Beginnt jetzt der Abstieg in die unteren Tabellenregionen? Die zweite Niederlage in Folge ist zwar Futter für die Skeptiker, aber bislang hat das Hellern-Schiff noch nicht einmal Schlagseite. Man ist Vierter. Das Emsland-Derby gewannen die Gäste aus Nordhorn, die immerhin schon einmal der 2. Liga waren, schlicht und einfach verdient. Interessant: In der Gästemannschaft spielten insgesamt fünf Holländer.
Das Fazit des Wettkampfes ist einem Satz zusammenzufassen: Vorne waren wir auf Augenhöhe, hinten gingen bis auf Stephan Niendiekers Remis alle Punkte flöten. Und dafür war nicht mal besonderes Pech nötig.
SV Hellern | – | SV Nordhorn Blanke | 2½-5½ | |
1 | Lingnau,Carsten | – | Kroeze,Frank M. | ½ : ½ |
2 | Gronde,Ingo,Dr. | – | Ten Vergert,Paul | ½ : ½ |
3 | Stock,Joerg | – | Bertholee,Rob | 0 : 1 |
4 | Hummel,Dirk | – | Kollen,Zyon | 1 : 0 |
5 | Niendieker,Stephan | – | Baisakow,Alexander | ½ : ½ |
6 | Happe,Reinhold | – | Bierenbroodspot,Paul | 0 : 1 |
7 | Bade,Hans-Juergen | – | Hoellmann,Ludger | 0 : 1 |
8 | Roehrich,Stefan | – | Andre,Wolfgang | 0 : 1 |
Brett 1: IM Frank Kroeze (2396)- IM Carsten Lingnau (2398) = ½ – ½
Am Spitzenbrett zeigten sich die beiden Meister ihre Werkzeuge. Nach einer mittellangen Theorievariante gab es den Friedensschluss. Carsten ist mit 4,5 P v. 6 einer der Topscorer am 1. Brett.
Brett 2: Dr. Ingo Gronde (2227) – CM Ten Vergert (2215) = ½-½
Harter Kampf: Dr. Gronde (l.) – Ten Vergert (Nordhorn)
Ingo hatte erneut eine starke Stellung auf dem Brett, fand gegen den aufmerksamen Candidate Master aber nicht den Büchsenöffner. Am Ende kam Ten Vergert gar noch zu Gegenspiel und Ingo konnte mit dem Remis zufrieden sein.
Brett 3:– FM Bertholee (2344) – Jörg Stock (2208) = 1-0
Es war mehr drin: Bertholee (Nordhorn) – Stock (r.)
Jörg ließ sich mit den schwarzen Steinen auf ein Theorieduell mit dem holländischen FIDE Meister ein. Und das in einer Variante, in der Bertholee als Experte gilt. Die exzellente Vorbereitung von Jörg griff aber, im 16. Zug stand er bereits spürbar besser. Ein kleiner Fehler brachte die Wende und bald stand der Nordhorner deutlich besser. Dann unterlief ihm ein Missgeschick. Der Versuch, die Springerfesselung auszunutzen, sah allerdings folgerichtig aus:
28.h4?! Txf5? [Leider die falsche Zugreihenfolge. 28…h5!! 29.Df3
a) 29.Txh5 Dxg4–+;
b) 29.Dxh5 Th8! 30.Txe5 Txh5 31.Txh5 Dg4 und Schwarz steht besser
29…Txf5 30.Dxf5 Dxf5 31.Txf5 bxc3 32.bxc3 Te8 33.Le4 Te5 34.Txe5 dxe5 =
29.Txf5 h5? 30.Dxh5+– 1-0 (45.)
Brett 4: Dirk Hummel (2273) – Zyon Kollen (2198) = 1-0
Gelassen: Hummel (l.) – Kollen (Nordhorn)
Eine Galavorstellung lieferte Dirk ab, der wie Carsten an Brett 1 bereits 4½ (6) auf dem Konto hat und eine Supersaison spielt. Dirk hatte zuletzt 16.Db3 gespielt, wonach Schwarz die Qual der Wahl: Wie soll er den Bd5 abgeben?
