Oberliga: Oldenburg steigt auf, Hellern ist Vize!

Oberliga Hellern 1-Werder 3: Steffens - IM Lingnau Der letzte Wettkampf der Saison stand für die Gäste aus Bremen unter keinem guten Vorzeichen. Mit FIDE-Meister Matthias Krallmann fiel ein sicherer 50%-Spieler aus. Dennoch boten die Bremer unserer Ersten einen beherzten Fight, liefen dem Minuspunkt aber bis zum Ende hinterher. Einen entscheidenden Sieg erzielte (wieder einmal) unser Spitzenbrett IM Carsten Lingnau (Foto rechts) gegen den aggressiv attackierenden FM Olaf Steffens. Endstand gegen Werder Bremen 3: 5:3.


Pack‘ den Tiger in den Tank

Pack' den Tiger in den Tank

Glücksbringer bewirken oft viel. Wenn man an sie glaubt. Und so hatte der Bremer Olaf Steffens eine Raubkatze mitgebracht. Leise anschleichen, dann zupacken – das war wohl der Matchplan. Leider guckte der Tiger in die falsche Richtung, und wer weiß, was passiert wäre, wenn ihn der Bremer FM richtig aufgestellt hätte.

Auf jeden Fall wurde es eine packende Partie, in der Carsten auch mit einer anderen Tierart zu kämpfen hatte: dem Orang-Utan. Dieser deutete wie immer Aktivitäten am Damenflügel an, um dann mit einem energischen Rechtsschwenk vor Carstens Rochade aufzutauchen.
Ob diese Eröffnung spielbar ist, mögen die Theoretiker entscheiden. Der Bremer hat über die Jahre in der Oberliga damit 5½-2½ Punkte erzielt. Zuletzt schlug der Orang-Utan auch GM Zeitlein (Bremer SG). Kein Wunder, dass Carsten nicht nur von einem halben Zoo bedrängt wurde, sondern auch von der Uhr. Es kam zu einem phantastische Kampf. Zeitnotphase inklusive.

Steffens2255Lingnau24100–1A00Oberliga Nord-West 2016/179.1Hellern27.04.2017Thal
12.b5 überlässt das Feld c5 dem Nachziehenden. Aber der Bremer hat ein Matchplan. cxb5 13.cxb5 g6! Ein sehr subtiler Zug, zumal andere Züge ausscheiden. 13...bd7?? 14.f5+- 13...g4 14.h3! 13...e6 14.xe5± 13...d8 14.a4∞ 14.a4 bereitet den Sprung zum Königsflügel vor. Eine gute, aktive Idee. bd7 15.0-0 c5 16.h4 Am Zeitverbrauch Carsten wurde ersichtlich, dass er alle Hände voll zu tun hatte. b7 17.fd1 xf3 nimmt damit etwas Druck von e5. 18.xf3 18.gxf3 Stockfish 8 64: fe8 19.f4 c7 20.c4 ad8 21.xd8 xd8 22.c1 e7 23.f5 g7 24.a4 d6∞ 18...ad8 19.g5 e6 20.h6 c5 21.g5 Die weiße Drohung ist klar. e6 21...a4?? 22.f5+- 22.h4 c5 23.a4 23.g5 e6 Ob sich Carsten nun mit einer Punkteteilung abgefunden hätte? 23...e6 24.e2 g7 25.f4! Ein wirklich sehr ambitionierten Vortrag des Bremers. c7 26.f5? Besser war 26.f1 fe4 27.xe4 xe4 28.f5 gxf5 28...d6 29.xe4+- 29.h5 g6 30.xf5 xf5 31.xf5 f6= 26...b3‼-+ 27.fxg6 fxg6! Aber bloß nicht 27...xe3+ 28.h1 hxg6 29.f5+ gxf5 30.c1! xe2 31.h6+ nebst Dauerschach. 28.xd8 xd8?! Entscheidend war 28...xd8! 29.f5+ gxf5 30.g3+ g4 31.xe5+ g6 32.xg4 fxg4 33.xg4+ g5-+ 29.c4? 29.f1! und Schwarz behält lediglich einen kleinen Vorteil. f8 30.c1! d6 30...g8 31.c4++- 31.d1 c2 32.c4 xc4 33.xc4 e7 29...xe3+ 30.h1 f4! Das sind die klaren Züge, die alle Drohungen aus der Stellung nehmen. 31.xf4 exf4 32.e1 fxg3 Danach greifen die letzten taktischen Ressourcen des Bremers wegen der Grundlinienschwäche nicht mehr. 33.hxg3 33.e7+ h6 34.xc7 d1+ 35.f1 xf1# 33...xg3 34.f1 ce4 35.g1 d6 36.h1 g3+ Starkes Konterspiel von Carsten. In der Schlussphase hatten beide Spieler kaum mehr als das Increment. 0–1


Reinhold Happe: Eckpfeiler des Teams!

