausgerechnet jene, die bei der BBEM noch topfit waren, konnten im zweiten Turnier nicht mehr liefern. Immerhin holten Andre Böhme 4 P (8) und Alexander Travica 3½ P (8) noch manierliche Ergebnisse.
Bleibt zu hoffen, dass die von Niels Dettmer gut organisierten Veranstaltungen in der Zukunft größeren Zuspruch finden. Allen, die dabei waren, hat es jedenfalls Spaß gemacht.
Fotos: © Thal 2022