Alle Jahre wieder: Wie in der vergangenen Saison, dort traf es unsere Dritte, verlor Hellern zum Saisonauftakt gegen die Dritte der SG Osnabrück in der Bezirksliga. Die Niederlage geht zwar in Ordnung, ist aber in der Höhe voll daneben. Viel Schatten, aber auch ein wenig Licht.
Die Atmosphäre in der Lagerhalle war wie immer sehr angenehm und freundschaftlich. Unser Gegner trat zwar ohne Philipp Hillebrand an, dafür aber waren die anderen schachlichen Schwergewichte an den vorderen Brettern dabei, so dass wir eher als Außenseiter in den Wettkampf gingen. Bei uns war immerhin wieder unser Ultra André dabei.Chancenlos waren wir definitiv nicht, was ein Blick auf die Paarungen (am Ende dieses Berichts) zeigt: An den ersten drei Brettern zwar nominell klar schwächer, waren wir an den hinteren fünf Brettern nominell gleich stark oder sogar favorisiert.
Je höher die Klasse, desto später werden die Wettkämpfe entschieden. Diese Binsenweisheit bewahrheitete sich auch diesmal. Zwar waren drei Partien recht früh beendet. An den ersten und letzten beiden Brettern aber entscheid sich erst in der Zeitnotphase der Wettkampf gegen uns.
Im Einzelnen: Stefan misshandelte seinen Aufbau dermaßen, dass sich sein Gegner nicht lange bitten ließ und am Königsflügel mit einer Kurzkombination einbrach. Das Ergebnis war Materialverlust, ein luftiger König und unkoordinierte Figuren, da war es schnell vorbei. Bei Alfons ging es zu unserem Glück umgekehrt. In bereits besserer Stellung profitierte er von einem Versehen seines Gegners und sackt eine Figur ein, wonach sein Gegner sofort aufgab. Robert spielte solide, hatte aber nie Vorteil und konnte mit dem Remis zufrieden sein.
Bei Christian und Jürgen sah es gut aus. Christian hatte Raumvorteil und Initiative und lehnte folgerichtig das Remisgebot seines Gegners ab. Dann aber kostete ihn ein Versehen einen Bauern, und am Ende war es die knapp werdende Zeit, die die Partie endgültig verdarb. Jürgen dagegen spielte nahezu wie aus einem Guss sorgte für das Licht des Wettkampfs. In einer ausgeglichenen Stellung konnte er in ein für ihn günstiges Läuferendspiel abwickeln. Wir sehen die Stellung nach dem Tausch der letzten Schwerfiguren im 25. Zug.
Grosser, J. – Reichert, M. (10.10.2015), Stellung nach dem 25. Zug
Weiß marschiert nun mit dem König ein, muss aber ständig auf der Hut sein, denn Schwarz hat die versteckte Ressource des Bauerndurchbruchs am Damenflügel: 26. Ke3 a5 27. a3 Ke7 28. Kd4 f6 29. Le4 g6 30. exf6+ Kxf6 31. Kc5 h6
Grosser, J. – Reichert, M. (10.10.2015), Stellung nach dem 31. Zug
32. g4! Tolle Technik, würde Otto jetzt wohl sagen. Recht würde er haben! Schwarz kann diesen Bauern natürlich nicht schlagen, und deshalb bleibt der schwarze König eingesperrt. 32. … h5 33. g5+ Kf7 und muss Weiß „nur“ noch aufpassen, dass der schwarze Durchbruch mit b4 nie geht. Katastrophal wäre z.B. 34. Lc6?? Lxc6 35. Kxc6 b4 und ein schwarzer Bauer ginge zur Dame. Reichert hatte nun nur noch wenige Sekunden auf der Uhr, so dass die letzten Züge vor der Zeitkontrolle Bullet-Chess vom feinsten waren. Am Ende blieb die Uhr bei 4 Sekunden stehen, eine beachtliche Zeitnotleistung des SG-lers. Wir springen in die Stellung nach dem 48. Zug:
Grosser, J. – Reichert, M. (10.10.2015), Stellung nach dem 48. Zug
Es gibt nun mehrere Gewinnwege, Jürgen wählt den elegantesten: 49. Kc5 Lg8 50. Kd6 Kg5 51. Ke7 und der schwarze Läufer kann den Bauern nicht mehr aufhalten. 1:0 (59. Zug).
