Dritter Oberliga-Sieg für Hellern

zur Saisonübersicht

Die bislang punktlosen Spieler des Hildesheimer SV hatten sich top-professionell vorbereitet: Anreise am Vortag, Trainingslager und intensives Variantenstudium.
Und tatsächlich schien sich dies auch zu lohnen, denn mit einer kompakten Vorstellung brachten uns die Gäste tatsächlich an den Rand einer Niederlage. Pech für den Mitaufsteiger, dass es am Ende nicht ganz reichte. Mit dem dritten Sieg en suite ist Hellern dem Klassenerhalt dagegen einen Schritt näher gekommen.

Glück und Pech dominierten den Wettkampf. An den ersten vier Brettern hätten die Gäste durchaus mehr holen können. Besonders an den Bretter 2 und 4 werden sich die Hildesheimer über die verpassten Chancen ärgern. Doch alles glich sich aus, denn an den Brettern 5-8 verschenkten wir einiges, etwa in gleichem Umfang. Vielleicht sogar etwas mehr.  Die Suche nach der Gerechtigkeit ist im Sport und besonders im Schach ein leidiges Geschäft – gegen die Fakten lässt sich schlecht argumentieren und der knappe Sieg für Hellern war dann auch nicht unverdient. Entscheidend war die Qualität am ersten und am letzten Brett: hier hatte der Gastgeber mehr zu bieten.

SV Hellern Hildesheimer SV          4½-3½
1 Lingnau,Carsten Ermel,Dirk 1 : 0
2 Gronde,Ingo,Dr. Hoffmann,Bernhard ½ : ½
3 Stock,Joerg Frank,Christian ½ : ½
4 Hummel,Dirk Raimann,Max-Guenter 1 : 0
5 Happe,Reinhold Schmoldt,Ruediger ½ : ½
6 Bade,Hans-Juergen Verhoef,Helge 0 : 1
7 Roehrich,Stefan Janhoff,Axel 0 : 1
8 Prenzler,Daniel Freier,Werner,Dr. 1 : 0

SONY DSC
Verbissener Kampf an den Brettern 5-8. Vorne: Schmoldt-Happe (r.)

Brett 1: Dirk Ermel (2144)- IM Carsten Lingnau (2395) = 0-1

Große Aufregung bei den Kiebitzen beim Stande von 3½ – 3½: Der Hildesheimer hatte Carstens König von einem gefährlichen weißen Freibauern abgeschnitten. Drohte etwa die erste Niederlage? Nichts davon kam der Wahrheit nahe: Carsten stand haushoch auf Gewinn und daran änderte sich auch nichts – allerdings ist seine Technik auch bewundernswert.

mm_h1_20141207_dia_01
43…Tb3!!
droht den f-Bauern von hinten zu attackieren. Mal abgesehen davon, dass Schwarz auch anders gewinnen kann: Das ist schon feine Technik. 44.Te6+ (44.f6 Tf3+ 45.Kg2 Txf4–+) 44…Kd7 45.Te5 Da der f-Bauer nicht gefährlich ist, versucht es Weiß ‚horizontal‘. 45…c4 46.Kf2 deckt f3. Jetzt könnte der Bauer doch laufen, oder?
46…Te3 (46…Tb2+ 47.Kf3 d3 48.Td5+ Ke8–+; 46…b4 47.axb4 a3 48.f6 Txb4 49.Ta5 Tb2+ 50.Kg3 a2–+) 47.Txb5 (47.f6 Txe5 48.fxe5 b4!–+ der a-Bauer ist nicht im Quadrat).
47…Ke7 spätestens hier war klar, dass der Hildesheimer den Tag nicht retten würde. Wenig später folgte die Aufgabe. Feine Technik von Carsten. Wieder einmal.
0–1 (52.)

Brett 2: Dr. Ingo Gronde (2223) – Bernhard Hoffmann (2227) = ½-½

Ingo hatte am Ende Glück. Nach starker Eröffnung und einem couragiertem Spiel auf Vorposten fand er mit den weißen Steinen den finalen Durchbruch nicht. Im 30. Zug bot sich dem Hildesheimer eine fette Gewinnchance, im 37. erkannte dagegen Ingo den möglichen Knockout nicht. Und wie endet so etwas? Mit Dauerschach!

