2-6 bei der 2. Mannschaft von Werder Bremen: Das war ein Gastgeschenk, an das man lange denken wird. Für unsere Erste war es ein Horrortrip, denn die Mittelachse des Teams brach völlig ein, obwohl gerade dort die Helleraner in den meisten Partien besser oder auf Gewinn standen. Hatten die Gastegeber die besseren Nerven? Oder waren sie einfach besser?
Diesen und anderen Fragen geht FM Hannes Ewert in seinem Beitrag nach.
Der Bulli gab seinen Geist auf
„Klick… klick… klick…“… (Stille)…. „Klick… klick… klick…“… (Stille). „Was ist denn mit dem Bulli los?“ fragte Locke. Tja, das ist eine gute Frage! Nach mehreren Start-Versuchen mussten wir feststellen, dass der Bulli nicht mehr anspringen wollte. Der Start in den Tag verlief somit leider holprig, denn der Bulli wollte wohl auf einer seiner letzten Fahrten nicht mit nach Bremen. Er sprang zwar erst an, wurde aus der Parklücke herausgefahren und für die Hinfahrt vorbereitet. Naja, dann gab der Bulli seinen Geist auf. Und nun? Schnell hatten wir eine Lösung gefunden und sind mit dem privaten PKW von Reinhold nach Bremen gefahren. In der Zwischenzeit löste Locke telefonisch noch ein paar logistische Probleme, da mit dem Bulli noch weitere Spieler abgeholt werden sollten. Nachdem nun auch logistisch alles geklärt war, kamen wir trotz dieser Umstände pünktlich um 10:35 Uhr am Spielort an.
Wir spielten in folgender Aufstellung: Ingo Gronde und Holger Lehmann fielen aus, dafür rückten Locke und Tammo in die ersten 8. Rein nominell hatte Werder 3 an 6 Brettern einen Vorsprung, dieser Vorsprung belief sich teilweise auf 50-100 Punkte.
Nach circa 1 Stunde wurden es auf einmal sehr laut, scheinbar wurde in naher Umgebung unterhalb des Spielraums laute Musik abgespielt. Die Schiedsrichterin wies an, dass alle Uhren gestoppt werden sollten. Alle Spieler:innen versammelten sich daraufhin im Nebenraum, bei dem wie üblich das Catering seitens Werder vorbereitet wurde. Neben Kalt- und Warmgetränken wurden Brötchen, Snacks, Riegel wie auch Früchte kostenlos angeboten. Ein großes Dankeschön an Werder Bremen an dieser Stelle – es ist nicht selbstverständlich, dass man sich solche Mühe macht und es eine solche Auswahl gibt!
Ein paar schwarzfeldrige Löcher
Nach circa 10-15 Minuten und kleineren Diskussionen, ob der Wettkampf örtlich verlagert werden oder ganz abgebrochen werden muss, wurde es dann wieder leiser und wir konnten weitermachen.
Relativ zeitgleich beendeten Jörg Stock und Tammo Lewin ihre Partien. Jörg hatte es mit FM Olaf Steffens zu tun, der für seine kreativen Eröffnungsideen bekannt ist. Kurz nach der Eröffnung hatte Jörg zwar eine Qualität mehr, dafür aber ein paar schwarzfeldrige Löcher in seiner Stellung, die er nach ein paar Zügen nicht mehr flicken konnte. Das Qualitätsopfer mit dem Manöver Tg1, Tg5 und Txe5 sieht man nach 12 Zügen auch nicht so oft, aber Olaf Steffens sollte Recht behalten. Ein Vorposten auf e5, ein Springer auf e4, der sowohl nach f6 als auch d6 schielte, und dann auch das Läuferpaar: Es wurde schnell taktisch und Jörg musste kurze Zeit später leider aufgeben. (Die Partie kann auf der Website von Werder nachgespielt werden).
Tammo erreicht nach der Eröffnung eine optisch vorteilhafte Stellung. Es tauschten sich die Damen und der kleine Vorteil verpuffte. Dennoch musste er aufpassen, dass das „bewegliche Zentrum“ mit den Bauern auf d5 und c5 (Diagramm) nicht anfängt brüchig zu werden. Das Zentrum löste sich auf, sodass Tammo sich einen Freibauern erarbeiten konnte, der aber blockiert wurde. Kurze Zeit später einigte man sich dann auf Remis.
