Am vergangenen Sonntag stand bereits das zweite „Endspiel“ um den Landesligaerhalt für unsere Zweite an. Nach dem 4:4 zum Auftakt gegen Oldenburgs Zweite (Bericht) ging es nach Hagen, und wir waren uns einig, dass angesichts der Abstiegsszenarien in dieser Saison zwei Mannschaftspunkte verdammt gut tun würden. Am Ende war es erneut ein 4:4, und hinterher fragte sich so mancher, ob das Glas nun halb leer oder halb voll war. Vom Wettkampf berichtet André Böhme (Analysen: O. Thal, Redaktion: R.G.)
Käptn’s Report
Nach dem etwas enttäuschenden 4:4 gegen Oldenburg II sollte im ersten Auswärtsspiel in Hagen ein Sieg her. Da es weder in der Ersten noch in der Zweiten Ausfälle gab, waren wir recht optimistisch. Die Hagener traten überdies ohne ihren Spitzenspieler Kilian Böhning an, was unseren Optimismus noch etwas steigerte.
Der Wettkampf begann recht vielversprechend. Julian an Brett eins spielte mit Weiß gegen Karsten Bertram und wurde seiner Favoritenrolle schnell gerecht. Noch schneller gewann übrigens Dominik an Brett acht, der die Ungenauigkeiten seines Gegners gnadenlos bestrafte. Ein Blick auf die übrigen Bretter sorgte weiterhin für Optimismus. Thorben an Brett drei hatte bereits Materialvorteil, und auch Stefan Röhrich an Brett sieben schien alles im Griff zu haben. „Locke“ Martin Hart, Joachim und Reinhard hatten Stellungen auf dem Brett, welche man „mal eben so“ schlecht einschätzen konnte. Dafür konnte Mannschaftsführer André Böhme mindestens mit einem Remis rechnen.
Dann begann die spannende Phase. Stefan Röhrich stellte seine Partie ein. 1:2. Thorben konnte seinen Vorteil verwerten. 1:3. André und sein Gegner vergaben abwechselnd diverse Elfmeter. Es ist halt ein Problem, wenn man das Tor nicht sieht. Insofern ist die Punkteteilung irgendwie „gerecht“. 1,5:3,5. Dann verloren Reinhard und Joachim in komplizierten Stellungen erst die Übersicht und dann die Partie. Bei Joachim kam erschwerend die Zeitnot dazu. 3,5:3,5. Nun war es an Locke. Das scheinbar einfache Endspiel bot noch Erstaunliches an Überraschungen, aber beide Kontrahenten spielten sehr genau und einigten sich schließlich auf remis. 4:4 Endstand.
Wieder nicht mit einem Sieg in Hagen. Aber man kann rückblickend niemandem etwas vorwerfen. An der Einstellung hat es nicht gelegen, diese war top. Am Catering der Hagener auch nicht, das war traditionsgemäß nicht vorhanden. Am 04.12. erwarten wir unseren nächsten Gegner, die SG Osnabrück. Wenn wir wieder 4:4 spielen, kann man damit sogar zufrieden sein. Bis dann…
Einzelergebnisse:
Hagener SV | – | SV Hellern 2 | 4 | : | 4 | ||
Bertram, Carsten | (1979) | – | zur Lage, Julian | (2082) | 0 | : | 1 |
Bach, Yannick | (2038) | – | Hart, Martin | (1929) | 1/2 | : | 1/2 |
Balazs, Balint | (2059) | – | Weist, Thorben | (1975) | 0 | : | 1 |
Rau, Nikita | (2023) | – | Rein, Joachim | (1900) | 1 | : | 0 |
Beinke, Lukas | (1915) | – | Paul, Reinhard | (1942) | 1 | : | 0 |
Laubrock, Paul | (1913) | – | Böhme, André | (1783) | 1/2 | : | 1/2 |
Bonacic, Jascha | (1990) | – | Röhrich, Stefan | (1888) | 1 | : | 0 |
Rieping, Heiner | (1924) | – | Sündorf, Dominik | (1799) | 0 | : | 1 |
Impressionen
Dass Julians Partie so einseitig würde, war nicht zu erwarten. Er zeigte sich glänzend aufgelegt und opferte im 13. Zug einen Bauern für eine starke Initiative, der der Hagener nicht standhielt. Das Diagramm zeigt bereits das Ende.
