Staufer Open 2018 – Ein Turniertagebuch

Aktuell: Tag 4, zweiter Teil und Tag 5. Das 30. Staufer Open wird in zwei Runden pro Tag vom 2. bis zum 6. Januar gespielt. Ein hartes Programm auch für die acht Helleraner, die mit dabei sind. Darunter Niels Dettmer, der täglich berichtet. Ein Turniertagebuch also, dem die Redaktion frei nach Selma Lagerlöf den Titel „Niels Dettmers wunderbare Reise mit den Hartplatzhelden“ gibt. Viel Freude beim Lesen!

Tag 5

Runde 9

Unsere gestrige Leistung hat uns im Kampf um den Mannschaftspreis weit zurückgeworfen. Um unter die ersten drei zu kommen, mussten 4 Siege her. Davon drei Siege von Dominik, Thorsten und mir. Tolle Voraussetzungen also!

In der A-Gruppe durfte Locke diesmal weiter hinten an  Brett 53 gegen Thomas Lüßmann (ELO 1990) mit schwarz und Joachim an Brett 78 auch mit schwarz gegen Bernhard Seehaus (ELO 2005). Anscheinend spielt Thomas Lüßmann nicht gerne Turniere zu ende. War er auch schon im Zabo-Open nach drei Runden ausgestiegen, trat er hier zur 9. Runde ebenfalls nicht an. Somit hatte Locke nach 30 Minuten den vollen Punkt eingefahren, leider kampflos. Joachim sollte auch den vollen Punkt einfahren. Allerdings mit etwas mehr Gegenwehr seines Kontrahenten. Joachim konnte einen schönen Königsangriff aufziehen und seinen Gegner mit aktiven Figurenspiel überrollen.

Im B-Open war ich durch meinen Sieg an Brett 11 vorgerückt und hatte mit dem Wunderspieler aus Jedesheim Vitalij Stumpf (DWZ 1515) mit schwarz zu spielen. Thorsten spielte an Brett 13 mit schwarz gegen Nils Wurmbauer, Dominik folgte an Brett 18 mit weiß gegen Sebastian Bitzenauer. Andre an Brett 46 mit weiß gegen Günter Rapp, Schlötti an Brett an Brett 47 gegen Diyor Bakiev und Stefan an Brett 56 gegen Tilo Balzer jeweils mit schwarz.

Ein leichter Hangover von dem Gelage am Vorabend und kein Frühstück könnte ich hier jetzt als Entschuldigung heranführen. Denn Thorsten, Dominik und ich schafften das Kunststück einer langen Rochade. Drei Nullen, unglaublich. Hatte ich doch nach dem 21. Zug von weiß eine klare Gewinnstellung auf dem Brett. Ich war aber zu gierig. Dass ich die Qualität gewinnen würde war mir klar, aber dann erspähte ich, wie ich vielleicht den Turm ganz gewinnen könnte. Da hatte ich mich aber an zwei Punkten fürchterlich verrechnet. Fünf Züge später war die Partie vorbei. Mit einem Sieg hätte sich mit 6,5 Punkten nicht nur mein Rating verbessert statt verschlechtert, sondern ich hätte auch den Ratingpreis bis DWZ 1800 aufgrund der besseren Buchholz geholt. Das war mehr als ärgerlich.

Weil er zu viel wollte, hatte Thorsten seinen Sizilianer überzogen und verlor folgerichtig. Dominik musste eine leicht schlechtere Stellung gegen einen weiteren Sizilianer verwalten und verdarb einzügig, genau wie ich, die Partie. Andre holte seinen zweiten Sieg. Bis kurz vor dem Ende der Partie zwar alles andere als überzeugend, aber halt gewonnen. Nachdem ich ja schon den Vogel der Runde abgeschossen habe, versuchte Stefan das noch zu toppen. Eine Kombination über mehrere Züge, die ihm eine Gewinnstellung hervorbrachte mit einem Freibauern auf der 3. Reihe, verspielte er noch zu einem Remis. Auch das war mehr als ärgerlich.

Die neunte Runde lief auch nicht und wie holten eine von Punkteausbeute 3,5 aus 8. Für die Mannschaftswertung brachte das nur 0,5 Punkte. Nach 9 Runden brachte unsere Ausbeute uns auf den sechtsen Rang der Mannschaftswertung. Es sah wie folgt aus:

Wir haben sicherlich einige Punkte liegen lassen. Aber wir wollen nicht herumjammern. Das Staufer Open ist ein wirklich empfehlenswertes Turnier. Allen voran der Turniersaal, dicht gefolgt von den Schiedsrichtern und der Turnierorganisation. Preiswerte Unterkunft und Gastronomie vervollständigen das ganze und entschädigen für die weite Anreise.

(Redaktion:) Aus der Ferne war es ebenfalls ein sehr schönes Turnier. Zwar waren vor allem in der B-Gruppe einige unerklärliche Züge zu bestaunen, aber insbesondere Lockes Auftritte machte es uns leicht, die Silvestersektbestände aufzubrauchen. Gratulation an Locke, der mit einer ELO-Performance von 2130 (DWZ-Performance: 2105) seine Klasse zeigte. Auch Joachim konnte voll überzeugen und spielte bis auf wenige Ausnahmen starkes Schach, was sich in einer ELO-Performance von 2034 (DWZ: 2001) niederschlägt.

