Hellern wirft Zweitligisten aus dem Pokal

In der 3. Runde der Nds. Pokal-Mannschaftsmeisterschaft setzten sich mit Lingen und Tostedt zwei Favoriten durch. Zweitligist Oldenburg schaffte es nicht und wurde nach hartem Kampf mit einer 1-3-Niederlage aus dem Wettbewerb verabschiedet.

Zugucken wollten nur wenige…

Großer Saisonerfolg vor (fast) leeren Rängen…

Es kam leider anders, als erhofft. Nach dem anstrengenden Bezirksliga-Spieltag waren die Aktiven voll und ganz damit beschäftigt, dass unsere Vierte in der Tabelle knapp vor der Dritten liegt. Trotz redlicher Appelle fand sich daher nur ein halbes Dutzend Kiebitze zu einem respektablen Saison-Highlight ein.
Sie haben viel verpasst.

Die Oldenburger traten mit zwei Stammspielern ihrer 1. Mannschaft an und hatten zudem mit Hartmut Bürckner und Unni Anirudh zwei Aktive mitgebracht, die man bereits erfolgreich in der 2. Bundesliga eingesetzt hatte. Eine durchaus starke Aufstellung. Aber im Mannschaftspokal gibt es eine besondere Arithmetik, die dem klassentiefere Team helfen kann. Dazu kam es nicht, aber in Köpfen spielt das schon eine Rolle. Dazu später mehr…


Brett 1: FM Bredemeier – IM Lingnau

FM Bredemeier (r.) – IM LIngnau: ein friedvolles Event

 

An sich hätten die Gäste an Brett 1 gegen Carsten (Foto) kompromisslos auf Gewinn spielen müssen. Aber das sagt sich so leicht. So wurde es ein nicht gerade vor Dramatik berstendes Salsonremis. Unter Vermeidung eines normalen Katalanen entschied sich der Oldenburger für einen zurückhalten Aufbau, der wenig hergab.

 

 

Nach 12.Te1 h6 13.Lxf6 Lxf6 war bald mit nur einer offenen Linie wenig los auf dem Brett. Wenige Züge später verzichtete Carsten auf weitere Aktivitäten und wiederholte die Züge: ½-½. Taktisch war dies für die Gäste nicht von Vorteil, weil wir an Brett 2 nominell besser besetzt waren und zudem die weißen Steine hatten.
Achtung: Die Arithmetik kommt immer näher!

 

 


Brett 2: FM Ewert – Meesen

Hannes Ewert (l.) – Meesen: am Ende entschied ein Traumzug die Partie

Wie an Brett 1 irgendwas, was nach Reti aussah. Hannes spielte außergewöhnlich ruhig und beschränkte sich auf einen starken Vorposten. In der Selbstbeschränkung liegt aber die Kunst. Der Oldenburger platzierte kurz danach aber einen Springer am Rand und hatte wohl auch einen Plan, aber Hannes zauberte dann einige feine Züge aufs Brett. In dem folgenden Partieausschnitt ist nicht nur das feine Springeropfer zu beachten, sondern besonders 34.f5!! Dieser Zug ist Extraklasse, denn alles andere hätte zum Remis geführt.

[Event „Pokal-MM 2017/18“]
[Site „Hellern“]
[Date „2018.01.14“]
[Round „3.2“]
[White „Ewert“]
[Black „Meesen“]
[Result „1-0“]
[ECO „A07“]
[WhiteElo „2335“]
[BlackElo „2204“]
[Annotator „Thal“]
[SetUp „1“]
[FEN „4r1k1/5ppb/3b3p/3pN3/1PpN1P2/r1n1R1P1/2P3BP/4R1K1 w – – 0 29“]
[PlyCount „49“]
[EventDate „2018.??.??“]
[EventCountry „GER“]
[SourceDate „2015.09.05“]
[SourceVersionDate „2015.09.05“]
[WhiteTeam „SV Hellern“]
[BlackTeam „SK Union Oldenburg“]
[BlackTeamCountry „GER“]