Julian hatte kurz zuvor den Hammer d5! ausgepackt, der die schwarze Stellung ziemlich zerbeult. Es folgte 1. … Lb7 2. Sxe6! Kh8 3. Tc1 Ld8 4. Sd4 cxd5? 5. Dxd5 und es ist bereits vorbei.
André hatte es mit Paul Laubrock aus der extrem starken Hagener Jugend zu tun, keine leichte Aufgabe. Beide wollten es offensichtlich wissen, denn es kam zum offenen Schlagabtausch und dem Wettrennen auf die lange (Weiß) und die kurze (Schwarz) Rochadestellung. Dann übersahen beide eine taktische Pointe, die André sofort die Partie gekostet hätte. Ab da wurde es wild, der „Toaster“ (O. Thal, wahlweise mit Stockfish, Komodo, Fritz oder was auch immer bestückt) zeigte ca. zehn Züge lang wilde Bewertungswechsel, fast mit jedem Zug änderte sich die Bewertung. Aber am Ende hatte André die Oberhand und hätte den Sack zumachen können:
Laubrock – Böhme, Stellungen nach dem 32. (links) bzw. 44. Zug von Weiß
In der linken Diagrammstellung mit Schwarz am Zug konnte André die unglückliche Aufstellung der weißen Figuren mit 32. … a3! ausnutzen. Nach 33. b3 würde 33. … Lf6! folgen, und da Lb2+ tödlich wäre, müsste Weiß mit 34. c3 versuchen, alles dicht zu halten. Dann aber käme: 34. … c4!! und Weiß stünde im Hemd. Also stattdessen 33. De8 mit der Aussicht, sich irgendwie ins Dauerschach zu retten (33. … axb2+ 34. Kxb2 Lxd2 35. Sxd2 Txd2 36. Df7+). Das kann man zwar nicht berechnen, aber auch einfach ausprobieren, denn mit dem gelähmten Tg1 kann Weiß sicher nichts Schlimmes anrichten. Tatsächlich gibt es kein Dauerschach. André setze allerdings nicht mit 32. … a3! fort, sondern mit 32. … Lxd2, was immerhin auch gewinnt. Wenig später kam es zur rechten Diagrammstellung, in der André mit 44. … De3?! fortsetzte, was nach 45. Dd4 Dxd4 46. cxd4 Kh2?! zu einem remislichen Endspiel führte, das schließlich auch Remis wurde. Wer in der rechten Diagrammstellung 44. … g4! gespielt hätte, darf sich jetzt kräftig auf die Schulter klopfen: Der schwarze König wandert nun nach h2, versteckt sich hinter dem Läufer, der nach h3 ziehen wird, und dann spaziert der g-Bauer einfach durch. Weiß kann nur mit 45. Dd4 die Damen tauschen, aber nach 45. … Dxd4 46. cxd4 Kf4 wandert der schwarze König nun nach e3 und auch dann läuft der g-Bauer. Insgesamt eine Top-Leistung von André, die den vollen Punkt mehr als verdient gehabt hätte. Bitter, dass es dazu nicht kam.
Die Gemengelage
Die Landesliga ist eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Vorne werden Lingen und Tostedt den Aufstieg unter sich ausmachen, dahinter haben fast alle Mannschaften gegeneinander eine Siegchance. Dumm nur, dass unsere nominell stets die kleinere ist. Wie eng es werden könnte, zeigen die Ergebnisse vom Wochenende: SGO gegen OSV 4:4, Lüneburg geht bei Nordhorn-Blanke 2 baden (zu sechst!) und auch Stade steht nach der Auftaktniederlage gegen die SG Osnabrück und der nun zweiten Niederlage gegen Lingen hinten. Viel wird davon abhängen, wie viele Absteiger in die Landesliga purzeln. Es könnten, wenn es in der 2. Liga und in der Oberliga schlecht läuft, eine Menge werden. Aber wir wissen, wie Abstiegskampf geht!