Mojo oder das Losglück – 6. Andreas Schaar Gedenkturnier

Ende November wurde in Nordhorn das 6. Andreas Schaar Gedenkturniert gespielt. Mit dabei waren auch fünf Helleraner: Felipe, Leo und Joe Santos, Norbert Schütt und Niels Dettmer. Niels verfasste bald nach dem Turnier einen ausführlichen Bericht, der aufgrund der beruflichen Belastungen der Redakteure erst heute seinen Weg auf die Homepage gefunden hat. Also: Hier ist er endlich!

Anreise und 1. Runde

Vom 17.11 – 19.11. fand in Nordhorn das letzte Turnier des NSV-Grandprix 2017 statt. Seit sechs Jahren wird es zum Gedenken an den in 2011 verstorbenen Andreas Schaar so genannt. Für mich war es nun die dritte Teilnahme, zusätzlich hatte ich noch einen Auftrag als Turnierleiter des Bezirks 6 zu erledigen, dazu später mehr.

In der Gruppe A traten 66 und in der Gruppe B bis DWZ 1600 48 Spielerinnen und Spieler an. Mein Selbstvertrauen hat seit dem Zabo-Open etwas gelitten, was sich auch in allen weiteren gespielten Partien widerspiegelte. So begleiteten mich gemischte Gefühle wie das Turnier wohl für mich laufen würde. Leider konnte Alexander Travica aus privaten Gründen nicht am Turnier teilnehmen. Nach meiner gemeinsamen Fahrt mit Arsim Hana nach Nordhorn trafen wir dort auf weitere Helleraner, die Familie Santos und Norbert Schütt.

Wie schon in Nürnberg hatte ich das Glück in die obere Hälfte der Setzliste zu rutschen, was mir einen vermeintlich leichteren Gegner bescheren sollte, Jonathan Rudi aus Nordhorn. Die anderen hatten weniger Glück: Joe mußte in der 1. Runde gegen den späteren Turniersieger Taylan Gülsen, Norbert gegen FM Gazic, Leonardo gegen Torsten Bührmann, Felipe gegen Kevin Wolters von Nordhorn-Blanke. Zu Norberts und Felipes Partien der ersten Runde kann ich nicht viel sagen. Ich hatte mit meiner eigenen genug zu tun. Lediglich Joes und Leos Partie konnte ich mir anschauen, als meine beendet war. Ich hatte in der 1. Runde Weiß bekommen, damit kam mein übliches System aufs Brett. Mein junger Gegner entschied sich für einen frühen Vorstoß am Damenflügel, was ich mit einem Konter im Zentrum beantwortete. Nach 11. Zügen hatte ich eine Stellung erreicht, die man aus der Vorstoß-Variante der Französischen Verteidigung kennt. Mein Gegner hatte am Damenflügel kompromisslos auf Angriff gespielt, was zulasten seiner Entwicklung am Königsflügel ging. Ich suchte, so unter Druck gesetzt, nach Gegenspiel am Königsflügel. Das verbrauchte bei gleichzeitiger Kalkulation der Verteidigungsresourcen viel Bedenkzeit. So verpasste ich zum Beispiel im 21. Zug eine Taktik (linkes Diagramm: 21. Txa2! Dxa2 22. Sxe6! fxe6 23. Lg6+ und die schwarze Dame ist futsch). Im 23. Zug machte mein Gegner dann einen dicken Fehler und stellte einen Turm ein. Aber auch danach stellte er mich vor große Probleme. Erst im 36. Zug beging er den entscheidenden Fehler und ich konnte zweizügig Matt setzen (rechtes Diagramm: 36. … Db6?).