Martin Hart hatte einen geschlossenen Sizilianer auf dem Brett. Zugegebenermaßen sah es eher unorthodox aus, auf der Seite zu reagieren, an der Schwarz Raum gewinnt. Aber „Locke“ konnte mit dem Manöver Tb1, a4, Sb5 die Stellung auf dem Damenflügel schließen und sich nach 16.De2 voll auf den Königsflügel konzentrieren. 10 Züge später einigte man sich auf Remis.
Es fehlten Fortune und Zeit
Alexander Hoffmann tauschte früh die Damen um in ein Leichtfiguren-Endspiel zu gehen, bei dem Schwarz ein bisschen aufpassen muss. Es gibt einige wichtige Felder und Ressourcen in solchen Endspielen, die sowohl Alexander als auch IM Davit Lobzhanidze kannten. Nach dem 16. Zug (Diagramm) sah die Stellung optisch angenehmer für Weiß aus. Alle weißen Figuren sind weitestgehend aktiv, Vorposten auf d5. Das Feld d5 mit c6 decken ist vermutlich keine gute Idee, da das Feld d6 dann schnell von Weiß belagert wird. Alex versucht Zug für Zug die Stellung zu verbessern, die Zeit wurde aber immer knapper und das Risiko erhöht. Fehler ergaben sich so aber nicht und man einigte sich nach der Zeitkontrolle auf ein leistungsgerechtes Remis.
Der Zeitaspekt wurde auf einmal an einigen Brettern ein wichtiger Faktor, bei Dr. Christian Böttcher leider zu unseren Ungunsten. Christian verlor in einer auch schon recht schwierigen Stellung auf Zeit. Ein Bauernopfer sollte dazu führen, dass Schwarz am Königsflügel überrannt wird, aber leider gingen die Pläne nicht wirklich auf. Zum Ende hin wurde die Zeit immer weniger, der Zug 40 war aber immer noch weit entfernt. Nachdem auch eine Figur verloren ging, war sowohl die Stellung als auch die Zeitsituation für Christian eher bescheiden. (Anm. der Red.: Geklärt werden muss die Notation, die der Ergebnisdienst des DSB vorgelegt hat. Dort konnte Christian kurz vor Schluss mit einer Springergabel die Dame und damit die Partie gewinnen.)
Vergebene Chancen
Jens Güting erarbeitete sich nach der Eröffnung eine optisch ansprechende Stellung gegen den jungen Daniel Chitsazian. Alle weißen Figuren waren in einer gewissen Form aktiv, Schwarz noch unterentwickelt. So bot sich im 15. Zug ein Gewinn (linkes Diagramm). Stattdessen tauschten sich dann aber schnell beide Türme und die schwarzen Springer wurden leider zu aktiv, hier eine kleine Taktikaufgabe, SAZ (rechtes Diagramm)! Jens verlor hier seine Dame, der junge Bremer verwertete den Vorteil souverän.
Reinhold Happe durfte gegen Stephan Buchal, den amtierenden deutschen Vize-Senioreneinzelmeister antreten. Nach einer interessanten Theoriediskussion entwickelte sich eine Stellung, die ein Ungleichgewicht mit sich brachte. Während Reinhold einen a-Freibauern nach vorne treiben wollte, blockierte Stephan Buchal diesen und trieb seine eigenen Zentrumsbauern mithilfe der beiden Türme auf e1 und d1 nach vorne. Rein optisch sah das gut aus und auch die Engine bestätigte, dass Weiß besser steht. Tatsächlich hätte Reinhold mit einem raffinierten taktischen Konter (Diagramm links) ausgleichen können.
Leider unterlief Reinhold kurze Zeit später ein taktischer Fehler, der von Buchal gesehen und ausgenutzt wurde. Auf 1. Txe7 (Diagramm rechts) sollte Txd5 folgen, leider kommt dann direkt 2. Lc4, der f7 wird fallen und der Bauer auf e5 ist zum einen sehr schnell als auch sehr gefährlich. Diese Stellung war dann leider auch hinüber.
Ich durfte mit den schwarzen Steinen gegen den starken Peter Lichman antreten, der mich in der Eröffnung mit einer kreativen Variante überraschte. Ich bekam eine leicht zerstörte Bauernstruktur, dafür aber das Läuferpaar. Nach bisherigen Erkenntnissen sorgte ich früh für eine Neuerung! In der Eröffnung dann kurz der Schock (linkes Diagramm): Habe ich hier meinen Läufer auf h4 einsperren lassen? Es droht Dh5 nebst Doppelangriff auf h4 und f7.
