Zweite bleibt im Rennen: 4½-3½ in Delmenhorst

Schachfiguren 011_mini_schmal_Hellern 2_Textinsert Hellern 2 Landesliga NordDas Auswärtsspiel bei Delmenhorst 2 war tough. Die Gastgeber hatten sich nicht abgeschrieben und kämpften erbittert. Hätten sie gewonnen, dann wäre Hellern 2 jetzt Letzter. Laut LigaOrakel liegt die Abstiegswahrscheinlichkeit unserer Zweiten nun bei 4,9%. Darauf will sich die Mannschaft aber nicht ausruhen, denn wenn alle Konkurrenten punkten, ist die Statistik nur Schall und Rauch.

Dass das Helleraner Wochenende nicht komplett verhagelt wurde, lag an der Zweiten. Die Erste musste unerwartet gegen den sicheren Absteiger Stade eine Niederlage einstecken. Die Dritte konnte sich auswärts in Varel nicht freischwimmen und verlor.
Zum Glück konnte wenigstens die Zweite im sogenannten Schicksalsspiel  drei Punkte aus Delmenhorst mitnehmen. Leichter gesagt als getan! Denn obwohl wichtige Leistungsträger mit an Bord waren, fehlte leider mit Joachim Rein ein plus 50%-Scorer, während Andre Böhme an die Erste abgegeben wurde – und dort prompt gewann! Glückwunsch!

Leider liegt kein Augenzeugenbericht vor. Deshalb konzentriere ich mich auf die Partien. An den Brettern 1 – 4 hatte Hellern 2 nominell ein Übergewicht und holte dort auch 2,5 P. Nicht unverdient, denn Thorben Weist und Jana Böhm agierten extrem aggressiv. Jana spielte sogar eine Kurzpartie, theoretische Neuerung inklusive.
An den hinteren Bretter spielte der Gastgeber sehr hartnäckig und wenn man ehrlich ist, hätte dort einiges anders laufen können. Am Ende mussten Tammo Lewin und Martin Rothe alles raushauen, um zu gewinnen. Sie schafften es und Hellern hatte das Glück des Tüchtigen.

Alle Partien im Überblick

Brett 1: Ewert – Meyer: Hannes verpasste im 9. Zug eine vorteilhafte Wendung, seinem Gegner entgeht im 19. Zug eine starke Kombination. Die Partie liegt nicht vollständig vor. Friedenschluss im 66. Zug.

Brett 2: Klattenhoff – Thorben Weist: Holger Klattenhoff wählte ein passives, aber mittlerweile hyper-modern gewordenes System, das nach einer bekannten europäischen Hauptstadt benannt wurde.

mm_h2_20160313_dia_Klattenhoff-Weist Thorben vor 29 Lh4
Thorben wechselte dann den Kontinent und behandelte die Stellung im Stile der Mar del Plata-Variante, also argentinisch. Schauen wir mal, wie das geht: Weiß spielte hier 29.Lh4?, was Thorben mit 29…Txd1 30.Dxd1 g3! beantwortete. Gleichzeitig droht noch auf eine andere Weise Figurengewinn. Der Delmenhorster wehrte sich noch bis 66. Zug, musste dann aber aufgeben. Partielink.

 

Brett 3: Böhm – Wahrenberg: Auf der Suche nach der besten Saison-Partie hatte ich am Sonntagabend kein Problem. Ganz klar: Dirk Hummels Sieg gegen Arend Brümmel (Stade). Finessenreich, elegant und taktisch knallhart. Dirk auf FIDE-Meister-Kurs.

 Dann sah ich Janas tolle Partie gegen Ralf Wahrenberg. Der Hammer! Außergewöhnliche Theoriekenntnisse und eine bärenstarke Neuerung im 21. Zug! Das war oberligareif, kann hier aber nicht gezeigt werden. Neuerungen wollen wir nicht verbrennen und so bleibt das Lob akademisch trocken. Sorry! Jetzt ist das Grübeln groß: Wer hat die beste Partie gespielt? Vielleicht helfen uns unsere Leser weiter. Zuschriften im Gästebuch oder so sind erwünscht!