Dettmer – Rudi, Stellungen nach dem 20. Zug (links) und nach dem 36. Zug von Weiß (rechts)

Zwischendurch habe ich mich in meiner Stellung nicht wohl gefühlt, obwohl mir die Engine in der Analyse eine +1 Stellung attestierte. Nun zu Joes Partie. Joe hatte seinen Gegner mit Weiß ganz gut unter Druck gesetzt, aber irgendwo auf dem Weg ins Endspiel einen Bauern eingebüßt. Dieser reichte dann auch zur späteren Niederlage aus. Die Partie von Leo war hingegen ein echtes Highlight. Torsten Bührmann war nach eigenen Angaben auf eine Eröffnungsfalle von Leo hereingefallen. Trotzdem kämpfte er bis zum Schluss obwohl er zwischendurch die Dame für Turm und Bauern geben mußte. Ich bin mir sicher, dass die Partie an einigen Punkten für Leo gewonnen sein mußte. Irgendwie kam am Ende aber nur ein Remis für Leo dabei raus. Norbert mußte sich FM Gazic geschlagen geben und Felipe fuhr in der 1. Runde einen Pflichtsieg ein.

2. und 3. Runde

Am Samstag begann die zweite Runde um 09:00. Durch meinen Sieg am Vortag hatte ich mich an Brett 10 vorgearbeitet. Mein Gegner: Andreas Hoppe (DWZ 1952) vom Hagener SV. Wie beim Zabo-Open hatte ich in der 2. Runde Weiß. Diesmal wollte ich es besser machen und griff in einer Symmetrie-Variante sofort das Zentrum an. Nach 8. Zügen waren die Damen vom Brett und ich fand mich in einer mir sehr gut bekannten Stellung wieder. Auf meinen 10. Zug machte mein Gegner einen Fehler. Statt den einfacheren Gewinnplan zu verfolgen (11. Ta6), konnte ich nicht widerstehen und opferte eine Figur gegen zwei Bauern, darunter einen Freibauern auf c5:

Dettmer – Hoppe, Stellung nach dem 10. Zug. Es folgte 11. Sxb5!? cxb5 12. Lxb5 +-

In der Analyse stellte ich fest, dass das Opfer nicht korrekt war, es zeigte sich aber, dass es praktischer Sicht gut war, am Schachbrett waren die Lösungen schwer zu finden. Das hatte einen beiderseitigen hohen Zeitverbrauch zur Folge. Mit meinem 18. Zug gab ich meinen klaren Vorteil zurück und gestattete meinem Gegner noch mal ums Remis zu kämpfen. Ein wenig entnervt bot ich dann im 26. Zug Remis an, welches mein Gegner nach kurzem Zögern annahm.

Felipe verlor in der 2. Runde gegen Kata Balazs vom Hagener SV. Als ich zwischendurch einmal aufs Brett gucken konnte, hatte Felipe schon entscheidendes Material weniger. Joe spielte gegen Uwe Hansen vom VFR Heisfelde und gewann seine Partie. Norbert hatte eine schwierige Partie zu meistern und konnte im Endspiel seine größere Erfahrung ausspielen und gewann seine Partie gegen Jan Pfluger von den SF Bremer Osten. Leo mußte gegen Niklas Brinkers spielen, geriet aus meiner Sicht relativ schnell in eine nachteilige Stellung und verlor seine Partie. Nach zwei Runden war ich mit 1,5 Punkten recht erfolgreich gestartet. Felipe, Joe und Norbert hatten jeweils 1 Punkt und Leo 0,5 Punkte aus 2.

In der 3. Runde mußte ich an Brett 12 gegen FM Gazic, der überraschend in der 2. Runde verloren hatte, spielen. Zu meiner Partie komme ich später zurück. Joe gewann seine dritte Runde leider kampflos, weil sein Gegner Simon Knudsen ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Leo spielte gegen Immo Frese Remis, von der Partie habe ich leider nichts gesehen. Norbert verlor unglücklich gegen David Austrup in einem Endspiel, welches bei korrektem Spiel von Norbert auch Remis hätte ausgehen können. Felipe hatte in der 3. Runde Tamila Trunz als Gegnerin und konnte relativ schnell gewinnen.