12…Dd7 ermöglicht mir, die Damen auf g4 zu tauschen. 1. Dh5 Dg4+ 2. Dxg4 Lxg4 3. Tf4 Lxg5 4. Lxg4 Lxc1 -+. Sehr schnell tauschten sich die Schwerfiguren ab, was zu einem Leichtfigurenendspiel führte.
In beidseitiger Zeitnot machte mein Gegner mit 27. Kf2 dann einen Fehler (rechtes Diagramm). Ich entschied mich für Ld1, da ich nach 1.c3 Lxb3 2. axb3 Lf4 in ein gleichfarbiges Läuferendspiel abwickeln wollte, bei dem ich einen Bauern mehr habe. Diese Stellung wäre auch gewonnen gewesen.
Noch besser: Mit Lf4 greife ich zwei Bauern gleichzeitig an. Ich habe diesen Zug gesehen, habe aber folgende Stellung völlig falsch eingeschätzt: 1.Lf4 Ld4, 2. Lxh2 Sc5 + 3. Kc8 4. Sxa6 Lf4. Der h-Freibauer ist in Verbindung mit dem weißfeldrigen Läufer so unglaublich stark, der weiße Springer auf a6 so weit weg vom Geschehen. Diese Stellung wäre glatt gewonnen.
Bauer mehr, Läuferpaar. Engine sagt: +5.
Linkes Diagramm: Die Idee, den Läufer auf c2 einzusperren bzw. zu fangen (-> Kd2, Kc3, Kb2) ist mehr ein Bluff. Das Auflösen der Struktur mit c4 war daher überhastet und unnötig.
Rechtes Diagramm: Hier spielte ich 36… Kd7, da mir 36… Kxe5 37.Sc6+ Ke6 38. Sxe7 die Gewinnressourcen raubt. Es wäre ein verschiedenfarbiges Läuferendspiel entstanden, welches eine hohe Remistendenz aufweist. Ich habe hier aber leider übersehen, dass ich nach 37. Sc6+ auch Ke4 spielen kann, den gegnerischen Läufer angreife und somit weiterhin eine Gewinnstellung halten kann. Der Zug 37. Ke4 ist m.E. mit wenig Zeit auf der Uhr ein wenig kontraintuitiv, da man seine Figuren nach einer Springergabel decken will und nicht auf Gegenangriff geht, gerade wenn der König beteiligt ist. Ich probierte es noch einige Züge, konnte aber nicht mehr die Genauigkeit an den Tag legen, um meinen Gegner zu überspielen. Nach 5 Stunden, einem müden Kopf und liegengelassenen Gewinnchancen willigte ich dann in ein Remis ein. Schade! Da war viel mehr drin!
Die Analysen und einige andere Fundstücke gibt es zum Nachspielen hier.
Geschenkter Sonntag
Alles in Allem verlieren wir deutlich mit 2 – 6 gegen Werder Bremen 3. Es sollte an diesem Sonntag nicht sein. Wie der Morgen anfing, so wurde es durch unsere Partien fortgesetzt.
Und was ist sonst passiert?
Die SG Osnabrück verliert zuhause gegen den Lister Turm 2 mit 2:6. Nordhorn erhält ersatzgeschwächt eine 1,5:6,5-Klatsche gegen Delmenhorst, die in Bestbesetzung antraten. Kirchweyhe, mit 6 GMs und 2 IMs, schlägt den Post SV Uelzen mit 7:1. Lehrte muss zuhause eine 2,5:5,5-Schlappe gegen Oldenburg hinnehmen.
Die Tabelle nach Runde 2
Erwartungsgemäß grüßen Kirchweyhe 2 und Lister Turm 2 von der Spitze, nur ein Brettpunkt trennen diese beiden Mannschaften. Von Platz 3 bis 8 weisen alle Mannschaften 2 Mannschaftspunkte auf, auch hier unterscheiden sich die Brettpunkte teilweise kaum, sodass sogar eine weitere Wertung herangezogen werden musste. Die rote Laterne halten derzeit wir, aber es sind ja aber noch 7 Spiele zu spielen. 😉
Am nächsten Spieltag (01.12.2024) erwarten wir die SG Osnabrück, ein echtes Derby!
Kiebitze sind herzlich willkommen! Bis dann!
Hannes Ewert