Weniger gut erging es Hartmut, Thorsten und Ludger. Hartmut hatte anfangs ein paar gute Chancen verpasst, die Initiative zu übernehmen und landete nach einem ungünstigen Damentausch in einem für ihn schwierigen Doppelturmendspiel, dessen Gewinn allerdings sehr gute Technik erfordert hätte. Angesichts des schlechten Mannschaftsstandes packte Hartmut in den letzten Zügen vor der Zeitkontrolle die Brechstange aus – und haute seine eigene Stellung damit zu Bruch. Schade drum, das Remis hätte sein Gegenüber zehn Züge früher sicher gern genommen.
Thorsten hatte sich früh in einer Initiative am Königsflügel ein wenig verrannt und einen Bauern gegeben, ohne dafür tatsächlich etwas zu haben. Am Ende war er dann gegen die souveräne Verwertung seines Gegners machtlos.
Ludger spielte in der Eröffnung wohl nicht ganz genau und gab so die Initiative aus der Hand. Mit einem sehr schönen Manöver pflanzte Dabbert dann einen unangenehmen Dorn (einen Läufer auf d3) in Ludgers Stellung. Verloren war dennoch nichts, und selbst als Dabbert seinen Raumvorteil nutze, um Ludgers König anzugreifen, war die Stellung im höheren Sinne (d.h. nach Ansicht der Engines) noch in Ordnung. Aber in der Zeitnot verpasste Ludger mehrere Chancen, sich erfolgreich zu verteidigen und musste schließlich kurz vor der Zeitkontrolle aufgeben. Hier die Stellung nach dem 28. Zug von Schwarz:
Wöllermann, L. – Dabbert, J. (10.10.2015), Stellung nach dem 28. Zug
Es folgte 29. Dc2 und nach 29. … Lg4 hätte Ludger schon verdammt gute Nerven gebraucht, denn der Computer sieht die weiße Stellung nun nur noch nach 30. hxg4 haltbar, einem, Zug, denn nur wenige Sterbliche in Zeitnot machen würden. Ludger auch nicht, er zog 30. Lf5? und war nach 30. … gxh4 31. Lxg4 Dxg4 32. f4 hxg3 verloren. Bessere praktische Chancen hätte wohl das Qualitätsopfer 29. Txe2!? geboten, denn nun hat Weiß ausreichende Verteidigungsressourcen, z.B. 29. Dxe2 30. Tc2 Dg4 31. hxg5 Th3 32. Lg2 und Schwarz hat nicht mehr viel.
Insgesamt eine erwartbare Niederlage. Das LigaOrakel z.B. prognostizierte uns 3 Brettpunkte, am Ende war es ein halber weniger, hätte aber ein halber mehr sein müssen. Also alles im grauen Ist-Dann-Auch-Egal-Bereich. Die Punkte für den Klassenerhalt müssen wir ohnehin gegen andere holen. Kopf hoch!
Robert
Einzelergebnisse (Mehr Ergebnisse und Tabellen auf NSV-Online):
[Bezirksliga Osnabrück-Emsland, Saison 2015/2016, Runde 1, 10.10.2015]
SG Osnabrück 3 | – | SV Hellern 4 | 5½ | : | 2½ | ||
Dabbert, Jochen | (1981) | – | Wöllermann, Ludger | (1825) | 1 | : | 0 |
Gausmann, Ralf | (1910) | – | Weist, Thorsten | (1683) | 1 | : | 0 |
Reichert, Matthias | (1958) | – | Grosser, Jürgen | (1848) | 0 | : | 1 |
Travica, Alexander | (1708) | – | Gillenkirch, Robert | (1803) | ½ | : | ½ |
Hallmann, Michael | (1749) | – | Thöle, Alfons | (1722) | 0 | : | 1 |
Konert, Bertram | (1647) | – | Grasser, Stefan | (1667) | 1 | : | 0 |
Grube, Kurt | (1655) | – | Weist, Hartmut | (1612) | 1 | : | 0 |
Wraga, Hermann | (1428) | – | Buddecke, Christian | (1562) | 1 | : | 0 |
Bildquelle: Diagramme wurden mit Chessbase erstellt.