Nun aber zu meiner Partie gegen Josip Gazic. Ich wählte trotz meiner durchwachsenen Resultate die französische Verteidigung gegen e4. Mein Gegner wählte eine mir nicht so bekannte Zugfolge. In der Analyse stellte ich fest, dass meine Stellung nach 7 Zügen bereits ausgeglichen war. Die Engine zeigt mir in der Analyse dann auch schnell eine Zugfolge, die noch vorteilhafter für mich gewesen wäre. Ich entwickelte mich weiter und brachte meinen Springer nach c4. Den tauschte mein Gegner sofort raus und ich bekam einen gedeckten Freibauern auf c4. In der Analyse zeigt die Engine inzwischen Vorteil für mich an. Mein Gegner spielte weiter eher ungewöhnliche Züge. Ich hingegen fühlte mich in meiner Stellung angenehm und war überrascht wie gut ich nach 14 Zügen gegen einen FM auf dem Brett stand (Diagramm).

FM Gazic – Dettmer , Stellung nach dem 14. Zug. Es folgte 15. Th3!? Tg8?

Aber irgendwie habe ich es verpasst kurz zu rochieren und dann f6 zu spielen. Also kam es, wie es kommen musste. Ich schaffte es, nun kontinuierlich meine Stellung zu verschlechtern und fiel am Ende noch einer Taktik, die ich vorher noch gesehen hatte, aber dann nicht mehr verhindern konnte, zum Opfer und gab die Partie einen Zug später auf. Nach der Partie war ich schon ärgerlich, hatte ich doch nicht nur dem Gefühl nach, eine gute Partie gegen einen starken Spieler unnötig verloren.

4. und 5. Runde

Die vierte Runde brachte für uns Helleraner folgende Auslosung: Brett 10 Joe Santos gegen Kevin Silber, Brett 18 Max Weidenhöfer gegen Niels Dettmer, Brett 26 Leo Santos gegen Norbert Schütt und im B-Open an Brett 11 John Fischer gegen Felipe Santos. Felipe konnte seine Partie sicher gewinnen, dafür hatte Joe einen schweren Stand gegen Kevin Silber und mußte seine Partie verloren geben. Leo spielte gegen Norbert eine brillante Angriffspartie oder – aus Norberts Sicht gesehen – wurde dieser fürchterlich zusammengeschoben. Damit dürfte das Black Lion-Experiment wohl vorerst eingestellt sein.

Nun zu meiner Partie gegen Max Weidenhöfer und da muss ich ein bisschen weiter ausholen. Denn der 10 Jahre junge Spieler lief mit einem T-Shirt der Deutschen-Einzelmeisterschaft herum (das machte mich schon etwas misstrauisch) und hatte schon eine Top-DWZ von 1683 erreicht. Es kam der mir ganz gut bekannte Königsindische Angriff (Hallo Locke) gegen meine französische Verteidigung aufs Brett. Ich ging meine Partie etwas zu verhalten an und verpasste es im 12. Zug wie auch im 14. Zug die Königsstellung meines jungen Gegners aufzuhebeln. Das Resultat war dann nach meinem 18. Zug eine verwickelte Stellung mit optischen Vorteilen für Weiß. Ich wollte die Partie nicht noch weiter ruinieren und bot Remis an.


Weidenhöfer – Dettmer, Stellung nach dem 18. Zug

Glücklicherweise nahm Max das Remis an. In der Analyse nach dem Match beeindruckte mich Max mit seinem Schachwissen, seinem Gefühl für Stellungen und wo die Figuren in den jeweiligen Stellungen stehen sollten. Ich bin mir sicher, dass er in der Zukunft noch viele Erfolge im Schach feiern wird. Zwei Turniersiege (Hans-Wild-Turnier in seiner Wertungsgruppe im September und das Turnier der Generationen in Weyhe im November) hat er ja schon in 2017 feiern können.

