Zehn der dreizehn angesetzten Partien wurden gestern Abend im Vereinsheim des SV Hellern gespielt. Nach spannendem Kampf, dramatischen Wendungen und wilden Zeitnotschlachten waren sieben der elf Partien entschieden, darunter auch das Spitzenduell zwischen Reinhard Paul und Hannes Ewert, das Hannes für sich entscheiden konnte. Update
Wenn man den Abteilungsleiter Schach des SV Hellern nach seinem schönsten Tagtraum fragen würde, käme bei Norbert Sobotta (Foto l.) wahrscheinlich die Beschreibung des gestrigen vierten Spieltages des Hellern Open heraus: Die Hütte voll, ausgekämpfte Partien an allen Brettern und Schach vom Feinsten.
Hartmut Weist selbst (unser Abteilungsleiter) hatte eine der weniger nervenaufreibenden Stellungen auf dem Brett. Auch in der Post Mortem-Analyse konnte er sich mit Niels Dettmer nicht darauf einigen, wer Vorteile hatte, und so ging das Remis, das Niels bei knapp gewordener Zeit angeboten hatte, wohl in Ordnung.
30 Minuten für den Rest der Partie, das ist nicht viel, wenn man wie Reinhard einem Gegner gegenübersitzt, der einen Bauern für eine gefährliche Intiative gibt, um in die gegnerische Stellung einzudringen. Am Ende war es dann ein grobes Versehen Reinhards, das die Entscheidung zugunsten von Hannes brachte.
Überhaupt die Zeit! Viele Teilnehmer haben erkennbar ihre Schwierigkeiten mit der gegenüber Mannschaftskämpfen kürzeren Bedenkzeit, und so waren Restzeiten von unter fünf Minuten für zehn oder gar 20 Züge keine Seltenheit. Den Höhepunkt lieferten hier eindeutig Harry Szobries und Frank Kamper (r.), deren letzte Züge eher an Bullet als an Turnierschach erinnerten.
Kein Wunder, dass dabei die Umsicht verloren ging und Harry leider mit Erreichen der Zeitkontrolle hoffnungslos auf Verlust stand.
Auch Jörg Stock und Julian zur Lage (r.) hatten mit der kurzen Bedenkzeit zu kämpfen, und das Niveau ihrer hochinteressanten und überwiegend hochklassigen Partie litt ein wenig darunter.
Am Ende ein leistungsgerechtes Remis, das beiden allerdings bereits 1,5 Punkte Rückstand auf die Spitze beschert.
Auch die anderen jeweils favorisierten Verfolger auf die Spitze taten sich schwer, allen voran Thorben Weist, der mit Robert Gillenkirch (r.) einer großmeisterlichen Partie (von Alexander Morozevich) folgte und nach 15 Zügen einen ganzen Turm ins Angriffsgeschäft gesteckt hatte.
Robert aber kannte die Variante auch (ein „lucky strike“ der häuslichen Vorbereitung) und konnte den schnellen Exitus vermeiden. Dann spielte der eine ungenau, danach der andere, und am Ende liefen zwei Bauern synchron zur Dame, Remis.
Hajo Bade hatte es mit Stefan Grasser (l.) zu tun, der bereits anderen favorisierten Spielern Punkte abknöpfen konnte.
Auch diesmal war sein Widerstand zäh, am Ende aber ohne Erfolg.
Ähnlich erging es Alfons Thöle gegen Joachim Rein. Nachdem Alfons mit Raum- und Entwicklungsvorteil aus der Eröffnung gekommen war, ging alles plötzlich ganz schnell (jedenfalls hat es der Autor dieser Zeilen nicht mitbekommen) und Joachim hatte eine Figur mehr, wohingegen Alfons an einem Mattnetz gegen den eingeklemmten König strickte. Aus dem Mattnetz aber wurde nichts, am Ende setzte sich Joachim durch.
Auch Stefan Ewert und Ludger Wöllermann konnten ihrer nominellen Favoritenrolle gerecht werden. Francisco Fenkl zeigte sich gegen Ludger zwar gut vorbereitet, aber im Laufe der Partie war es Ludger, der den Druck gegen die weiße Stellung aufbauen und zum vollen Punkt bringen konnte. Stefan Ewert baute Burgen mit Theodor Saltenbrock, jedenfalls sah die Stellung der beiden mit völlig verkeilter Bauernkette zeitweise so aus. Stefan hatte zwar großen Raumvorteill, aber der Durchbruch gelang erst im Leichtfigurenendspiel.
Wer bei der nächsten Runde in der Partie mit Martin Rothe (l.) favorisiert sein wird, muss man nach dem gestrigen Abend wohl neu einschätzen.
Denn Martin gewann nach hartem Kampf und der längsten Partie des Abends gegen Franz Ernst und hat damit nach Hajo in Runde eins und Julian in Runde zwei den dritten Aspiranten auf eine vordere Platzierung gehörig ins Schwitzen gebracht. Martin liegt nun mit 2,5 aus 4 selbst im Verfolgerfeld.
Die Teilnehmer werden nun gespannt auf die Ergebnisse der ausstehenden Partien warten, vor allem auf Stefan Röhrich – Norbert Lange. Punktet Stefan, so kommt es wohl zur Neuauflage des Duells, das Hannes beim Hellern Open 2015 gewinnen konnte, um so Stefan in der Tabelle zu überholen und einen entscheidenden Schritt zum Titel zu machen.
Fotos: Thal