16…Da5? [Das ist ein Verlustzug. Besser war der Übergang in ein Endspiel mit Minusbauer: 16…Dxb3 17.Txb3 Ke7 (17…Tb8 18.Lxd5±) 18.Lxd5 Tb8 19.e4 Le6 20.Lxe6 Kxe6 21.Ke2 Thc8 22.Td1 Tc2+ 23.Td2 Txd2+ 24.Kxd2±]
17.Lxd5+– 0–0 18.0–0 Tb8 19.Tfc1 Lf5 20.Tc7 Dd2 21.e4 Lg4 22.Dc3 Dg5 23.h4 Dh6 24.Kg2 Db6 25.De5 Tbd8 26.Txb7 Da6 27.Tcc7 Lh3+ 28.Kxh3 Df1+ 29.Kg4 De2+ 30.f3 h5+ 31.Dxh5 . Eine Partie für’s Lehrbuch. Leider der einzige Sieg für Hellern. 1–0
Brett 5: Alexander Baisokow (2185)- Stephan Niendieker (2135) = ½-½
Anspannung pur: Baisakow (Nordhorn) – Niendieker (l.)
Bis zum Schluss eine sehenswerte Partie für Kenner: der Nordhorner spielte bereits früh in der Drachenvariante mit Weiß einen Zug, der mehr als anrüchig gilt. Aber erst nach dem 22. Zug war die Theorie am Ende, die weiße Stellung aber auch. Im Endspiel T+T+L vs. D+L konnte Stephan überweite Strecken zeigen, dass seine Dame den beiden weißen Türmen überlegen war. Beide Spieler quälten sich stundenlang durch ein kompliziertes Endspiel, in dem Stephan irgendwann den forcierten Gewinn übersah und sich für die starke Vorstellung nicht belohnen konnte.
Brett 6: Reinhold Happe (2104) – FM Paul Bierenbroodspot (2123) = 0-1
Grübelt vergeblich: Reinhold Happe
Wie erwartet war der holländische FIDE Meister theoretisch bis an die Zähne bewaffnet. In der Eröffnung sah Reinhold dann keine Alternative zur langen Rochade, die aber nach hinten losging. Wenige Züge später zeichnete sich ab, dass der mit Schwarz spielende Nordhorner wesentlich schneller zum Angriff kommen würde. Reinhold versuchte es noch mit einem Scheinopfer und kämpfte in schlechterer Stellung bis zum 39. Zug, musste dann aber kapitulieren. Beeindruckende Leistung des Gästespielers.
Brett 7: Ludger Höllmann (2155) – Hajo Bade (2047) = 1-0
Es war nicht Hajos Tag. Mutig suchte er mit den schwarzen Steinen den scharfen Kampf in einer hochriskanten Variante. Der Nordhorner ließ sich nicht locken, behandelte alles sachlich und positionell und konnte schon nach acht Zügen Hajos Stellung leicht schwächen. Der überschaubare Vorteil reichte ihm, den Rest spielte er völlig humorlos runter. Im 35. Zug überschritt Hajo die Zeit.
Brett 8: Stefan Röhrich (2124) – Wolfgang Andre (2210)= 0-1
Kampfpartie. Natürlich. Mit Weiß gegen Najdorf, da sollte doch was gehen? Der Nordhorner kam dann doch zuerst zum Angriff, was Stefan mit einem fabelhaften Qualleopfer wieder einigermaßen in den Griff bekam. Trotzdem war der Druck nicht ganz beseitigt, aber nach einer Ungenauigkeit bot der Nordhorner im 31. Zug Remis an, was Stefan angesichts des aktuellen Wettkampfstandes nicht annehmen wollte. Toller Sportsgeist, der nicht belohnt wurde – im 38. Zug war alles vorbei.
Am 22.2. geht es zum Delmenhorster Schachklub. Vielleicht gelingt dort endlich wieder etwas Zählbares.
Das Erfreulichste an diesem Spieltag war, dass das emsländische Doppel-Derby ebenfalls im Clubheim stattfand: Unsere Zweite spielte nämlich zeitgleich ebenfalls gegen den SV Blanke-Nordhorn, allerdings gegen deren starke 2. Mannschaft. Hier hatten wir mehr Glück und Können auf unserer Seite. Hellern 2 gewann 5-3 und verteidigte damit die geteilte Tabellenführung.