29. Nxc4 $1 {[%mdl 512] Das war verblüffend, aber um zu erkennen, was
dahintersteckt, muss man die Alternativen sehen: Meesen hätte nämlich nach
anderen Zügen die Stellung durch diverse Abtäusche vereinfacht. Nun muss er
den taktischen Schlag verdauen.} Rxe3 30. Nxe3 Bxb4 $2 (30… Kf8 $1 $11 {
entlastet die Grundlinie.} 31. Nxd5 Nxd5 32. Bxd5 Bxb4 {und Weiß behält
einen Freibauern, aber technisch ist das nicht einfach zu gewinnen.}) 31. Nxd5
Nxd5 32. Re8+ $18 Bf8 33. Bxd5 g5 34. f5 $3 {Sehr stark. Hier muss Hannes tief
gerechnet haben. Das ist der einzige Zug, der gewinnt.} (34. Nc6 gxf4 35. Ne7+
Kg7 $11) (34. Rc8 {[%cal Gc8c2]} gxf4 35. gxf4 $11) (34. c4 gxf4 35. gxf4 Kg7
$11) (34. fxg5 hxg5 35. Bb3 Ra1+ 36. Kf2 Kg7 $11) 34… Kg7 35. f6+ $3 Kxf6 36.
Rxf8 Ke5 37. Rxf7 Kxd5 38. Rxh7 Kxd4 39. Rxh6 Ke3 40. Kg2 $1 Rc3 41. Re6+ $1 {
Natürlich sind die schwarzen Figuren aktiv und in einer anderen Stellung
hätte es gereicht. Hier aber wird er König abgeschnitten: die vertikale
Sperre ist gewinnt, der c-Bauer spielt keine Rolle mehr.} Kd4 {[%csl Re1,Re2,
Re3,Re4,Re5,Re7,Re8]} 42. Re2 Kd5 43. Kh3 Rc4 44. c3 Kd6 (44… Rxc3 45. Kg4
$18 {[%cal Rg4g5]}) 45. Re3 Kd5 46. g4 Rc8 47. Kg3 Kd6 48. h4 gxh4+ 49. Kxh4
Rh8+ 50. Kg3 Rg8 51. c4 Kc6 52. Re4 Kd6 53. Kh4 {Fabelhafte Leistung von
Hannes, denn nach der 2-1-Führung am zweiten Brett war der Wettkampf gewonnen.
} 1-0

Zur Chronologie der Ereignisse: Thorben hatte bereits Remis gespielt, sodass Oldenburg nicht nur aufgrund der Berliner Wertung entweder am 2. Brett gewinnen oder aus den beiden restlichen Partien 1½ Punkte holen musste. Bei einem 2-2 kommt der klassenniedere Gegner weiter, wenn alle Partien mit einer Punkteteilung enden. Mit dem Sieg an Brett 2 war jedoch der Wettkampf entschieden. Hier hätte ein Sieg der Gäste an Brett 4 nichts mehr gebracht, da für diesen Sieg weniger Feinwertungspunkte vergeben werden.


Brett 3: Thorben Weist – Bürckner

Endlich mal was Wildes: Najdorf-Sizilianer in Weist (r.) – Bürckner

Wild-West am Brett: Es macht immer wieder Spaß, zwei Najdorf-Strategen bei der Arbeit zuzuschauen. Thorben behandelte ein klassisches Setup aus dem großen Najdorf-Themenkatalog mit einer unauffälligen Nebenvariante, die ihm aber eine raschen Sieg hätte einbringen können.

[Event „Pokal-MM 2017/18“]
[Site „Hellern“]
[Date „2018.01.14“]
[Round „3.3“]
[White „Weist“]
[Black „Buerckner“]
[Result „1/2-1/2“]
[ECO „B99“]
[WhiteElo „2034“]
[BlackElo „2167“]
[Annotator „Thal“]
[SetUp „1“]
[FEN „2kr3r/1bq1bp1p/pn1pp1p1/1p4PP/3NPP2/P1N2Q2/1PP1B3/2KR3R w – – 0 17“]
[PlyCount „35“]
[EventDate „2018.??.??“]
[EventCountry „GER“]
[SourceDate „2015.09.05“]
[SourceVersionDate „2015.09.05“]
[WhiteTeam „SV Hellern“]
[BlackTeam „SK Union Oldenburg“]
[WhiteTeamCountry „GER“]
[BlackTeamCountry „GER“]