Tag 4

Runde 7

Die 7. Runde brachte für Locke an Brett 26 IM Cliff Wichmann (ELO 2314) mit den schwarzen Steinen.  Joachim hatte das Vergnügen gegen Alexander Barskij mit Schwarz  an Brett 92.

Zuerst zu Joachim, der mit Schwarz eine Variante des Rubinstein-Franzosen aufbaute. (Wer hatte Joachim noch mal verboten französisch zu spielen?) Sein Gegner (ELO 1933, schwache Gegner gibt es nicht in der A-Gruppe) hatte die lange Rochade gegen Joachims kurze gewählt. Die b-Linie und die d-Linie waren halboffen und kurz danach war die Partie für Joachim nach einem groben Versehen seines Gegners gewonnen.

Locke hatte da eine deutlich längere Veranstaltung. In einer Stellung, in der er gefühlt im Mittelspiel ausgeglichen oder mit leichte Vorteil stand, vergab Locke im weiteren Verlauf der Partie aufgrund von Zeitnot seinen Vorteil. Im Endspiel lebte Locke fast nur noch vom Inkrement und schaffte es tatsächlich, seinem Gegner noch ein Remis abzuringen.

(Redaktion:) Im linken Diagramm konnte Wichmann mit 45. Ta8 Kh7 46. Ta7 Kg8 usw. Remis durch Zugwiederholung herbeiführen, wollte aber mehr – und hätte dafür beinahe nichts bekommen: 45. Sxd6? Sd2! droht Sf1+, so dass z.B. Tb7 sofort verliert. Statt dessen geschah 46. Ta8+ Lf8!? 47. Kg1? (mittleres Diagramm).

IM Wichmann – Hart, Stellungen nach dem 44. Zug, nach dem 47. Zug von Weiß und nach dem 50. Zug von Weiß.

Jetzt wird es dramatisch, denn Wichmann steht auf Verlust. Nur ist der Gewinn alles andere als einfach zu finden. Die Idee ist der Turmtausch durch 47. … Ta5!, den Weiß wegen des drohenden Ta1+ nicht verhindern kann. Nach dem Turmtausch aber gibt es nur noch zwei mögliche Ergebnisse, und der schwarze a-Bauern wird langfristig eine weiße Figur binden, so dass Schwarz am Königsflügel letztlich mit einer Figur mehr spielen wird. Locke zog statt dessen 47. … f5? 48. Lf4 g5 49. Sxf5 Txf5 50. Lxd2 (rechtes Diagramm) und dies konnte der IM remis halten. Großes Schach von Locke!

Am vierten Tag werden auch in der B-Gruppe keine Geschenke verteilt.
Mit Blick auf die Mannschaftswertung mussten aber heute Punkte her.

Thorsten gegen Benjamin Janko und Dominik gegen Karl Krieg an Brett 8 und Brett 12 führten unsere Delegation jeweils mit Weiß an. Dann folgte ich an Brett 18 mit Schwarz gegen Ivan Krastev,  Schlötti an Brett 26 gegen Nils Wurmbauer, Stefan mit Schwarz gegen Moritz Ecker und Andre an Brett 62 mit Weiß gegen Thomas Leser.

Eigentlich wollte ich heute wieder einen Schwarzsieg nach meinem Weißremis am Vortag folgen lassen. Nach einer halben Stunde bekam ich, aus welchem Grund auch immer, fürchterliche Kopfschmerzen. Auch eine Kopfschmerz-Tablette einer freundlichen Bedienung im CCS brachte nicht wirklich Linderung. Ob der Schlafmangel wegen der Berichteschreiberei oder die total scharfe Stellung im Franzosen mit Bauernopfer von Weiß der Auslöser waren, vermag ich nicht zu sagen. Ich bot im 17. Zug mit einem Bauern mehr, aber luftiger Königsstellung Remis an und mein Gegner nahm an. Dominik war kurz danach fertig. Er hatte sich im Sizilianer seines Gegners veropfert. Die Stellung war eigentlich klar verloren für Weiß. SF Krieg schaffte es aber nicht, die besten Züge zu finden und brachte Dominik damit zurück ins Spiel. Als sich der Rauch vom Schlachtfeld erhob, hatte Dominik plötzlich eine klare Gewinnstellung auf dem Brett.

Thorsten bekam es heute mit dem Leningrader der Holländischen Verteidigung zu tun. Instinktiv fand Thorsten nur die besten Züge und konterte dieses zähe System lehrbuchhaft aus. Ein absolut überzeugender Sieg mit den weißen Steinen von Thorsten (nach seinen Angaben seine beste Partie des Turniers).

Stefan und Schlötti kamen beide nicht über ein Remis hinaus. Andre feierte in diesem Turnier in der 7. Runde eine Premiere, seinen ersten Turniersieg. Es war eine verzwackte Partie, die Chancen für beide Seiten, aber in der Mehrheit für Andre bot. Das gab dann am Ende auch den Ausschlag.