Joe, Leo und ich hatten nach 4 Runden jeweils 2 Punkte, Norbert leider nur einen. In der B-Gruppe hatte sich Felipe auf den 12. Platz mit 3 Punkten geschoben. In der 5. Runde bekam es Felipe im B-Open an Brett 3 gegen den Top gesetzten Alexander Kratz zu tun und verlor seine Partie. An Brett 16 musste Joe mit Schwarz gegen Paul Laubrock (Hagener SV), Leo an Brett 19 mit Schwarz gegen Stefan Kewe (SV Lingen) und ich an Brett 20 mit Weiß gegen Maik Maul (Hagener SV). Norbert spielte an Brett 26 gegen Ralf Binias (Delmenhorster SK). Joe mußte nach langem Kampf eine völlig unnötige Niederlage hinnehmen. Zumindest aus meiner Sicht hätte er das Endspiel halten oder an ein, zwei Punkten sogar in eine vorteilhafte Stellung abwickeln können. Bei Leos Partie hatte ich quasi einen Logenplatz. Es entwickelte sich ein heißer Fight, in dem Leo eine Figur für zwei Zentrumsbauern geopfert hatte. Als der Rauch sich lüftete, hatte Leo dann im Zentrum drei verbundene Freibauern gegen eine Figur und konnte nach einiger Gegenwehr von Stefan Kewe den vollen Punkt einfahren. Starke Leistung! Norbert kam sehr zäh aus seiner Eröffnung gegen die Holländische Verteidigung (Leningrader System) heraus und verpasste es in eine vorteilhafte Stellung abzuwickeln. Als beide sich mit nur noch wenigen Minuten auf der Uhr mit Remis zufrieden gaben, hätte ich die Stellung lieber mit Schwarz als mit Weiß weitergespielt.

Ich durfte in meiner 5 Partie gegen den 4. jugendlichen Spieler ran. Dank meiner Erfahrung, etwas Glück und meinem zurückgekehrten Mojo konnte ich das Duell gegen die Jugend mit 3 aus 4 für mich entscheiden. Mein junger Gegner zeigte sich gut vorbereitet und nach dem 8. Zug von Schwarz brannte das Brett. Mit seinem 9. Zug verpasste mein Gegner eine deutlich bessere Abwicklung für sich. Mit seinem 12. Zug ging Maik Maul dann volles Risiko, hatte dabei aber wohl meinen Gegenangriff übersehen, und nach 19 Zügen war es vorbei.

Am Ende hatten Leo (25.), Felipe (B-Gruppe 19.) und ich (24.) jeweils 3 aus 5, Joe (39.) 2 aus 5 und Norbert (54.) leider nur 1,5 aus 5 geholt. Das brachte mich zu der am Anfang des Turnierberichtes erwähnten Auftrag den ich noch zu erfüllen hatte. Als neuer Turnierleiter des Bezirkes hatte ich im Oktober die Bezirksmeisterschaft ausgerichtet. Das Andreas-Schaar-Gedenkturnier war eine gute Plattform um den neuen Bezirksmeister Ludger Höllmann zu ehren.

Niels mit Ludger Höllmann – Kleiner Pokal, großer Schachspieler!

In der Gruppe A gewann Taylan Gülsen von SK Niederkassel mit 5 aus 5 vor unserem Bezirksmeister Ludger Höllmann 4,5 aus 5 von der SK Nordhorn-Blanke und dem Überraschungs-Dritten Franz-Helmut Natzmer Medina von Proleter Westfalen mit 4 aus 5. Die Gruppe B gewann Paul Schmidt vor Mike Niklas Scheidt (beide Hagener SV) jeweils 4,5 aus 5. Dritter wurde Alexander Kratz vom Schachclub Sendenhorst mit 4 aus 5.

Bedanken möchte ich mich für die gute Organisation, die gute Turnier- und Schiedsrichterleistung und für die gute und preiswerte Versorgung der Schachspieler mit Essen und Getränken. Wenn es sich zeitlich einrichten lässt, komme ich im nächsten Jahr gerne wieder.

Osnabrück 26.11.2017, Niels Dettmer (Redaktion: Robert Gillenkirch)