Brett 4: Silber – Paul: Reinhard ist immer für eine Überraschung gut. Im 9. Zug stellte er in einer bekannten Theorievariante die Partie auf den Acker – und Kevin Silber sieht es nicht. Ersparen wir uns weitere Details. Dafür machte der Delmenhorster danach alles gut.

mm_h2_20160313_dia_Silber-Paul vor 15 Sxb5Hier spielte Silber 15. Sd4xb5! In der Partie Sikorsky-Sauermann, Leipzig 1998, hatte Weiß 15.Se6 gespielt, was zu Vorteil führte. Das Opfer ist also eine theoretische Neuerung und auch deutlich besser. Bekannt ist das Ganze aus einigen Najdorf-Varianten, wo Weiß neben dem a- und b-Bauern auch noch den auf d6 einkassiert. Im vorliegenden Fall war dies auch noch mit einem Mattangriff verbunden. Und genau das geschah dann im 29. Zug. Partielink.
Brett 5: Röhrich – Boese: Stefan im Pech. Dabei hatte er eine seiner Sternstunden. Nach einem wohl eher unfreiwiligen Figurenopfer spielte sich Stefan in einen Rausch und vergaß dabei, den Sack zuzumachen. Gewinnstellungen kamen und gingen. Irgendwann hatte Tim Boese dann zwei Figuren für den Turm, aber Stefans Feibauern waren auch nicht von schlechten Eltern. Im 44. Zug stand Stefan auf Gewinn, doch dann passierte etwas…
Aber das soll der Sieger selbst berichten. Tim Boese erzählt auf der Website seines Vereins die ganze Geschichte. Mit vielen Diagrammen, was mir eine Menge Arbeit erspart.

 

Brett 6: Gormann – Lewin: Endspiele sind nicht bei allen beliebt, obwohl man dort die fetten Punkte einsacken kann. Tammo führte dies vor, hatte mit Stephen Gormann aber einen zwar nominell schwächeren, dafür aber sehr hartnäckigen Gegner.
mm_h2_20160313_dia_Gorman-Lewin vor 34 Ke3Objektiv betrachtet ist die Partiestellung trotz der weißen Bauerninseln wohl Remis, aber dann machte der Delmenhorster mit 34. Ke3? einen technischen Fehler, den Tammo mit 34…f5 sofort ausnutzte. Es folgte nach einigen Abtäuschen ein nettes Fesselungsmotiv, das Tammo einen Mehrbauern einbrachte. Auch danach war der Widerstand des Delmenhorsters nicht gebrochen. Erst ein weiterer Fehler brachte Tammo auf die Siegerstraße. Ein ganz wichtiger Punkt! Partielink.
Über das Geschehen am 7. Brett liegen keine Infos vor: „Brösel“ verlor gegen Mattis Trätmar.

 

Brett 8: Amler – Rothe: Mit einem Plus von fast 100 DWZ-Punkten ging Martin Rothe ins Match. Ohne seinen Sieg gegen Nick Amler wäre die Zweite auf der Rückfahrt wohl ziemlich bedröppelt gewesen.

 

mm_h2_20160313_dia_Amler-Rothe vor 32 Sxg6 Im 32. Zug krachte Sxg6 in Martins Stellung. In der Folge kam es zu einer Materialumverteilung: Martin hatte das Läuferpaar für einen Turm. Sollte reichen, aber Weiß hatte Gegenspiel, das zumindest zu einer unklaren Stellung (Vorsicht! Konjunktiv!) hätte führen können. Stattdessen machte der Delmenhorster einen vernünftig aussehenden Zug, doch vernünftig aussehende Züge sind meistens keine. Den anschließenden Orkan überlebte die weiße Stellung nicht lange. Partielink.
Fazit: auch hier ging es hoch her. Am Ende lag neben einer Portion Können eine ebenso große Portion Glück auf dem Teller. Und dafür muss man sich nicht entschuldigen.
Landesliga Nord, Runde 8, 13.03.2016
DSK 2
SV Hellern 2
 3½
Meyer, Th. (1935) Ewert, H. (2042)    0 1
Klattendorf (1965) Weist, Th. (2005)    0 1
Wahrenberg (1795) Böhm (1984)    0 1
Silber (1860) Paul (1967)    1 0
Boese (1943) Röhrich (1907)    1 0
Gorman (1744) Lewin (1972)    0 1
Trätmar (1812) Kuchemüller (1784)    1 0
Amler (1684) Rothe (1770)    0 1