In seinem Gastbeitrag berichtet Hannes Ewert vom langen Weg zum Gewinn der Deutschen Ländermeisterschaft und wirft dabei einen Blick hinter die Kulissen eines Teams, das auch vor und nach den Spielen so einiges erlebt hat.
Warten auf die Bundesbahn
Am 2.10.2018 machte ich mich auf den Weg, um nach Hannover zu fahren, da dort der Treffpunkt aller Spieler inklusive des Trainers (GM Dimitry Kollars) war, die nicht schon direkt nach Würzburg gefahren sind. Daniel Prenzler und Jeremy Hommer waren schon direkt nach Würzburg gefahren, aber bevor ich mit dem eigentlichen Turnier anfange und davon erzähle, gibt es noch einige Versäumnisse der Deutschen Bahn zu benennen.
Unsere Route war relativ klar: Hannover – Göttingen (Umstieg) – Würzburg. Abgesehen von den 25 Minuten Verspätung des Zuges in Osnabrück, von denen nur ich betroffen war, mussten wir nach Umstieg in Göttingen feststellen, dass der Zug in Kassel einfach anhält und nicht weiterfährt. Gründe wurden nicht genannt. Infolgedessen mussten wir circa 70 Minuten auf den nächsten Zug warten, der uns dann aber auch nach Würzburg brachte.
Als wir dann endlich ankamen und auch die Wohnungen (!) bezogen, machten wir uns zum Essen auf dem Weg in die Jugendherberge. Als Information muss gesagt werden, dass wir nicht in der Jugendherberge unser Quartier aufgeschlagen hatten, sondern externe Wohnungen bekommen hatten, was deutlich angenehmer war.
Wer denn nun mit wem und wie viele?
Der Fußweg zur Jugendherberge betrug circa 4 Minuten, also kein Problem. Bezüglich der Aufteilung der einzelnen Spieler in den Wohnungen gab es unterschiedliche Möglichkeiten und Meinungen.
Hier ein Gedanke zur möglichen Aufteilung: Es gab drei Wohnungen und 12 Leute, sprich: es sollten 4 pro Wohnung sein, aber das „Problem“ an der ganzen Sache war, dass unter den 12 Teammitgliedern zwei Trainer waren und diese vorzugsweise beide eine Wohnung gemeinsam bekommen sollten, damit dort auch vorbereitet werden kann. Somit hatten wir noch 10 Teammitglieder, davon vier Mädchen (Jana, Lara, Bente, Andreea-Alexandra), die in zwei Wohnungen untergebracht werden mussten. Die sechs Jungen waren Christian, Torben, Jeremy, Jan, Sören und meine Wenigkeit.
Jetzt fragt sich der Leser bestimmt mit Blick auf das Team: Wer sind Sören und Bente? Die beiden haben bei der Schachgemeinschaft Bremen /Niedersachsen mitgespielt und da sie ein Teil des Niedersächsischen Verbands sind, hatte man entschieden, dass sie auch bei uns dabei sind, was ich aber gut finde. Jedenfalls haben die vier Mädchen eine Wohnung bekommen und die sechs Jungen mussten in einer Wohnung klarkommen. Dazu haben wir noch zwei Luftmatratzen bekommen, mit denen wir dann auf sechs Schlafmöglichkeiten gekommen sind.
Als wir dann feststellten, dass das Essen in der Jugendherberge nicht unbedingt unseren Wünschen entsprach, machten wir einen Deal aus: Die Aufteilung: Trainer -4 Mädchen -6 Jungs – und Daniel zahlt das Abendessen die nächsten Tage! Da haben wir gerne zugestimmt und so endete der erste Tag in Würzburg mit der Vorbereitung auf Thüringen.
Dann wurde auch die Mannschaftsführung auf meine Person übertragen, was ich eigentlich ziemlich cool fand, weil man eine gewisse Vorbereitung hat und das Bestmögliche mit dem Team erreichen will.
Keine einfachen Gegner – auch nicht in Runde 1
Der nächste Tag startete mit dem Match gegen Thüringen, das wir 5-3 gewinnen konnten. Thüringen spielte eine sehr starke DLM, was so gar nicht zu erwarten war. Gerade in der ersten Runde wünscht man sich als einer der Favoriten (wir waren an 2 gesetzt!), dass man einen einfachen Gegner bekommt, aber das war gar nicht der Fall, weswegen wir uns auch einige Zeit quälten.
In Runde 2 am gleichen Tag, wir hatten also eine Doppelrunde, kam es zum Duell gegen Bayern 1, was wir wirklich sehr souverän mit 6-2 gewinnen konnten.
Zwischen Doppelrunden ist immer wenig Zeit zum Vorbereiten und Runterkommen, aber jeder war voll auf der Höhe und hat seine Leistung gezeigt. Somit bekamen wir am Ende des Tages die Pizzen von Daniel bezahlt und die Gedanken waren schon beim nächsten Kampf am nächsten Morgen. Die Auslosung ergab, dass wir gegen NRW spielen mussten, die auch gut aufgestellt waren. Zum Glück war es nur eine Einzelrunde, da ich schon merkte, dass Doppelrunden kräftezehrend sind.
