DSGVO wird ab heute angewendet

Freiwillig möchte sich wohl keiner mit dem Thema beschäftigen. Obwohl fast alle betroffen sind. Über das Kernanliegen der neuen Datenschutz-Verordnung habe ich berichtet. Heute folgt eine Zwischenbilanz mit einem wichtigen Praxistipp: Nichts anklicken!

 

Bloß nichts anklicken!

Keine Sorge: Es gibt diesmal keine ellenlangen und drögen Ausführungen über den Moloch DSGVO. Vielmehr etwas aus der Praxis für die Praxis.
Klicken Sie in E-Mails nichts an, wenn Sie aufgefordert werden, der neuen Datenschutzverordnung eines Anbieters zuzustimmen!

Solche Aufforderungen erhalten nicht nur jene, die einen Newsletter abonniert haben. Auch E-Mail-Provider rücken ihren Kunden in letzter Minute auf die Pelle, obwohl sie zwei Jahre Zeit für die Umstellung hatten. Leider hat sich jedoch gezeigt, dass auch die bösen Jungs unterwegs sind. Ich selbst bekam von einem großen E-Mail-Hoster wellenartig in immer kürzeren Abständen entsprechende Aufforderungen. Allerdings entpuppten sich diese Mahnungen als Phishing-Emails.
Das ist leicht herauszufinden, denn es gibt genügend informative Websites, die über die korrekten Service-Adressen informieren. Stimmen die in einer E-Mail nicht, ist Vorsicht geboten. Also besser nichts anklicken, sondern alles direkt auf der Website des Anbieters erledigen.
Das habe ich schweren Herzens getan, denn der Account ist für mich essentiell. In der neuen Datenschutzverordnung konnte ich dann nachlesen, welchen Tracking-Firmen ich Zugriff auf meine Daten gestattet habe. Die Liste war lang.

Wo aber Gefahr ist, da wächst das Rettende auch

Das stammt aus einem Gedicht von Friedrich Hölderlin. Der lebte allerdings in analogen Zeiten. In der digitalen Welt läuft die Uhr schneller, manchmal auch rückwärts. Versprochen wurde den Bürger mehr Kontrolle über ihre Daten. Meine Befürchtung sah jedoch so aus: Die Kleinen werden sich strecken müssen, die Großen bleiben cool.

Warten wir ab. Uncool ist es jedoch, wenn Anbieter unverhohlen damit drohen, dass man rausgeworfen wird, wenn man nicht unterschreibt. In meinem Fall war dies so. Was also tut man, wenn man z.B. von WhatsApp mit so einer ultimativen Drohung konfrontiert wird?
Und so hat die Datenschutz-NGO noyb umgehend Beschwerden gegen Facebook, Instagram, Whatsapp und Android eingelegt, weil die Dienste uneingeschränkte Zustimmung zu den neuen Datenschutzerklärungen verlangen und Nutzer aussperren wollen, falls dies nicht geschieht.

Fairer sind da schon Anbieter, die lediglich über ihre Datenschutzbetimmungen informieren und es dem Nutzer überlassen, ob er z.B. einen Newsletter abbestellt oder nicht. So einfach kann das nämlich auch sein. Nichts anklicken, keine Drohkulisse. Und überhaupt: Wenn man nach einer Verweigerung keinen Newsletter mehr erhält, kann man ihn immer noch auf der Webpräsenz des Anbieters erneut bestellen. Und dort der Datenschutzverordnung zustimmen.
Noch fairer wäre es allerdings, den Zugriff auf seine Daten verweigern zu können und einen Dienst dennoch weiter nutzen zu können. Macht aber ein Geschäftsmodell kaputt.

Soweit der Praxistipp. Ansonsten dürften die nächsten Monate spannend werden. Mit Abmahnwellen rechnen die Experten nicht: Ohne Kläger keine Klage. Vorsichtig sollte man dennoch sein, denn unangenehme Anfragen will niemand gerne beantworten.

Tacheles geschrieben hat heute DIE WELT. „Amazon, Facebook und Google können sich für die DSGVO bedanken“, übertitelte Christian Sauer seinen Kommentar. Sauer vertritt die Meinung, dass die größte Gefahr von drei Unternehmen ausgeht: Google, Facebook und Amazon, die Bewegungsprofile, Produktinteressen, Suchanfragen sowie Kommunikationsdaten speichern. Auf diese Weise entstehen differenzierte Profile einer Person. Natürlich geht es um personalisierte Werbung.

„Die neuen Abfragen zur Einwilligung werden von den meisten Nutzern schnell weggeklickt. Völlig absurd erscheint es zu glauben, man könne sich die Vertragsinhalte durchlesen, sie verstehen oder gar noch über Einzelheiten verhandeln“, fasst Sauer seine Bestandsaufnahme realistisch zusammen. „Die Ironie des Schicksals schlägt hier zu: Es werden Google, Facebook und Amazon sein, die das meiste Vertrauen unserer Bürger auf sich vereinen.“

Und die Behörden für den Landesdatenschutz? Kein Pein Personal, zu wenig Expertise, meint Sauer. Der ist übrigens CEO eines Webtracking-Unternehmens.

Als Schachverein hat man mit Kommerz nichts zu tun, als Individuum schon eine Menge. Unsere Webpräsenz ist daher gut aufgestellt und mit den Rechten unserer Mitglieder werden wir sorgfältig umgehen. Wer in den letzten Tag Post von uns bekommen hat, weiß nun hoffentlich, warum.

Nachtrag: Eben erreichte mich eine E-Mail von Klaus Steffan, der die beliebte Site „Steffans Schachseiten“ betreibt. Schachfreund Steffan löscht aufgrund der DSGVO alle Accounts und damit alle Nutzerdaten.