Oberliga: Man reibt sich die Augen…

… und staunt. Nach dem 5½-2½ gegen die Schachfreunde aus Hannover hat die Erste einen gewaltigen Schritt gemacht. 5 Punkte und Tabellenplatz 3 nach drei Runden hatte keiner von einer Mannschaft erwartet, die personell geschwächt in die Saison ging und auch noch einige Ausfälle zu verkraften hatte. Doch für alles gibt es eine Erklärung.

 

Vorne gut, hinten stark

Prognosen sind doof, wenn sie auf Zahlen beruhen. Gut, das ist nun wirklich nicht logisch, aber pyschologisch vertretbar. Es gab Spielzeiten, in denen wir uns Sorgen um die letzten Bretter machen mussten. Aber heuer sind dort offenbar Motivationsbären unterwegs, die in der Stunde der Not top-engagiert eine Schippe drauflegen können.
An den ersten vier Bretter (bezogen auf die gemeldeten Spieler) holten wir 50%, hinten aber 7 P (10). Zu den bemerkenswerten Details gehört, dass sich dort auch die Topscorer finden lassen. Reinhold Happe hat bereits jetzt mit 2 P (2) genauso viele Punkte wie in der gesamten Saison 18/19. Und Wolfgang Andre, entfesselt durch was auch immer, spielt bärenstark in einer Spielklasse, in die er auch gehört: 2 P (2) sind eine Ansage, und überhaupt hat Wolfgang saisonübergreifend noch keine Oberligapartie verloren. 3 P gingen heute also fast folgerichtig auf das Konto der Brett 5-8.
Erwähnt werden sollte auch, dass keiner der eingesetzten Reservespieler eine Partie verloren hat.
Das waren jetzt eine Menge Zahlen, und vielleicht ist das doch eine Grundlage für Prognosen.
Wait and see…

Hannover fightete stark

Für unsere Gäste, die mit zweifachem Ersatz anreisten, ging es um viel. Big Points, das zeigt auch die Tabelle nach dem heutigen Spieltag, standen auf dem Spiel. Und so fielen die Entscheidungen recht spät, obwohl sich an einigen Brettern eine gefühlte Dominanz unserer Truppe erkennen ließ.

Schwarz am Zug gewinnt.

Auch dafür gab es Argumente. An zwei Brettern ließen sich die Hannoveraner auf das Spiel mit einem d-Isolani ein. In beiden Fällen ohne Erfolg. Carsten Lingnau knackte gegen Dennie Ackermann nach zähem Kampf mit einer für ihn typischen Brillanz die Verteidigung seines Gegners. Für Dirk Hummel, der kurz zuvor noch im Barenturm mit unserer Zweiten beschäftigt war, keine Überraschung: „Solche Stellungen knackt Carsten immer hinten raus“. Tolle Partie von Carsten. Der letzte Zug war ein Kracher, auch wenn unser IM anmerkte, dass den auch ein Kreisklassenspieler gefunden hätte. Das testen wir mal…
Nachspiellink.

Auch Wolfgang belagerte erfolgreich den Isolani von Dr. Martin Ploog, der zudem noch fleißig Leichtfiguren tauschte und trotzdem Chancen auf einen halben Zähler hatte. Es reichte nicht, also zwei enorm wichtige Schwarzsiege für Hellern.
Nachspiellkink.

Die beiden anderen Siege steuerten Jörg Stock und Reinholf Happe bei. Vor 100 Jahren hätte man das so formuliert: „Jörg spielt wie beseelt.“ Heute heißt das: „Er haut coole Taktik raus.“ Wie auch immer: das Ergebnis ist das gleiche. Nachspiellink.

Brett 4: Stock – Fritze (l.)

Reinhold hatte es schwerer. Thomas Edel lieferte über weite Strecken einen Kampf auf Augenhöhe. Der erste ernsthafte Fehler entschied aber auf der Stelle. Reinholds Finish in einer zuvor positionell geprägten Partie war begeisternd. Ein weiterer Schwarzsieg…Nachspiellink.

Brett 5: Edel – Happe (r.)
Stellung nach 59.h7-h8D

Eine Niederlage gab es dann doch. Jan Pubantz, der bei der u14-DJEM vor einigen Monaten Vierter wurde, gehört sicher zu den vielversprechenden niedersächsischen Talenten, die auf lange Sicht einen Meistertitel holen können. Ingo Gronde spielte gegen ihn bis kurz vor der Zeitkontrolle absolut gleichwertig – bis auf einen unnötigen Bauernverlust. Vorbei war es aber nicht, denn Ingo lässt sich nicht ohne Widerstand abräumen. Kurios: In der Diagrammstellung gab es nicht nur vier Damen, sondern es war nach 59…Dh1-d1 60.Ke3 De2+ 1-0 leider auch vorbei.

Brett 2: Dr. Gronde – Pubantz (r.)

Dass Punkteteilungen spannend sein können, demonstrierten Thomas Kaimer (Hannover) und Alexander Hoffmann, der erfreulicherweise wieder mal dabei war. Alex hätte fast einen weiteren Schwarzsieg zum Gesamtergebnis beigesteuert. In der Diagrammstellung hatte er gerade einen Bauern auf h4 verspeist, aber SF Kaimer trieb danach seinen Freibauern energisch nach vorne. Das technische Problem: Was macht Schwarz mit seinem f-Bauern?
Die Antwort findet man hier.

Brett 3: Kaimer (r.) – Hoffmann

Die weiteren Remise steuerten Tammo Lewin (gegen Andreas Herrmann) und Martin Hart (gegen Jörg Witthaus) bei. Beide wurden nicht so recht glücklich damit. Tammo hatte eine Mehrfigur, die der Hannoveraner aber mit einem sehr aktiven König kompensierte. Und Locke hatte sich sicher mehr von seiner Position erhofft. Geschadet hat’s nicht.

Der Spieltag brachte einige Erkenntnisse: Kirchweyhe gewinnt nicht immer astronomisch hoch. Heute gab es ’nur‘ ein 6-2 gegen Nordhorn-Blanke. Dafür bereitete Tostedt mit einem 7-1 in Delmenhorst den Gastgebern keinen schönen Sonntag. Das Team aus dem Oldenburger Land hat bislang nur fünf Einzelpartien gewonnen und liegt mit 0 Punkten auf dem letzten Tabellenplatz.
Zweiter ist der Lister Turm: das 5-3 in Hameln bremste den Gastgeber etwas aus, aber die Hamelner haben ein Restprogramm, das ausreichen sollte. Anders sieht es in Oldenburg und Lehrte aus. Ex-Bundesligist Oldenburg bezwang mit seinem ersten Saisonsieg den Aufsteiger mit 4½-3½, aber der scheint zäh genug zu sein, um in den nächsten Runden wieder zu punkten. Das bedeutet, dass sich Hellern nicht ausruhen darf. Beim Auswärtsspiel in Hameln (8. Dezember) sollte man Zählbares nach Hause mitbringen. Denns eins ist klar: die halbe Liga befindet sich momentan im Abstiegskampf.

Tabelle Oberliga Nord West nach Runde 3

Fotos: © Thal 2019