17. hxg6 $5 (17. Ncxb5 axb5 18. Nxb5 Qd7 19. hxg6 {Die Pointe – Schwarz darf
nicht mit dem h-Bauern zurückschlagen:} fxg6 {Danach wird aber e6 schwach:} (
19… hxg6 20. Rxh8 Rxh8 21. Qc3+ $18 {[%cal Rc3h8,Rc3c8]}) 20. Qe3 Na4 (20…
Na8 21. Rh3 Bc6 22. Qc3 Qb7 23. Nd4 Kd7 24. Bg4 $18 {[%csl Re6]}) 21. Rd4 Nc5
22. Rhd1 $18 Kb8 {Vorsicht, Falle!} 23. Rxd6 $3 ({Aber nicht} 23. Nxd6 e5 $1
24. fxe5 Ne6 {verblüffend: es droht Qualitäts- oder sogar Dameverlust!} 25.
R4d2 Bxg5 $1 $17) 23… Bxd6 24. Rxd6 Qc8 25. b4 Rxd6 26. Nxd6 Nb3+ 27. Qxb3
$18) 17… hxg6 18. Rxh8 (18. Ndxb5 axb5 19. Nxb5 Rxh1 20. Nxc7 Rxd1+ 21. Kxd1
Kxc7 22. Qc3+ Kb8 $14) 18… Rxh8 $11 19. Rh1 $2 Qd8 $6 (19… Rxh1+ {und
Schwarz kommt in Vorteil:} 20. Qxh1 e5 21. fxe5 Bxg5+ 22. Kb1 dxe5 23. Qh8+ Bd8
$15) 20. Rh6 Rxh6 21. gxh6 Qh8 {[%cal Rh8d4,Rh8h6]} 22. Qe3 $6 (22. Ncxb5 {
war ebenfalls möglich:} Na4 (22… axb5 {verliert wegen} 23. Qc3+ Nc4 24. Nxb5
$18) 23. Nc3 Nc5 $11) 22… Qxh6 $17 23. Ndxb5 $1 {Aus der Not geboren!} axb5
$2 (23… Nd7 24. Na7+ Kd8 25. Kb1 Qh4 26. Ka2 d5 $17) 24. Qxb6 $11 Qxf4+ 25.
Kb1 Qe5 26. Bxb5 f5 27. exf5 gxf5 28. Bc6 $1 Bxc6 29. Qxc6+ Kd8 30. Qb6+ Kd7
31. Qa7+ Kd8 32. Qa8+ Kd7 33. Qa4+ Kd8 34. Qa8+ {Eine spannende Najdorf-Partie,
die genau das lieferte, was man sich von der Variante erhofft: knackige Opfer,
dramatische Fehler und Ungerechtigkeiten am laufenden Band. Beide hätten die
Partie gewinnen können, keiner tat es. Najdorf halt.} 1/2-1/2

Der Oldenburger hatte also durchaus seine Chance, aber Thorben hat sich clever in die Partie zurückgeopfert, was einen schlechteren Verlauf des Wettkampfes verhindert hat. Eine wichtige Punkteteilung!


Brett 4: Anirudh – Stock

Anirudh – Stock (r.): Auch hier hatten die Gäste eine Chance

In einer Hinsicht war das Geschehen am 4. Brett ein Leckerbissen: Beide Spieler brachten eine heftig diskutierte Variante des Katalanischen Damengambits aufs Brett. Und viel falsch gemacht hat der Oldenburger nicht. Er belagerte eine kleine Strukturschwäche im schwarzen Lager, verzettelte sich dann aber etwas – die Gewinnschancen schmolzen danach wie Schnee an der Sonne. Aber alles hätte auch hier mit einem Remis enden können, wenn Jörg nicht einen seiner technischen Sahnetage gehabt hätte. Da die Partie einer ausführliche Kommentierung bedarf, gibt es hier einen Nachspiellink.

Dies war die letzte Partie. Endstand: 3-1 für Hellern.
Nun darf man gespannt sein, was die Auslosung der 4. Runde ergibt. Mit dem SV Lingen und dem MTV Tostedt sind zwei Favoriten in die nächste Runde eingezogen, ohne auch nur annähernd aus dem Vollen schöpfen zu müssen. Nordhorn-Blanke gewann bei einer Rumpftruppe des SV Esens. Alle weiteren Ergebnisse können hier nachgelesen werden.

Fotos: © Thal 2018