SONY DSC
Total fokussiert: Dr. Ingo Gronde – Bernhard Hoffmann (Hildesheim)

Brett 3:– Christian Frank (2032) – Jörg Stock (2208) = ½-½

Theoretisch hatte Jörg wenig Probleme, aber auch der Hildesheimer ließ in einer anspruchsvollen Partie zunächst wenig anbrennen, konnte aber nicht verhindern, dass sich Jörg im 20. Zug eine ordentliche Chance bot, um deutlich in Vorteil zu kommen. Sie blieb ungenutzt und im 25. Zug wurde dann Frieden geschlossen.

Brett 4: Dirk Hummel (2258) – Max Günter Raimann (2098) = 1-0

Mit Schwarz spielte der Hildesheimer wie ein tapferer Samurai. Er pflügte mit dem Schwert durch die weiße Stellung, opferte kühn – und hatte dann nichts. Aber auch hier bot sich den Gästen eine verspätete und eigentlich auch nicht schwer zu findende Chance, die SF Raimann in großer Zeitnot aber verstreichen ließ. Diese Partie hätte unentschieden enden können.

mm_h1_20141207_dia_02
25. … Tc1!? (25…Tc2 war bedeutend unangenehmer und die Engine sieht ein klares Unentschieden) 26.Txc1 Dxc1+ 27.Kg2 Dc7 28.Dd5 Le7 29.Td3 Lf6 30.Dd6 Zeitüberschreitung.  1–0

Brett 5: Rüdiger Schmoldt (2147)- Reinhold Happe (2085) = ½-½

Wieder ein Brett, an dem die Hildesheimer eine Überraschung boten! Diesmal war es ein Gambit, das in der Mitte des 19. Jh. sehr beliebt war. Reinhold war die Sache nicht ganz geheuer und so kam es zu einem frühen Friedensschluss – allerdings in deutlich besserer Stellung für unseren Spieler. So begann sich die Bilanz von Glück und Pech ein wenig auszugleichen.

Brett 6: Hajo Bade (2028) – Helge Verhoef (2066) = 0-1

Endgültig glich sich die Bilanz dann am 6. Brett aus, wo es nur einen Sieger geben konnte: nämlich Hajo, der seinen Gegner nach allen Regeln der Kunst überspielt hatte. Hajo stand nach 17 Zügen haushoch auf Gewinn, ließ auch einige weitere Kracher folgen, verrechnete sich dann aber im entscheidenden Moment und lief zudem in einen bösen Konter. Am Ende war der ganze Punkt futsch. Ärgerlich, aber zum Glück passiert dies Hajo selten.

Brett 7: Axel Janhoff (1863) – Stefan Röhrich (2124) = 1-0

In einer sehr chaotischen Partie war erst Stefan am Drücker, er hatte auch konkrete Gewinnmöglichkeiten, konnte aber den Bock nicht umstoßen. Im Gegenzug vergab der Hildesheimer mehrfach einzügig den Gewinn. So ging es hin und her. Als Stefan dann einer dreifachen Stellungswiederholung auswich, servierte der Hildesheim prompt den Gewinnzug.

Brett 8: Daniel Prenzler (2203) – Dr. Werner Freier (1896) = 1-0

Daniel musste für den erkrankten Stephan Niendieker einspringen. Für den Hildesheimer, der mit der Russischen Verteidigung seine Remisabsichten energisch ankündigte, gab es nichts zu holen. Quasi mit der ersten taktischen Möglichkeit holte Daniel souverän den vollen Punkt.
mm_h1_20141207_dia_03
Zuletzt hatte der Hildesheimer 26…Td8-d6? Gespielt. Das lässt sich Daniel als gewiefeter Taktiker nicht zweimal anbieten. 27.Sf5 Te6 28.fxg7 Txe1+ [28…Lxg7 29.Se7++–] 29.Lxe1 Lxg7 [29…De6 30.gxf8D++–] 30.Se7+ 1–0. Das war ein sehr wichtiger Punkt!

prenzler_daniel_2014
Der lachende Sieger: Daniel Prenzler

Nach dem 4. Spieltag liegt Hellern 1 in der Oberliga Nord West auf dem zweiten Platz – ein unverhofftes Zwischenhoch. Nach dem dritten Sieg und insgesamt 7 Punkten sind die Chancen auf einen verfrühten Klassenerhalt gestiegen. Im neuen Jahr geht es zum Spitzenreiter Hannover 96.

Dr. Ortwin Thal