In der siebten Runde holten wir eine Punkteausbeute von 6,5 aus 8. In der Mannschaftswertung kommen wir nach 7 Runden auf 19 Punkte. Hier zählen die besten Vier eines Vereins (Thorsten 5,5  Dominik 5 und ich 4,5 und Locke 4 Punkte).

Runde 8

Die Verfassung der Berichte, Eingabe der Partien und die eigenen Turnierpartien hatten mich geschlaucht. Somit folgen die Berichte für die 8. und 9. Runde erst jetzt, nach der Rückreise.

Wie üblich beginnen wir mit der A-Gruppe. Locke an Brett 31 gegen FM Vinzent Spitzl (ELO 2290) mit weiß und Joachim an Brett 77 auch mit weiß gegen Tobias Döbler (ELO 2021).

Locke wollte dieses Turnier in jedem Fall mit 50% beenden, hatte er vor dem Turnier gesagt. Bei jetzt 4 aus 7 würde ein Remis dazu reichen. Er verschaffte sich auch eine optisch vorteilhafte Stellung. Hier hätte er den sicheren Remishafen ansteuern können, aber Locke wollte mehr. Das geht manchmal nach hinten los, wie auch hier. Nach hartem Kampf musste Locke die Partie leider aufgeben. Joachim hatte mal wieder eine kuriose Stellung mit seinem Stonewall erreicht. Die Bauern waren verkeilt und Joachim hatte Dame und das Läuferpaar, sein Gegner Turm, Läuferpaar und Springer. Ich sah nicht wie Joachim da durchkommen wollte. Irgendwann kam er zu uns und sagte er hätte sich auf Remis geeinigt. Die Eingabe des Partieformulars offenbarte einen Partiewegsteller. Der Gegner hatte es wohl nicht gesehen wahrscheinlich wegen Bedenkzeitproblemen.

So langsam näherte sich die entscheidende Phase des Turniers im B-Open. Thorsten auf Platz 8 und Dominik auf Platz 21 hatten sich auf Schlagdistanz zur Tabellenspitze vorgearbeitet. Ich war nach meinem Remis am Vormittag auf Platz 43 zurückgefallen. auf Platz 77 folgte Schlötti, Stefan auf 85 und Andre auf Platz 105. Daraus ergaben sich für die 7. Runde folgende Paarungen für uns. Thorsten an Brett 5 gegen den Setzlisten-Ersten Alexander Petrashov, Dominik an Brett 6 gegen den Setzlisten-Vierten Jan Brunner jeweils mit Schwarz. Ich durfte an Brett 20 gegen Gotthard Knödlseder mit weiß spielen. Es folgten Schlötti an Brett 31 mit weiß gegen Dr. Marcus Michna, Andre an Brett 40 mit schwarz gegen Patrick Schranz und Stefan an Brett 48 gegen Oliver Billing mit weiß.

Andre beendete als erster seine Partie nach nur 10 Zügen mit einem Remis. Warum so früh? Darüber decken wir den Mantel des Schweigens. Stefan und ich waren ungefähr zeitgleich fertig, allerdings mit unterschiedlichem Ergebnis. Mit weiß ist Stefan eigentlich ein starker Spieler. Aber nicht bei diesem Turnier. Er verpasste die wohl einzige Chance in der Partie in ein vorteilhaftes Endspiel abzuwickeln, danach verließ die Partie nicht mehr die Remisbreite. Bei mir war es anders. Hinter dem Vornamen Gotthard hatte ich einen älteren Herren vermutet. Tatsächlich ist es ein Jugendlicher Jahrgang 2002. Er spielte die Eröffnung sehr umsichtig gegen mich und bot mir bereits im 10. Zug Remis an. Ich wollte aber zumindest versuchen zu gewinnen, nachdem ich das gestern Nachmittag und heute Vormittag versäumt hatte. Mit etwas Glück konnte ich einen Bauern gewinnen, hatte dafür aber eine schwierige Stellung. Als sich der Rauch nach einem Generalabtausch auf h8 erhob, hatten wir ein Endspiel mit Turm und Läufer auf meiner Seite gegen Turm und Springer bei schwarz. Allerdings war die Partie nur 5 Züge später vorbei, weil mein junger Gegner das Endspiel falsch einschätzte.

Danach waren erst bei Thorsten und dann bei Dominik die Partien vorbei. Beide mussten sich der Spielstärke ihrer Gegner beugen. Am längsten hatte Schlötti zu kämpfen. Aber am Ende gewann das Wolga-Gambit gegen seinen d4 Aufbau.

In der achten Runde haben wir uns nicht mit Ruhm bekleckert und holten eine von Punkteausbeute 2,5 aus 8. Für die Mannschaftswertung waren das nur 1,5 Punkte. Nach 8 Runden kamen wir auf 20,5 Punkte. Hier zählen die besten vier eines Vereins (Thorsten 5,5  und ich je 5,5, Dominik5 , Locke 4 Punkte).