In Runde 3 spielten wir leider nur 4-4, obwohl es lange Zeit nicht schlecht aussah und ich uns auf der Siegesspur sah. Die Partie, die mir persönlich im Kopf geblieben ist, ist die Partie von Christian gegen Alex Browning. Ich weiß nicht wie oft Christian auf Verlust stand, aber irgendwie kann er hoffnungslose Stellungen noch klar für sich entscheiden und somit hatten wir am Ende doch noch Glück mit dem 4-4. Am Abend gab es dann was von McDonald’s.
Am nächsten Morgen durften wir endlich den zweiten Tisch verlassen und in Runde 4 gegen Hessen an Tisch 1 spielen. Setzplatzlistenerster gegen Setzplatzlistenzweiter, was soll der Plan sein? Am besten an 5-7 gut punkten und an 3 und 4 nicht verlieren!
Bevor ich das Remisangebot von Marian Can Nothnagel annahm, stellte ich fest, dass Torben Knüdel einfach einen Bauern mehr hatte, dazu einen guten Springer gegen einen schlechten Läufer, und diese Partie vermutlich gewinnen wird. Dazu habe ich bei Lara gesehen, dass sie einfach fett auf Gewinn stand, was sie auch verwertete. Somit wurde an 3 und 4 sogar gewonnen! Ich war mir sicher, dass wir gewinnen und so kam es dann auch. Trotzdem war ich von der Höhe überrascht, da wir 5,5-2,5 gewannen, was ja schon deutlich ist.
Spitzenreiter!
Auch gegen Schleswig-Holstein waren wir an 3 und 4 zahlenmäßig unterlegen, aber unterschätze keine Spieler, die in Form sind! Torben und Lara konnten gegen den Bruder von Rasmus Svane (spielt für Deutschland bei der Olympiade) und Daniel Kopylov (Sein Vater spielt seit Jahren auf 2450-2500er-Niveau) remisieren, was dann auch gut für den Mannschaftskampf war, da wir wie immer an 5-7 überlegen waren und wir da auch die besten Spieler im Vergleich zu den anderen Mannschaften hatten. Somit konnte Jan seinen Vorteil nutzen, damit wir an den anderen Brettern remisieren konnten. Zusätzlich muss gesagt werden, das Andreea eine gewonnene Stellung hatte und es auch 5-3 ausgehen hätte können, also auch hier wieder eine super Mannschaftsleistung! Am Abend gab es dann was vom Griechen 🙂
Runde 6: Am Samstag mussten wir dann gegen Baden 1 spielen, die wie jede andere Mannschaft auch gut aufgestellt waren. Leider verloren wir unseren Kampf mit 3,5-4,5, obwohl es nicht schlecht aussah. Ich hatte mich zurückgekämpft und habe dann im Endspiel mit wenig Zeit danebengegriffen. Jana hatte eine gute Stellung, übersah dann aber ein Dauerschach auf der siebten Reihe. Die Niederlage war wirklich nicht nötig. „Zur Strafe“ mussten wir dann in der Jugendherberge essen, was sich dann auch als Strafe herausstellte.
Am letzten Tag war die Ausgangsposition so: NDS, Baden 1 und Hessen – alle mit 9 MP. Hessen und Baden 1 spielten aber gegeneinander und wir bekamen mit Sachsen-Anhalt einen „einfachen“ Gegner, wir hatten also die leichteste Aufgabe.
Der Matchplan war: 4,5 Punkte – egal wie, egal wo. Im Nachhinein hätte das wohl gar nicht gereicht, aber ich hatte im Mannschaftskampf den Überblick und habe für die Mannschaft beim Stand von 4-0 für uns der ehemaligen Niedersachsenspielerin Fiona Sieber ein Remis-Angebot gemacht, was sie nicht ablehnen konnte, da ich deutlich besser stand. Somit hatten wir den Sieg in der Tasche. Ich wusste, dass Torben die Partie gegen Jonas Roseneck auch remisieren würde, weswegen wir mindestens 5 Punkte haben werden und das absolut ausreichen würde. Glücklicherweise gewannen wir sogar 5,5 zu 2,5 und haben somit den Deutschen Ländermeistertitel nach Niedersachsen geholt!!!
Im Anschluss gab es dann die Siegerehrung und wir wurden als Sieger gekürt! Im Anschluss konnten wir endlich mit dem Zug nach Hause fahren und ich selber kam um 21:00 Uhr zuhause an.
An dieser Stelle betone ich nochmal, dass diese Mannschaft wirklich sehr mannschaftsdienlich gespielt hat und die Mannschaftsleistung bei allen im Vordergrund stand. Keiner hat sich geweigert, wenn ich gesagt habe, dass sie das Angebot zum Remis annehmen sollten/können, damit die Mannschaft dadurch einen Vorteil hat bzw. gewinnt. Super Truppe, Super Turnier! Gerne wieder 🙂
#FürDieMannschaft
#DeutscherMeister
#Niedersachsen
Das Team war ein Team
Anm. der Red.: Leider sind wir mit diesem investigativen Bericht nicht schnell genug gewesen und verweisen daher auf Daniel Prenzler schönen Bericht, der um einiges früher erschienen ist und den guten „Geist von Würzburg“ erklärt.