Oberliga Hellern 1-Werder 3: Büscher - Happe

Während seine Teamkameraden gelegentlich die Nerven der Zuschauer überbeanspruchen, gibt es bei Reinhold (rechts) keine Überraschungen. Er verliert nie. Nach der kampflosen Führung stellte ich deshalb fest, dass wir eigentlich schon 1½ Punkte auf dem Konto haben. Reinhold enttäuschte auch diesmal nicht und fuhr sein neuntes Remis ein. Egal, ob heim oder auswärts, Regen oder Sonne – Reinhold ist ist ein wetterfestes Bollwerk, das auch starke Meister wie Florian Mossakowski (Delmenhorst) nicht in die Knie zwingen konnten. Auch Andre Büscher gelang dies nicht.

Kommen wir nun aber wieder zu einer Gewinnpartie …


Ingo und Jörg punkten in großem Stil

Der Wettkampfverlauf ist einfach zusammengefasst: Hellern führte, wurde streckenweise arg bedrängt, brachte den Heimsieg aber ins Ziel. Hilfreich war sicher der kampflose Sieg von Dirk Hummel, der auch ohne diesen Punkt auf ein sehr gutes 50%-Ergebnis am zweiten Brett schauen kann.
Einen großen Anteil am heutigen Sieg hatte auch Dr. Ingo Gronde, der auf 5 P. v 8 kam und wohl leichte ELO-Gewinne einfahren wird.

Oberliga Hellern 1-Werder 3: Kardoeus - Gronde

David Kardoeus (rechts) hatte sich viel vorgenommen und servierte in einer Französischen Partie bereits im 8. Zug eine theoretische Alles-oder-Nichts-Neuerung. Auch wenn der eine oder andere Kiebitz Ingos Stellung bereits für mausetot erklärte, so liegt die wahre Kraft nicht in der Fremdwahrnehmung, sondern in der Qualität der Züge.

Diagramm Kardoeus - Gronde Hier hatte der Bremer zuletzt 14.Dh5 gespielt. Dies erwies sich aber nicht als Killerzug, sondern verliert (ohne dass brauchbare Alternativen zu erkennen sind) schlicht und einfach die Partie. Ingos große taktische Klasse zeigte sich in der lapidaren Erklärung seiner Antwortzuges nach der Partie: für ihn sei es klar gewesen, dass nach 15…??? das Aushebungsopfer 16.Sxf7 die auf f7 erscheinende weiße Dame erobern wird. Gut, ein kleines Figurenopfer muss man halt noch einschieben …

Frage: Was hat Ingo in der Diagrammstellung entkorkt? Nachspiellink

Auch Jörg Stock (links) spielte eine tolle Saison (+5 =2 -1). 6 Punkte gegen einen Gegnerschnitt von 2110 sprechen eine deutliche Sprache. Gegen Detlef Schötzig führte der Weg zum vollen Punkt über ein stocksolides (nomen est omen) Positionsspiel zu einem kleinen taktischen Einschlag. Wie Jörg dann anschließend den zentralen Punkt e6 aufrollte, war wirklich sehenswert. Nachspiellink


Vielen Dank, Teamkäpt’n!

Oberliga Hellern 1-Werder 3: Sascha Pollmann - Bade

Ein herzliches Dankeschön geht auch an den langjährigen Mannschaftsführer der Ersten. Hans-Jürgen Bade (links) hat die Mannschaft durch Höhen und Tiefen geführt und einen großen Anteil daran, dass es zuletzt häufiger Höhen als Tiefen waren. Gegen Sascha Pollmann holte er ein feines Schwarzremis raus und konnte mit 2 P v. 6 (+1 =2 -3) gegen einen Gegnerschnitt von > ELO 2100 durchaus zufrieden sein.


Das verflixte 3. Jahr …

… hat Hellern 1 gut überstanden. Der inoffizielle Titel der Vize-Meisters bedeutet zuallererst, dass wir einen herzlichen Glückwunsch nach Oldenburg schicken. Der SK Union Oldenburg gewann sein letztes Saisonspiel gegen den Post SV Uelzen souverän, ist Meister und steigt in die 2. Bundsliga auf.
Zurück in die Oberliga kehrt der HSK Lister Turm, der heute verloren hat und die Saison als Tabellenletzter abgeschlossen hat. Damit wird es wohl zu verschärften Abstiegsbedingungen kommen, über die wir zeitnah berichtet haben.

Mit unserer Saisonbilanz können wir zufrieden sein. Nicht nur wegen des 2. Platzes, sondern auch aufgrund der substantiell nachhaltigen Aufwertung der Mannschaft durch Julian zu Lage (5½ v. 6), den tollen Einstand von Hannes Ewert mit 5 P v. 8 (+4 =2 -2) und die gute 50%-Performance von Thorben Weist. Und wenn dann noch Alex etwas häufiger spielt, dann … aber das ist ein anderes Thema!


SV Hellern
SK Werder Bremen 3
53
IM Lingnau(2416)FM Steffens(2212)10
Hummel(2282)FM Krallmann(2134)+
Dr. Gronde(2228)Kardoeus(2175)10
Ewert, H.(2231)CM Lai, Hop Duong(2170)01
Happe(2118)Büscher, A.(2052)0,50,5
Stock(2184)Schötzig(2093)10
Bade(1994)Pollmann(2053)0,50,5
Weist, Thorben(1960)Heinemann(1974)01

Fotos: © Thal 2017